Gaelen Foley - Knight 03
von unehelicher Herkunft – wäre für einen Mann in seiner Stellung einfach Wahnsinn.“
Crispin seufzte entnervt, als die Kutsche hielt. Die bei- den Männer stiegen aus und erklommen die Vordertreppe zur Eingangshalle. Müde wandte Crispin sich an seinen Vater.
„Und was machen wir jetzt?“
„Ganz einfach“, antwortete er und reichte dem Butler Stock und Handschuhe. Er bedeutete seinem Sohn mit ei- nem Blick, still zu sein, solange der Dienstbote in Hörwei- te war, und senkte dann die Stimme. „Du musst warten, bis er sie wieder in Gesellschaft mitnimmt, und dann musst du das Mädchen in eine kompromittierende Situation brin- gen. Dann muss Winterley der Heirat zustimmen, wenn Miranda nicht in Ungnade fallen soll.“
„Du meinst, ich soll sie kompromittieren – absichtlich?“ fragte Crispin naserümpfend.
„Genau das habe ich doch eben gesagt.“
Crispin starrte ihn an. „Das kann ich nicht machen, Va- ter.“
Algernon hob das Kinn. „Wie bitte?“
„Miranda ist meine Freundin. Sie ist eine süße, vertrau- ensvolle junge Dame. Es wäre unehrenhaft ...“
Bevor er den Satz noch vollenden konnte, hatte Algernon schon ausgeholt und seinen Sohn hart ins Gesicht geschla- gen. Crispin flog quer durch die Eingangshalle und lande- te auf der anderen Seite auf dem Hosenboden. Er hob die
Fingerspitzen, um sich das dünne Rinnsal Blut abzutup- fen, das ihm aus dem Mundwinkel tröpfelte. Mit angster- füllter Fassungslosigkeit betrachtete er seinen Erzeuger. Algernon ging auf ihn zu und beugte sich zu ihm hinun- ter. „Du undankbarer, frecher Balg! Was fällt dir ein, dich mir zu widersetzen? Deinetwegen befinde ich mich doch erst in dieser schlimmen Lage! Allmählich habe ich wirk- lich genug von dir. Winterley hatte Recht, weißt du. Du bist nichts als ein Parasit. Und jetzt wirst du tun, was ich dir sage. Schau, dass du sie allein antriffst, zerreiß ihr die Kleider, bring sie zum Schreien, wenn du willst ...“
„Vater, ich kann nicht glauben, dass du so etwas Schänd- liches von mir verlangst!“
„Wenn du noch länger widersprichst, Crispin, werde ich dich enterben, so wahr mir Gott helfe!“
„Aber Winterley bringt mich um, wenn ich das tue!“
„Und ich bringe dich um, wenn du es nicht tust.“ Er quittierte den entsetzten Blick seines Sohns mit einem bit- teren Lächeln. „Du glaubst, mit deinen Stutzerallüren bist du mir weit überlegen. Oh, du bist genau wie dein Onkel Richard, aber lass dir mal etwas gesagt sein, mein Hüb- scher: Ich bin ihn losgeworden, ebenso deinen Onkel Jason, und wenn du mir dumm kommst, ergeht es dir ganz genau- so.“ Er richtete sich auf und versetzte seinem Sohn noch einen Tritt in den Magen.
Während Crispin vor Schmerz aufstöhnte, stieg sein Va- ter über ihn hinweg, begab sich in sein Arbeitszimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
13. KAPITEL
Eine Woche später fanden sich Damien und Miranda zum Dreikönigsball der Baronin wieder in Holland House ein. Es war der großartige Schlusspunkt der Wintersaison. Da- nach würde der Weihnachtsschmuck abgenommen wer- den, das Parlament begann wieder zu tagen, und das Le- ben würde wieder seinen normalen Gang gehen. Vor ihnen lagen lange, graue, öde Wochen, bis im Frühjahr der gesell- schaftliche Trubel von neuem einsetzte.
Miranda blickte zu Damien, der auf der anderen Seite des Ballsaals stand und mit ein paar Bekannten plauderte, das Weinglas in der einen Hand, die andere lässig in die Hosentasche gesteckt. Er trug an diesem Abend Zivilklei- dung, ein kleines, aber wichtiges äußeres Anzeichen, dass er versuchte, mit seinem alten Armeeleben abzuschließen. In seinem formellen schwarzen Frack und der weißen Bro- katweste sah er Lucien so ähnlich, dass nur eine Hand voll Leute die beiden auseinander halten konnten, was den Zwillingen ein diebisches Vergnügen zu bereiten schien. Mit einem liebeskranken Seufzer schaute sie weg, damit niemand bemerkte, wie sie den schönen Mann anhimmel- te.
Eine Frage beschäftigte sie nun schon seit sieben Tagen: Was wird Damien unternehmen? Er war ein starker, schweigsamer Mann – bei Gott, sie wünschte wirklich, dass er sagen würde, was er dachte und fühlte, denn ihr Schicksal ruhte in seinen Händen. Die Sache lag nun in seiner Verantwortung. Sie hatte getan, was sie konnte, um ihm zu beweisen, dass sie zu zweit besser dran waren als allein. Arm und von unehelicher Geburt, wie sie war, wuss- te sie, dass sie für einen Mann in seiner Stellung nicht die
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