Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
fuhr er herum und zielte, aber es war Quint, der um die Ecke bog. „Ich bin’s.“
Carstairs ließ die Waffe sinken. „Dann hast du also eine Hintertür gefunden.“
„Gleich unten an der Treppe.“
„Ah, was für eine Erleichterung, dass ich diesmal nicht alles alleine machen muss“, bemerkte Carstairs sarkastisch. „Hast du sie gesehen?“
„Nein. Ich habe in der Garderobe unten nachgesehen, in der Küche auch, aber da war keine Spur von ihnen.“
„Gut“, schnurrte Carstairs, „das bedeutet, dass sie hier irgendwo stecken müssen. Genau ... vor unserer Nase.“
Krach! Die ganze Wand zitterte, als ihre Häscher irgendwo auf dem Flur eine weitere Tür zu einem der Gästezimmer auf- stießen. Die drei Frauen drängten sich in einem der moderig riechenden Räume enger zusammen.
„Hallo, Miss Carlisle!“, hörten sie die seidige Stimme des Earls rufen, „kommen Sie raus, kommen Sie raus, wo immer Sie sind!“
„Ich habe Angst“, hauchte Sorscha.
Mary schlang den Arm und das Mädchen und gab ihm ei- nen Kuss auf den Scheitel. „Wir passen sehr gut auf dich auf, Süßes.“
„Haben Sie gehört, was er gesagt hat?“, flüsterte Lizzie. „Die Hintertür ist gleich unten an der Treppe. Mit etwas Glück könnten wir es schaffen.“
„Nein. Wir kämen nie dorthin, ohne dass sie uns sehen.“
„Ginny!“, rief Quint erneut in diesem klagenden, liebevol- len Ton, in dem ein Tier um seine tote Gefährtin trauert.
„Warum ruft er immerzu nach Ginny?“, beschwerte sich Sorscha ärgerlich. „Das ist alles ein Missverständnis! Wir müssen ihnen sagen, dass sie die falschen Leute jagen!“
Lizzie und Mary wechselten einen grimmigen Blick. „Sor- scha, geh zum Fenster rüber und sieh nach, ob die Luft rein ist. Mach ja kein Geräusch.“
„Ja, Mama.“
Als das Mädchen in der Dunkelheit vorsichtig zum Fenster schlich, wandte Mary sich zu Lizzie um.
„Ich werde sie aufhalten“, sagte sie leise. „Sorscha und Sie haben eine Chance zu fliehen, wenn ich sie ablenke.“
„Wie denn?“
„Ich werde mich ergeben.“
„Das dürfen Sie nicht“, wehrte Lizzie entsetzt ab und wur- de blass. „Sie werden Sie umbringen.“
„Quint wird nicht zulassen, dass Carstairs mir etwas an- tut. Für euch beide gilt das dagegen nicht. Außerdem habe ich immer noch das.“ Mary zog eine kleine Pistole hervor, die sie zusätzlich zu dem Gewehr, das sie bei Carstairs’ Haus hatte liegen lassen müssen, eingesteckt hatte. Das Mondlicht glänzte auf dem schlanken Lauf, und rasch ließ Mary die Waffe in der Tasche ihres weiten Rockes verschwinden, ehe Sorscha zurückkam.
Lizzie starrte die Frau an, und ihr wurde klar, dass Mary Quint töten wollte.
„Gucken Sie nicht so überrascht, meine Liebe.“ Ein zyni- sches Lächeln spielte hinter dem Schleier um die roten Lip- pen der Schauspielerin. „Ich bin ja nicht zufällig bei Carstairs’ Haus gewesen.“
„Aus welchen Gründen Sie auch immer dort waren, ich freue mich jedenfalls darüber“, erklärte Lizzie. „Danke, Mary. Ich verdanke Ihnen mein Leben. Und Sorscha offen- bar auch. Sie waren in jener Nacht bei ihr und haben es ge- schafft, sie vor dem Feuer zu retten.“
„Sie war nur ein kleines Mädchen“, flüsterte Mary. „Ihre
Mutter hatte mich gebeten, sie zu nehmen.“
„Lady Strathmore war noch am Leben?“
Mary nickte. „Sie wollte ihren Mann nicht verlassen, und er war zu schwer verletzt, um aus dem Haus zu fliehen, als das Feuer ausbrach.“
Lizzie versuchte, alles zu verstehen. Dann warf sie einen Blick auf die gelockte Unschuld am Fenster und sah dann wieder Mary an. „Devlin ist ein guter Mann, Mary. Er wird mir helfen, sie zu beschützen.“
„Nicht, wenn Torquil schneller war. Es tut mir Leid, aber ich weiß, wie diese Männer vorgehen. Selbst wenn Devlin überlebt hat, werden die anderen ihn aufspüren. Sie werden nicht eher aufgeben, bis sie ihn ... oder Sie .... oder Sorscha haben. Sie alle wissen zu viel über ihre Verbrechen. Deshalb müssen Sie nach Irland gehen.“
Lizzie war hin und her gerissen. Wie konnte sie Devlin zu- rücklassen, wenn sie wusste, in welcher Gefahr er sich be- fand? Aber als Sorscha zurückkam und flüsterte, dass drau- ßen alles ruhig war, erkannte Lizzie, dass Mary Recht hatte. Sie musste darauf vertrauen, dass ihr wilder Abenteurer auf sich selbst aufpassen konnte.
Das behütete Schulmädchen konnte das nicht.
Als Mary schnell ihren Plan erläuterte, sah Sorscha sie schreckerfüllt an.
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