Gaelen Foley - Knight 06
gegenüberzutreten oder jemandem von seiner Verlobten zu erzählen. Stattdessen hielt sie Ausschau nach einer Möglichkeit, sich gründlich zu rächen Vor allem war sie wütend über die Art und Weise, wie er sie eingeschüchtert und in die Flucht getrieben hatte. Wie ein Angsthase war sie davongelaufen – sie, Eva Campion, die so viel Spaß daran ge- funden hatte, ihn zu beherrschen. Das plagte sie am meisten von allem.
Als Alec sie gegen die Wand gedrängt und bedroht hatte, hat- te Eva in seinen Augen gesehen, wie sehr er sie hasste. Entsetzt musste sie feststellen, dass sie allen Grund hatte, diesen Mann zu fürchten.
Aber bald würde Michail da sein, um sie zu beschützen, und dann konnte sie machen, was sie wollte. O ja, irgendwie würde sie es diesem hübschen Bastard heimzahlen, genau wie der jun- gen Schönheit, die jetzt sein Bett wärmte. Seine Verlobte. Mein Gott, wie sie sie hasste.
Himmel, irgendjemand sollte Schwefelsäure in dieses hübsche Gesicht schütten, und dann würde man sehen, ob das Mädchen sich noch einen der Knight-Brüder schnappten konnte. Becky – Abby – wie immer ihr Name lauten mochte.
Als es leise an der Tür klopfte, richtete Michail sich abrupt auf und stieß sie beiseite. Bei dieser lieblosen Behandlung run- zelte Eva die Stirn.
Michail zog seine Hose an und ging zur Tür. Als er sie öffnete, konnte sie nicht verstehen, was er leise mit dem Anführer seiner sechs Krieger besprach, die vor ihrem Haus auf Posten standen.
Verärgert drehte sie sich auf die Seite und stützte ihren Kopf mit der Hand ab.
Michail schloss die Tür und kam zurück ins Bett. War er sonst verschlossen, wirkte er nun vollkommen abwesend, zugleich be- unruhigt und ruhelos. Tatsächlich hatte sie in der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft diese düstere Stimmung unter der äußerli- chen Ruhe schon häufiger bemerkt – und war davon fasziniert.
„Was ist, Mischa?“
„Nichts“, meinte er, setzte sich auf den Bettrand und legte eine Hand auf ihre entblößte Hüfte.
„Was wollten deine Männer?“
„Fragen, ob es vor dem Wachwechsel weitere Befehle gibt.“
„Warum brauchst du überhaupt so viele Leibwächter?“
„Um vor Frauen wie dir geschützt zu sein“, sagte er, schlug ihr kräftig auf den Schenkel und brachte sie damit zum Auf- schreien.
„Kurkow, du böses, haariges Ungeheuer“, schalt sie, dann setzte sie sich auf und schaute ihm tief in die stahlgrauen Au- gen. Sie konnte die dunklen Gedanken, die ihm im Kopf he- rumgingen, förmlich sehen. „Du siehst besorgt aus.“ Sie musste einigen Mut dazu aufbringen, aber dann hob sie die Hand und strich ihm über den Kopf. „Warum erzählst du Eva nicht, was nicht stimmt? Vielleicht kann ich helfen.“
„Mir helfen?“
„Ja“, erwiderte sie. „Unterschätz mich nicht, Liebling. Viele
Männer vor dir haben das getan, sehr zu ihrem Nachteil.“
Michail dachte über ihre Worte nach und musterte sie dabei.
Er konnte nicht anders, aber diese Wölfin, die er da aufge- tan hatte, entlockte ihm ein Lächeln. Wenn Lady Parthenia ei- ne Eiskönigin war, dann war Eva Campion ein zerstörerisches Feuer. Sie war die betörendste Frau, der er je begegnet war, und falls sie überhaupt Hemmungen hatte, so musste er diese noch finden. Anfangs war sie nur ein Zeitvertreib für ihn gewesen, ei- ne Erholung, um ihn von seiner verschwundenen Cousine abzu- lenken und von dem besorgniserregenden Umstand, dass er seit Wochen keine Nachricht von seinen Mitverschwörern in Russ- land erhalten hatte.
Doch jetzt, da er sie auf seinen Schoß zog, wusste er, dass er vielleicht eine Verbündete gefunden hatte. Anders als die meis- ten Menschen, zu denen auch Parthenia und alle vierzehn sei- ner russischen Konkubinen gehörten, verstand diese gerissene Dirne ihn. Ein wenig ungeschickt, aber doch voller Zuneigung strich er ihr über die kurzen dunklen Locken, die er bereits hef- tig zerzaust hatte. Er wusste, dass sie mit Haut und Haar ihm gehörte.
Eva schloss die dunklen Augen und genoss seine Berührung. Ihre bereitwillige Unterwerfung gefiel ihm, auch wenn er sie mühsam erringen musste. „Erzähl mir deine Sorgen, Michail“, murmelte sie. „Ich will nichts anderes als dir dienen.“
Ein dankbarer Ausdruck erschien in seinen Augen, und er fühlte, wie erneut das Verlangen in ihm wuchs. Noch immer traute er ihr nicht, aber jetzt war er damit zufrieden, sie zu be- herrschen. „Soll ich?“, flüsterte er mehr zu sich selbst als zu ihr.
„Ja.“
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