Gaelen Foley - Amantea - 03
noch sehr jung, nicht wahr? Wie alt sind Sie, Daniela?“
„Einundzwanzig.“
„Sie sehen eher wie sechzehn aus. Höchstens achtzehn.“
Mit klopfendem Herzen schaute sie auf die zurückgeschla- genen Bettlaken, den Wein und dann zu Rafael. Konnte es wahr sein? Wusste er von nichts? Sie hatte ihn auf dem Rund- gang gesehen, wie er die Menge beobachtet hatte. Was hatte er dort oben getan – sein Opfer ausgesucht?
Beinahe hätte sie ungläubig losgelacht. All diese schönen Damen dort unten – und er hatte sie gewählt? Er musste be- trunken sein. Aber er war dennoch verführerisch genug, sie in Versuchung zu führen.
Als hätte er ihre Gedanken erraten, lächelte er sie wissend an, ehe er einen tiefen Schluck aus seinem Glas nahm.
Sie beobachtete, wie sich sein Adamsapfel hob und senkte, als er trank. Sein Hals war bronzefarben, ebenso wie der Teil der Brust, den man unter seinem weißen Hemd erkennen konnte.
Rafael ließ das Glas sinken und fuhr sich mit der Zunge langsam über die Lippen. Sie lehnte sich in einem Schwä- cheanfall an den Türrahmen. Ein seltsames Ziehen in ihrem Bauch verwirrte sie noch mehr. Ihr war so heiß, dass sie kaum zu denken vermochte. Das Einzige, was sie wusste, war die Tatsache, dass sie nicht verhaftet war.
Noch nicht.
Er winkte Daniela mit dem Zeigefinger zu sich und rief sie mit samtweicher Stimme. „Ich warte, mein Kätzchen. Komm her und lass dich streicheln.“
Seine Einladung löste den Zauber sofort. „Mein Gott, ich verschwinde von hier“, murmelte sie, drehte sich um und ging mit zitternden Knien in das angrenzende Zimmer.
„Nur, wenn Sie durch verschlossene Türen gehen können“, rief Rafael ihr lachend hinterher. „Schreien Sie nur, so laut Sie können. Niemand wird Ihnen helfen.“
Daniela trommelte mit den Fäusten an die Tür. „Lasst mich heraus! Hilfe! Ich will hier heraus!“ schrie sie und riss an der Klinke. Plötzlich erinnerte sie sich an ihre Haarnadel,
mit deren Hilfe sie Gianni befreit hatte. Sie zog sie heraus, doch ihre Hände zitterten so heftig, dass sie das Schloss nicht aufbrachte.
Aus dem Nebenzimmer hörte sie Rafael lachen. „Was ist los, Daniela?“ fragte er. „War es der Bauernbursche, den Sie woll- ten? Warum ihn nehmen, wenn Sie mich als Ihren Beschützer haben können? Haben Sie denn kein Standesbewusstsein? Ich bin tief getroffen.“
Sie hielt inne und warf einen Blick über ihre Schulter. Nun beleidigte er auch noch Mateo. Das reichte.
Sie ließ die Haarnadel im Schloss stecken und schritt ins Schlafzimmer zurück, um ihm die Meinung zu sagen. „Welch eine hohe Ansicht Sie von sich haben, Hoheit. Zufällig ist Mateo ein Freund von mir, denn ich will und brauche keinen Beschützer. Eine widerwärtige Vorstellung! Ich bin durchaus fähig, mich selbst zu beschützen. Glauben Sie bloß nicht“, schrie sie – und jetzt bebte sie wirklich vor Zorn – , „dass Sie so begehrenswert sind! Sie können nicht einfach Frauen verführen, wenn es Ihnen gerade behagt.“
„Natürlich kann ich das“, erwiderte er träge und schwenkte den Wein in seinem Glas.
„Aber warum haben Sie gerade mich ausgewählt?“
Er lächelte und nickte zufrieden. „Es ist eine große Ehre, nicht wahr?“
„Eine, die Sie lieber jemand anders zuteil werden lassen sollten.“
Rafael begann, seine Weste aufzuknöpfen, während er den Kopf schüttelte. „Meine Kleine, wie viele Jungfrauen mögen wohl dort unten sein?“
„Kleine?“
„Das ist nur ein Kosewort.“
„Ich habe einen Namen.“
„Davon bin ich überzeugt. Kommen Sie, und trinken Sie Ihren Wein. Ich wäre froh, wenn Sie etwas betrunken wären, denn es ist schon eine Weile her, seit ich eine Jungfrau er- obert habe“, meinte er. „Was für ein Genuss! Ich hatte schon Sorge, ich müsste eine kaufen.“
„Eine kaufen? Sie sind abscheulich.“
Rafael runzelte die Stirn, doch in seinen Augen zeigte sich ein belustigtes Funkeln, so dass sich Daniela fragte, ob er sich nicht doch einen Scherz mit ihr erlaubte.
„Sie werden es mir doch nicht schwerer als nötig machen? Es würde mir gar nicht gefallen, wenn ich Sie festbinden
müsste.“ Er öffnete die Schublade im Nachttischchen. „Für alle Fälle habe ich hier jedenfalls ein paar Samtschnüre.“
Wachsam kniff Daniela die Augen zusammen, als sie be- obachtete, wie er in der Schublade kramte und dabei einen Schlüssel auf das Tischchen legte. Aha, er war also doch nicht so schlau, wenn er ihn so offen herumliegen
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