Gaelen Foley - Knight 06
vollkommen gefangen zu sein. Aber im Moment war ihr dies gleichgültig.
„Wärest du auf Reichtümer aus, du hättest dich besser an Draxinger gehalten“, sagte er und strich mit dem Mittelfinger kleine Kreise über ihre Brust. „Du hattest schon sein Herz er- obert, wenn man einmal den Umstand außer Acht lässt, dass du ihm beinahe einen Zahn ausgeschlagen hast.“
„Sie sind nicht reich?“, fragte sie kühn und hob den Kopf.
„Bedaure, leider nicht“, erwiderte er heiter.
„Sie sehen aber reich aus.“
„Ich bemühe mich.“ Er schüttelte den Kopf, als wäre er trau- rig über diese Tatsache, aber in seinen Augen lag ein heiterer Glanz. „Ich habe beim Spiel ein Vermögen gewonnen – und es auch wieder verloren.“
„Das ist bedauerlich.“ Ihre Stimme klang trotz ihres vorge- täuschten Mutes ein wenig atemlos.
„Ich weiß.“
„Dann sollten Sie ein weiteres Spiel gewinnen.“
„Gute Idee“, erwiderte er trocken. „Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.“
„Warum nicht? Wenn Sie es ein Mal konnten, dann müssten Sie es auch ein zweites Mal schaffen, oder?“
„Wenn man in ein tiefes, dunkles Loch fällt, chérie, dann muss man aus diesem – so gut man es eben kann – wieder herauskrab- beln. Danach ist man weit weniger darauf aus, unvorsichtig zu werden. Außerdem gibt es so etwas wie Glück, und das fehlt mir im Moment.“
„Sie haben mich getroffen“, meinte sie und brachte ein Schmunzeln zustande. „Vielleicht hat sich diesbezüglich etwas geändert.“
Er lachte laut auf. „Deine Art gefällt mir, Mädchen.“
„Ich meine es ernst. Ich wurde als Glückskind geboren. Das ist wahr.“
„Verzeih, dass ich das sage, aber auf mich wirkst du nicht so.“ Spielerisch kniff er sie in die Wange, dann ließ er die Hand sinken.
Seine offenen Worte erschreckten sie, dann brach sie in ein Gelächter aus, in das Lord Alec einstimmte. Es tat gut, nach den Strapazen der letzten Tage wieder zu lachen. Sie schüttelte plötzlich den Kopf und senkte den Blick. Was tue ich da, flirte ich mit ihm? Sie schien nichts dagegen unternehmen zu können, und sie errötete noch mehr, als ihr klar wurde, dass sie sich wie ein wenig sittsames Landmädchen benahm, indem sie mit dem feinen Lord scherzte, als würde sie darum bitten, verführt zu werden.
Ziemlich direkt verhielt sie sich, das konnte sie nicht leug- nen, und außerdem gefährlich. Aber sie empfand vor ihm keine Angst, wenigstens nicht jene Angst, die sie vor den Kosaken hat- te. Sein intensiver Blick ließ sie nur erröten, und sie war froh, dass es dunkel war, sodass er dies nicht sehen konnte.
Du solltest ihm besser sagen, dass nichts geschehen wird, hör- te sie die innere Stimme der Vernunft. Aber dann würde er ge- hen, und jetzt ertappte sie sich bei der Überlegung, wie es wohl sein mochte, ihn zu küssen.
„Was geht in diesem hübschen Kopf vor?“
Sie senkte den Blick und unterdrückte ein Lächeln. „Lord Draxinger interessiert mich nicht“, murmelte sie und sah ihn
unter den Wimpern hervor an. „Wie reich er auch sein mag.“
„Ah. Gut. Da ist noch mein anderer Freund, Rushford. Der, den du getreten hast.“
„Auch hier sage ich Nein.“
„Eines Tages wird er ein Marquis sein.“
„Das ist mir egal. Er ist ein Grobian.“
„Nicht wirklich. Na, vielleicht doch. Aber nur manchmal.“ Er lachte bei diesem Versuch, den Freund zu verteidigen. „Er ist einfach nicht an Frauen gewöhnt, die bei seinem Anblick nicht in Ohnmacht fallen.“
„Genauso wenig wie Sie, möchte ich wetten“, erwiderte sie, dann biss sie sich auf die Lippe. Oje. Sie räusperte sich. „Ich meinte, nun ... Sie verhalten sich nicht wie ein Grobian.“
Lord Alec hob eine Braue. „Nein. Doch ich fürchte, dies spielt augenblicklich keine Rolle. Lord Rushford – und es tut mir leid, dies sagen zu müssen – wird das grobe Verhalten eher dir anlas- ten wollen. Immerhin könntest du ihn kastriert und somit das Weiterbestehen des Familienstammbaums gefährdet haben. Zu- dem hat er bereits eine Mätresse. Andererseits wird er bis zum Ende der Woche von ihr genug haben, wenn du dich also ein we- nig geduldest ...“
„Nochmals, nein danke.“ Becky sah ihn an und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Was ist mit dem dritten Mann? Wer war das?“
„Fort? Ja, Lord Daniel Fortescue. Netter Kerl, aber du wirst ihn nicht wollen. Er ist nur ein Sohn unter vielen. Wie ich.“
„Einer unter vielen?“
Er nickte. „Betrachtet man
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