Gaelen Foley - Knight 03
Mutter war schließlich durch und durch verdorben, und der Apfel fällt ja bekanntlich nicht weit vom Stamm. Was hätte man von Fanny Blairs Tochter an- deres erwarten sollen, als dass sie sich als ebenso unkeu- sche Hure erweist wie ihre Mama?“
Damien stieß ein lautes Gebrüll aus und trieb seine An- greifer mit einer Finte einen Schritt zurück. Dann musste er selbst einen Schritt zurückweichen, während die Klin- gen gefährlich aneinander schabten. Der Schweiß strömte ihm über das Gesicht.
Der Viscount lachte spöttisch und schlenderte lässig durch den Salon. Er bedeutete dem dunkelhäutigen Bandi- ten an seiner Seite, er solle den Kamin am anderen Ende des Raumes untersuchen. Dann trat er zu dem einzigen Möbelstück, das die Vorbesitzer zurückgelassen hatten, ei- nem großen Schrank, machte die Tür auf und blickte hi- nein. Damien wusste, dass sie nach Miranda suchten, und obwohl er keine Ahnung hatte, was sie von ihr wollen könnten, kochte sein Blut deswegen vor Zorn, was seine Entschlossenheit, sie zu beschützen, nur noch verstärkte. Er hieb und stach auf die Männer ein, die ihn zu töten versuchten, bis er es in eine der Raumecken geschafft hat- te, wo er sich besser verteidigen konnte, da er seinen Rü- cken nicht mehr zu decken brauchte, während er gegen die Verbrecher vor ihm kämpfte.
„Sie ist nicht da“, grunzte der Schlägertyp und kehrte an Algernons Seite zurück, nachdem er im Kamin nachge- schaut hatte.
„Oh, irgendwo ist sie schon, die kleine Schlampe. Wir müssen nur noch ein wenig suchen.“
„Sie sind schon so gut wie tot, Hubert!“ brüllte Damien, als Algernon sich in Richtung Tür begab.
„Nein, Winterley, ich nicht. Sie“, erwiderte der Viscount mit selbstgefälligem Lächeln.
Damien schrie auf, als einer der Verbrecher ihn am Bein erwischte, dann fletschte er die Zähne und spießte den Mann mit dem Degen auf.
Es war ein außerordentlich rüdes Erwachen gewesen, und nun bebten über ihr die Dielen, während sie sich in ihrem
engen, modrigen Versteck zusammenkauerte. Es klang, als wäre mindestens ein Dutzend Männer über ihren Verlob- ten hergefallen. Sie hatte die Stimme ihres Onkels Alger- non erkannt und gehört, wie er das Andenken ihrer Mutter beleidigt hatte. Zuerst Crispin, der sich auf dem Ball so ir- rational verhalten hatte, und nun tauchte ihr Onkel mit ei- ner ganzen Räuberbande auf. Warum nur, fragte sie sich mit ängstlich pochendem Herzen. Was zum Teufel ging hier vor?
Plötzlich stieß Damien irgendwo über ihr einen wilden, barbarischen Schrei aus – seine Stimme kannte sie. Alles Blut wich ihr aus dem Gesicht. War er verwundet worden? Sie wusste nicht, was der Schrei zu bedeuten hatte. Ver- geblich bemühte sie sich, durch die Ritzen in den Dielen nach oben zu spähen, aber er hatte eine Decke über ihr Versteck gebreitet. Anhand der vielen stampfenden Schrit- te konnte sie nur vermuten, dass er hoffnungslos unterle- gen war. Wenn er eben verwundet worden war, befand er sich noch schlimmer im Nachteil.
Unschlüssig und mit feuchten Handflächen hantierte sie mit der Pistole herum. Er hatte gesagt, dass sie hier bleiben solle, aber bestimmt hatte er nicht mit einem so heftigen Angriff gerechnet. Sie musste ihm helfen. Zwar hatte sie Angst, aber sie atmete tief durch. Als Kind hatte sie hilflos mit angesehen, wie ihre Eltern ertrunken waren. Sie wür- de nicht zulassen, dass ihr zukünftiger Ehemann im selben Raum wie sie ermordet wurde, ohne dass sie etwas zu sei- ner Rettung unternahm. Wenn er getötet wurde, war ihr egal, was aus ihr wurde, doch gab es keinen Grund, warum dies passieren sollte. Damien besaß den Kampfgeist eines Lancelot, und sie, nun, sie hatte die Pistole.
Sie war sich ziemlich sicher, dass sie abdrücken könnte, wenn es darum ging, ihrem zukünftigen Ehemann das Le- ben zu retten. Durch schiere Willenskraft unterdrückte sie das Zittern ihrer Hände, legte die Waffe weg und presste mit beiden Händen gegen die Dielen. Sie bewegte sich lei- se, um den Feind nicht auf sich aufmerksam zu machen; sie wusste, dass sie das Überraschungsmoment ausnutzen musste.
Als sie aus ihrem Versteck schlüpfte und noch einmal hi- neingriff, um die Pistole herauszuholen, bemerkte sie einer
der abgebrühten Schläger. Der Mann überließ Damien sei- nen Spießgesellen und bewegte sich mit lüsternem Blick auf sie zu. Miranda richtete sich auf und hob die Pistole. Sie zielte auf die Brust des Mannes und schaute ihm dann direkt in
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