Gaelen Foley - Knight 03
zugänglicher als das herrliche Dekollete, das sich aus dem zarten Ausschnitt erhob. Elend wandte er den Blick ab. Er wusste, dass er das alles nur sich selbst zu verdanken hatte, aber er hätte nicht gedacht, wie kalt die Welt sein könnte, nur weil eine warmherzige und sonnige Person wie Miranda FitzHubert einen auf ein- mal mit kühler Reserviertheit behandelte.
Nach der Vorstellung erhob er sich und suchte die Offi- ziere auf, die er postiert hatte. Jeder berichtete, dass ihm nichts Ungewöhnliches aufgefallen sei. Befriedigt nahm er von einem der Diener, die mit Tabletts voller Gläsern he- rumgingen, ein Glas Wein entgegen. In diesem Moment kam Griff lächelnd zu ihm herübergeschlendert. Damien war nicht auf den akuten Anfall von Eifersucht gefasst, der ihn überkam, als sein alter Freund sich zu ihm gesellte und mit ihm anstieß.
„Prost.“
Damien rang sich ein gezwungenes Lächeln ab und be- mühte sich, das ungewohnte Gefühl abzuschütteln. Dann wappnete er sich und schaute Griff fragend an. „Und?“
„Was und?“
Damien zog eine Augenbraue hoch.
„Ah. Möglich“, murmelte er mit einem halben Lächeln.
„Durchaus möglich. Sie ist entzückend.“
„Was hält dich dann noch davon ab?“ erkundigte er sich mit der Direktheit des Soldaten.
„Bist du so erpicht, sie loszuwerden?“
Er biss die Zähne zusammen und hob dann das Kinn. „Ich will, dass sie gut versorgt ist. Das ist alles.“
„Verstehe. Nun, es ist noch zu früh – für mich zumindest. Und für sie vermutlich auch.“
„Warte nicht zu lang. Schau hin“, knurrte Damien und nickte zu Miranda und Crispin hinüber, die Seite an Seite an der Wand standen und ein Gemälde von Turner bewun- derten. „Die beiden stecken schon wieder die Köpfe zu- sammen.“
Griff lachte.
„Jason hat immer gesagt, dass der Junge ein Idiot ist“, schimpfte Damien. „Was er ihr da wohl so eindringlich er- zählt, was meinst du?“
Der Marquis zuckte nur lässig mit den Schultern und ließ den Wein im Glas kreisen. „Wer weiß?“
„Willst du nichts unternehmen? Vielleicht hat der Knabe es ja auf sie abgesehen!“
„Von mir aus. Sie kommt schon selbst zurecht. Besser als die meisten anderen jungen Damen hier im Raum, würde ich behaupten. Sie ist ein Original“, verkündete Griff. „Ich finde sie einfach erfrischend.“
„Also, wenn du sie so furchtbar erfrischend findest, dann solltest du vielleicht doch lieber hinübergehen und die bei- den unterbrechen.“
Griff musterte ihn.
„Was?“ fragte Damien, vom durchdringenden Blick sei- nes Freundes ein wenig aus der Fassung gebracht.
„Schon möglich, dass Crispin Sherbrooke in sie verliebt ist, aber er ist es nicht, um den ich mir Sorgen mache.“ Griff schlenderte davon, um sich unter die anderen Gäste zu mischen.
„Soll das heißen, dass Sie es noch nicht wissen?“ fragte Crispin, und seine blauen Augen funkelten boshaft. „Him- mel, Kind, die Geschichte ist zu köstlich!“
„Erzählen Sie“, kicherte Miranda.
„Vielleicht sollte ich Sie auf die Folter spannen, bis Sie
morgen Abend zu uns zum Essen kommen.“
„Das wäre aber ein ganz gemeiner Schurkenstreich. Nun erzählen Sie schon!“
„Sie werden schockiert sein“, warnte er sie verspielt.
„Nein, ich doch nicht.“
„Ihr Vormund wird mir den Kopf abreißen, wenn er he- rausfindet, dass ich es Ihnen erzählt habe.“
„Ich verrate kein Wort. Crispin, nun hören Sie auf, mich zu quälen. Erzählen Sie es mir.“
„Also gut, aber nur, weil Sie so hübsch sind. Nicht der äl- teste Bruder, Hawkscliffe, und auch nicht dieses hübsche Ding Jacinda – die beiden sind reinblütig. Aber die ande- ren, dieser Teufelskerl, Lord Jack, die Zwillinge und auch mein guter Freund Alec – sie alle sind Kuckuckseier, das Ergebnis der Eskapaden ihrer Mutter. Und jeder weiß Be- scheid.“
„Nein“, flüsterte sie und klopfte ihm mit dem Fächer auf die Hand.
„Ich schwöre bei meinem Glück, dass es die Wahrheit ist.“ Seine Augen blitzten fröhlich, als er einen Schluck Wein nahm. „Ihre Mutter hatte so viele Liebhaber, dass man sie nur die Hawkscliffe-Hure nannte.“
Miranda keuchte auf, hin und her gerissen zwischen Fas- zination und Schuldgefühl, dass sie sich Klatschgeschich- ten über Leute anhörte, die sich ihr gegenüber so freund- lich gezeigt hatten.
„Und wer ist der richtige Vater der Zwillinge?“ wisperte sie.
„Ma petite, so unschuldig! Wissen Sie denn überhaupt nichts, Sie kleines
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