Gaelen Foley - Knight 03
passende Frau war, deswegen hatte sie ihm auch den voll-
ständigen Vollzug des Liebesakts nicht gestattet – damit er einen Ausweg hatte, wenn er wollte. Sie würde ihren ehr- besessenen Vormund nicht zwingen, sie zu heiraten, wenn er das nicht wollte, aber sie war sich auch sicher, dass ihn keine andere Frau je so lieben würde wie sie. Das war doch sicher auch etwas wert! Sein Schweigen und sein Zögern stimmten sie ängstlich, denn wenn er plante, sie zu heira- ten, hätte er doch längst etwas gesagt, oder nicht? Trotz- dem war sie entschlossen, sich in Geduld zu üben, bis er bereit war, sich zu entscheiden, und wenn er sie aus seinem Leben ausschloss, würde sie auch das irgendwie verkraf- ten.
Sie tat die nagende Ungewissheit mit einem Achselzu- cken ab und wandte sich dem festlichen Treiben ringsum zu. Heute Abend wollte sie lachen und tanzen, mit ihren neuen Freunden plaudern, bei den albernen traditionellen Dreikönigsspielen mitmachen und darüber all ihre Sorgen vergessen.
Als sie sich unter die Gästeschar mischte und ihre Freun- de begrüßte, entdeckte sie auch ihren Vetter Crispin, der sehr düster dreinsah. Sie wusste, dass er und sein Vater Knight House einen Besuch abgestattet und um ihre Hand angehalten hatten, doch Damien hatte ihr erzählt, dass er dies auf Grund ihrer früheren Haltung ihr gegenüber ent- schieden abgelehnt hatte. Da sie wusste, wie barsch ihr Vormund werden konnte, wenn seine Beschützerinstinkte geweckt worden waren, wollte sie sich vergewissern, dass Crispin weder zornig noch verletzt war, dass sie immer noch Freunde waren.
Natürlich ist es absurd, dass er um meine Hand angehal- ten hat, überlegte sie, während sie durch den Ballsaal auf ihn zuging. Bestimmt war es eine momentane Laune gewe- sen oder vielleicht, weil er befürchtete, sie könne auf Grund ihrer illegitimen Geburt sonst niemanden abkrie- gen. Er war ein zwar alberner, aber nicht unfreundlicher junger Mann, der sie wirklich mochte. Sie nahm zwei Weingläser vom Serviertablett eines Dieners, ging damit zu ihm hinüber und hielt ihm eines davon hin, sozusagen als Friedensangebot.
Mit mürrischem Blick nahm er das Glas entgegen und stieß mit ihr an. „Was machen Sie denn hier, in aller Öf-
fentlichkeit?“ erkundigte er sich.
„Wie meinen Sie das?“
„Winterley schließt Sie fort, als wären Sie sein geheimer Schatz. Warum will er Sie nicht mit dem Rest der Welt tei- len?“ jammerte er. „Was treiben Sie beide nur die ganze Zeit, Tag für Tag ins Haus eingeschlossen?“
„Das möchten Sie wohl gern wissen“, zog sie ihn mit ei- nem spöttischen Grinsen auf.
„Wie, sind Sie etwa verliebt in ihn?“ rief er entrüstet.
„In meinen Vormund? Himmel, nein. Crispin, bitte sagen Sie, dass Sie nicht schmollen.“
„Ich schmolle aber“, erwiderte er. „Und Sie wissen ganz genau, warum. Könnten wir vielleicht unter vier Augen darüber sprechen? Es ist auch so schon peinlich genug für mich, dass mich meine hübsche Kusine zurückgewiesen hat, auch ohne dass es jemand hört.“
Sie schlug ihm mit dem geschlossenen Fächer auf den Arm. „Seien Sie doch nicht dumm. Ich habe Sie doch nicht zurückgewiesen. Das war mein Vormund. Ich fand es sehr süß von Ihnen.“
„Er aber nicht.“
„Ich weiß“, entgegnete sie und hängte sich bei ihm ein. Zusammen schlenderten sie denselben Flur hinunter, durch den sie beim letzten Ball mit Damien gegangen war. „Aber überlegen Sie doch mal, mein Lieber, wir hätten doch nie zusammengepasst.“ Sie versuchte ihm ein Lä- cheln zu entlocken. „Ich hätte Sie nur dauernd herumkom- mandiert, bis Sie sich in die Arme irgendeiner Geliebten geflüchtet hätten, und dann hätten wir nur fürchterlich ge- stritten. So aber können wir immer Freunde bleiben.“
„Aha, Freunde. Daraus schließe ich, dass er Recht hatte. Selbst wenn er mir erlaubt hätte, Sie um Ihre Hand zu bit- ten, Sie hätten mich zurückgewiesen.“
„Nicht unbedingt“, antwortete sie, um den Schlag zu mildern. Himmel, er schien ja ernsthaft verstört. Aller- dings war er auch verzogen und verzärtelt und bekam sonst immer seinen Willen. „Es kommt immer darauf an.“
„Worauf?“ fragte er, indem er eine Seitentür aufmachte und in einen düsteren Salon vorausging.
Miranda blieb in der Tür stehen. „Darauf, wie nett Sie mich gefragt hätten, natürlich. Hätten Sie mir Kompli-
mente über meine Augen gemacht? Poetische Bemerkun- gen über meine Wangen?“
„Wie hätte ich
Weitere Kostenlose Bücher