Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
Wim- pern und warfen die Haare, wenn sie ihn sahen, aber diese hier richtete ihren offenen Blick mit tödlicher Genauigkeit auf ihn und traf ihn mit ihren Worten genau zwischen die Augen, und das mit einer Ehrlichkeit, die er gar nicht hören wollte. Wer glaubte sie denn, wer sie war, dass sie ihn kriti- sieren durfte, manipulieren durfte und ihm Schuldgefühle einimpfen konnte – selbst wenn er die verdient hatte?
Wahrscheinlich stand er immer noch unter Schock. Nie- mand behandelte Devil Strathmore so. „Wo mag sie herkom- men, dass sie mich jetzt ärgern muss?“, überlegte er laut, als Ben den Knoten fertig hatte und ihm eine hellblaue Weste reichte, die er rasch überzog. „Was zum Teufel will sie von mir?“
„Ich glaube, sie will Ihnen einfach nur eine Lektion ertei- len.“
„Eine Lektion?“ Dev schlenderte zum Spiegel und knöpfte sich dabei die Weste und die Manschetten zu. „Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich ihr das ein oder andere beibringe.“
„Was wollen Sie damit sagen?“, fragte Ben unsicher und holte das schwarze Dinnerjacket.
„Niemand hält mich zum Narren. Und ich sage dir noch was.“ Er fuhr mit dem Arm in das eng geschneiderte Klei- dungsstück. „Diese kleine Intrigantin hat gerade einem Mann den Fehdehandschuh hingeworfen, von dem sie hätte wissen müssen, dass sie ihn lieber nicht herausfordern soll- te.“ Dev zog die Jacke ganz an und betrachtete sich kritisch im Spiegel.
„Wollen Sie, dass sie entlassen wird?“ Ben warf ihm einen fragenden Blick zu.
„Nein.“ Dev schüttelte den Kopf. „Sie erfüllt hier ja ihren Zweck. Das sehe sogar ich. Sie kümmert sich sehr gut um meine Tante.“ Nach diesem widerwilligen Zugeständnis schwieg er eine Weile und dachte nach. „Nein, das ist eine Sache zwischen Lizzie Carlisle und mir.“
„Und was wollen Sie dem Mädchen antun?“
Dev betrachtete sich im Spiegel und fuhr sich dann mit der Hand durch die noch feuchten Haare. „Sie ist ein ganz netter kleiner Appetithappen.“
„Sir!“, keuchte Ben auf. „Das dürfen Sie nicht!“
Dev drehte sich elegant zu ihm um und fragte unschuldig. „So?“
„Oh nein, den Blick kenne ich. Lassen Sie sie in Ruhe!“ Ben trat einen Schritt auf ihn zu. „Sie ist einfach nur eine junge Dame und hat Ihnen nichts Böses gewollt.“
„Das will ich ihr auch nicht.“ Dev wandte sich mit einem zynischen Lächeln wieder dem Spiegel zu und rückte die Schleife ein letztes Mal zurecht. „Es ist nur ein bisschen Sport, Ben. Ich will dem Mädchen eine Lektion erteilen.“ Dev maß seine Erscheinung mit einem kühlen, zufriedenen Blick und verließ dann das Zimmer, ohne weiter auf Bens Pro- teste zu achten. Er ging in Richtung des Wohnzimmers, denn dort, so hatte man ihm gesagt, sollte er die Damen vor dem Essen treffen. Mit den Händen in den Taschen schlenderte er durch die Halle auf die große Treppe zu und versicherte seinem verletzten männlichen Stolz, dass sie schon sehr bald wieder quitt sein würden, da blieb er plötzlich stocksteif ste- hen – und starrte nur noch.
Von der anderen Seite des Flurs kam gerade Miss Carlisle auf die Treppe zu. Einen Herzschlag lang hatte er sie fast nicht wiedererkannt.
Die langweilige weiße Haube war verschwunden und ihre Trägerin überhaupt ganz verwandelt.
Benommen beobachtete Dev die junge Frau. Ihr seidiges, dunkles Haar schimmerte im Kerzenschein in einem tiefen, herrlichen Walnusston, und sie trug es in Locken hoch auf dem Kopf aufgesteckt, was die klaren Linien ihres Gesichts vorteilhaft betonte und ihren anmutig geschwungenen Na- cken hervorhob. Das langweilige beigefarbene Tageskleid war einem eleganten Abendkleid mit hoher Taille aus rosen- farbenem Satin gewichen. Das Kerzenlicht spielte auf ihrer wie Perlmutt schimmernden Haut und ließ das Kleid rosig glänzen, während sie ruhig auf ihn zu schritt und der Rock graziös um ihre langen Beine schwang. Dazu trug sie pas- sende rosa Slipper.
Dev konnte sich nicht satt sehen an der hellen Haut, die der tiefe Ausschnitt ihres Kleides freigab. Das Mädchen war gut gebaut, dachte er bewundernd, während es näher kam. Und sehr schön mit all diesen einladenden Kurven, die nur auf seine Verführungsküste warteten.
Dev senkte das Kinn, um Lizzie weiter in die Augen sehen zu können, als sie zu ihm trat. Sie blieb einen halben Meter entfernt stehen und sah ihn wachsam an.
Wider besseres Wissen lächelte er sie reumütig an, und da- rin verriet sich seine Bewunderung für sie.
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