Gaelen Foley - Knight 01
Kreuz. Sie schob die Kinder in die Kutsche und befahl William voll eisigem Zorn, sie zum Knight House zu fahren. Mit verschränkten Armen starrte sie aus dem Fenster, während die beiden Jungen, die ihr stummer Zorn ver- ängstigte, sie besorgt betrachteten.
„Haben ... haben die uns nicht nehmen wollen, Miss Bel? “ fragte Tommy vorsichtig.
„Das nicht, Tommy. Sie haben einfach keinen Platz für euch“, rang sie sich in ruhigerem Ton ab. „Keine Sorge. Alles wird gut.“
Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt mit euch anstellen soll. Bestimmt würde Robert einen Anfall bekommen, wenn sie die beiden mitbrachte, aber was sollte sie sonst tun? Während sie noch darüber nachsann, erkannte sie, dass Robert von ihrer Anwesenheit ja gar nicht zu erfahren brauchte. Jeder Junge würde eine Aufgabe bekommen, mit der er sich Kost und Lo- gis verdiente. Andrew konnte sich um die Hunde kümmern, und Tommy würde als Küchenjunge dienen. Einen anderen Ausweg sah sie nicht.
Als sie am Knight House ankamen, bat sie William um Hilfe. Der ehemalige Kaminkehrerjunge, der in seiner Kindheit eige- ne Erfahrungen mit der Armut gesammelt hatte, war nur zu gern bereit zu helfen, und die fröhliche Köchin nahm sie gleich unter ihre Fittiche. Die dicke, großmütterliche Frau schien glücklich, sich um ein paar Kinder kümmern zu dürfen, die sie verwöhnen konnte.
Bel schaute von einem schmutzigen, bleichen Kindergesicht zum anderen und erklärte ihnen die neue Lage. Sie schärfte ih- nen ein, dass sie, falls einer von ihnen auch nur ein Stückchen Zucker stehlen sollte, ihm höchstpersönlich das Fell gerben würde. Besser eine Tracht Prügel als die Schlinge des Henkers.
Sie hatten eine Menge schlechte Gewohnheiten abzulegen. In den Dienstbotenquartieren war Platz genug. Rasch wur- den am Kamin zwei Feldbetten für sie gerichtet. Den munte- ren Knaben gelang es im Handumdrehen, die gesamte Diener- schaft für sich einzunehmen. Eine Zofe trippelte strahlend da- von, um saubere Kleidung für die Kinder aufzutreiben. In ei- nem Haus, in dem fünf Söhne aufgewachsen waren, gab es ganze Koffer voll ausrangierten Knabenkleidern auf dem Dachboden, manche davon durchaus noch brauchbar.
Der Herzog konferiere gerade mit jemandem in seinem Büro, verkündete Walsh. Missbilligend überwachte der Butler die Geschehnisse, enthielt sich aber jeglichen Kommentars darü- ber, was Seine Gnaden wohl dazu sagen würde, dass seine Ge- hebte ein paar Gassenjungen mitgebracht hatte. Die Köchin wärmte dem zerlumpten Paar derweil Eintopf vom Tag zuvor auf. Als sich die verwirrten, aber glücklichen Jungen schließ- lich über ihr Essen hermachten, bedankte Bel sich herzlich bei der Köchin. Die patente Frau erwiderte das Lächeln augen- zwinkernd.
Nachdem sie sich, was die Kinder anging, sehr viel besser fühlte, zog Bel sich in ihre Zimmerflucht zurück. Sie wusste, dass sie keinen Gedanken darauf verschwenden sollte, aber die Unverschämtheit des Schulleiters regte sie immer noch auf. Da sie sich nach dem langen Tag in der Stadt müde und ein wenig schmutzig fühlte, läutete sie nach der Zofe und bat sie, ihr ein Bad zu bereiten.
Ein Bad und etwas Ruhe waren genau das, was sie jetzt brauchte, um sich auf die Abendgesellschaft vorzubereiten. Sie ging in ihr Ankleidezimmer und versuchte sich aus der wach- senden Anzahl von Roben das passende Kleid für diesen Abend auszusuchen.
Eine halbe Stunde später fühlte sie sich wie im siebten Him- mel: Sie lag in einem heißen Bad, das mit Rosenmilch parfü- miert war. Dichte Dampfschwaden stiegen von dem Wasser auf, bis ihr aufgestecktes Haar ganz feucht war und sich um ihr Gesicht ringelte. Sie hatte sich Gesicht und Dekollete mit kla- rem Mekkabalsam gesalbt und spürte förmlich, wie ihr Teint sich erholte. Sie nahm einen Schluck Wein, seufzte und vergaß ihre Sorgen. Sie wusste nicht, wie lange sie schon in der Wan- ne gelegen hatte, als sie ein energisches Klopfen an der Tür aus ihrem Zustand tiefster Entspannung riss.
„Belinda, ich bin es, Hawkscliffe.“
Erschrocken öffnete sie die Augen und setzte sich in der Wanne auf, als er auch schon ungefragt hereingestürmt kam. „Wegen der Dinnerparty ...“
Er hielt inne. Sie starrte ihn an und wagte kaum zu atmen. Ein verschmitztes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Na, so was.“ Er drückte die Tür hinter sich zu und ver- schloss sie, wobei er ihr ein charmantes Lächeln zuwarf. „Hawkscliffe, alter Junge, du hast wirklich
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