Gaelen Foley - Knight 04
jetzt auch die Collies die Vögel als neues Jagdwild scheuchten. Der Besitzer der Collies stand mit einer Angelrute in der Hand wütend am Ufer. Sein Gesicht war wettergegerbt, und er trug Stiefel und eine Tweedhose. Ärgerlich beschimpfte er die Hunde, die den Teich in Unruhe gebracht und damit
sicherlich alle Fische verscheucht hatten.
Der Spaniel entwischte dem Jungen erneut, der ihn ein- fangen wollte, und lief auf den alten Fischer zu, um dessen Bekanntschaft zu machen, wobei er ihn von den Brillenglä- sern bis zur Hose bespritzte, als er sich kräftig schüttelte. „Sitz, habe ich gesagt, du lächerliches Vieh!“ brüllte der Mann.
Auf der Stelle ließ sich der Welpe wie der gehorsamste Hund der Welt vor ihm nieder.
Jacinda erkannte mit Schrecken, dass der imposante Herr, den sie so rüde gestört hatten, kein anderer als der Earl per- sönlich war. Das machte der Befehlston seiner Stimme un- missverständlich klar, und falls es noch irgendeinen Zweifel daran gegeben hätte, wäre er durch den blassen, schwarz gekleideten Arzt verscheucht worden, der sich jetzt langsam näherte.
„Bitte, Mylord, beruhigt Euch. Die Aufregung ist nicht gut für Euer Herz.“
„Ach, verschwinde, du verdammte alte Krähe“, murmelte der Earl, rieb sich dabei aber unbewusst über die Brust.
Der Spaniel winselte und hielt dem Earl die Pfote hin.
„Nehmt das idiotische Tier weg, ehe ich es erschieße. Sir, Sie befinden sich auf meinem Eigentum!“ brüllte der Earl jetzt McCullough an, der sich beeilte, den Hund anzuleinen. „Was haben Sie hier zu suchen? Wildern, was? Wollen wohl ein bisschen von meinem Wild haben? Sie haben sicher nicht damit gerechnet, dass ich zu Hause bin, wette ich.“
„Verzeihung, Mylord. Myladys Jagdgesellschaft kam über das Moor, als der Hund plötzlich weglief. Wir bitten Sie sehr, das Missgeschick zu ent...“
„Ladyschaft was? Hawkscliffes Herzogin?“ fragte der Earl schneidend. „Die ist viel zu verwöhnt für die Jagd, ver- dammte Emporkömmlinge.“
„Ganz und gar nicht, ich genieße die Jagd sehr“, mischte sich Jacinda ein und unterdrückte ein Lächeln, als sie auf den alten Herrn zuging.
Der Mann blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an und setzte dann seine Brille ab, um sie zu putzen. „Was wol- len Sie mit der Pistole?“
„Moorhühner jagen, Mylord. Ich hoffe, dass ich Sie nicht erschreckt habe. Bring den Hund weg“, wies sie den Jungen
an, der den Spaniel rasch fortführte.
„Nun, solange Sie kein radikaler Attentäter sind, der mich in meinem Garten abknallen will“, grummelte Lord Drum- mond und setzte dann seine Brille wieder auf. „Du meine Güte“, sagte er, „Sie sind ja Georginas Ebenbild.“
„Ich bin ja auch ihre Tochter.“ Jacinda reichte ihm die Hand.
Wohlerzogen umschloss der Earl ihre Finger und beugte sich zu einem Handkuss darüber. Dann sah er sie verwun- dert an. „Die kleine Jacinda?“
„Ja, Mylord. Stimmt etwas nicht?“
„Sie sind so ...“ Er wedelte mit seinem Taschentuch vage durch die Luft, „... so erwachsen.“
„In der Tat, Sir. Ich hatte mein Debüt letzte Saison.“
„Warum sind Sie dann nicht in der Stadt?“ Er steckte sein Taschentuch zurück in die Brusttasche und musterte Jacin- da dann wie ein General, der seine Truppen inspiziert. „Die Saison fängt doch gerade erst an, oder? Sollten Sie nicht wie all die anderen dummen Gänse auf die Jagd nach einem rei- chen Ehemann gehen?“
Seine Offenheit schockierte Jacinda, aber dann fand sie sie nach der Heuchelei der guten Gesellschaft eigentlich ganz erfrischend. „Ich fürchte, man hat mich wegen schlechten Benehmens aufs Land verbannt“, erklärte sie.
Der grimmige alte Herr begann leise zu lachen. „Nun, na- türlich, nicht wahr? Sie sind schließlich Georginas Tochter.“ Mit plötzlichem Interesse betrachtete Jacinda sein Ge- sicht. „Kannten Sie meine Mutter?“
„Nur aus sicherer Entfernung“, erwiderte er und zwinker- te mit den grauen Augen. „Ich hatte das Privileg, mit ihr be- freundet zu sein. Ihre Mutter hatte das Herz einer Löwin.“ Entzückt seufzte Jacinda. Er hatte die schillernde Fremde gekannt, die ihre Mutter war! „Hätten Sie nicht Lust, uns bei unserem Picknick Gesellschaft zu leisten, Mylord? Seit wir aus London abgereist sind, hatten meine Gouvernante und ich keine so angenehme Gesellschaft mehr.“
„Ich bin nie angenehme Gesellschaft, das wird Ihnen jeder bestätigen, aber da eine hübsche junge Dame allemal der
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