Gaelen Foley - Knight 06
eingeschlafen.
„Becky, meine Süße.“ Seine Lippen streiften erneut ihre Stirn, dann flüsterte er: „Soll ich dich nach Hause bringen?“
„Das geht nicht“, entgegnete sie traurig, und die Erschöp- fung und seine Freundlichkeit trieben ihr weitere Tränen in die Augen. Sie kniff die Lider fester zusammen, damit er dies nicht sah.
„Das ist also der Grund“, erwiderte er nachdenklich, und der Himmel allein mochte wissen, welche Schlüsse er daraus zog. Als er wieder seine Stimme erhob, klang sie mild, und sie fühlte seinen Atem an ihrer Haut. „Weißt du, eigentlich meinte ich – mein Zuhause.“
O Gott! Er hielt sie ja für eine Dirne und lud sie gerade für die Nacht ein. „Sir, ich glaube wirklich nicht ...“
„Sieh mich an.“ Mit der Fingerspitze schob er ihr Kinn hoch, und als er ihr in die Augen sah, verschwand die Welt um sie he-
rum. „Ich werde dir nicht wehtun. Das weißt du doch, oder?“
Sie nickte langsam.
Er wischte ihr eine einzelne Träne von der Wange, die ihr trotz des festen Entschlusses, nicht zu weinen, entschlüpft war. „Du musst mir glauben, ich verstehe dich besser, als du denkst. Ich kann mir gut vorstellen, wie alles gekommen ist. Irgendein Kerl aus Yorkshire hatte seinen Spaß mit dir.“ Während er ruhig zu ihr sprach, wischte er mit dem Daumen langsam die Schmutz- schlieren von ihrer Wange. „Deine Eltern haben dich hinausge- worfen. Es war vermutlich nicht einmal dein Fehler. Jetzt bist du allein. Du hast nichts und niemanden mehr.“
Bei seinen letzten Worten wären beinahe wieder die Tränen geflossen.
Bedächtig schüttelte er den Kopf. „Wir alle haben einmal Pech gehabt, Liebes. Das ist nicht das Ende. Verlier nicht den Mut.“ Wieder küsste er ihre Stirn. „Komm mit zu mir. Als ein Gentleman ist es mir nicht möglich, dich hier draußen allein zu- rückzulassen, wo dich niemand beschützen kann. Ich bin sicher, es gibt eine Möglichkeit, dir zu helfen. Weißt du, du bist sehr schön. An Beschützern wird es dir nicht mangeln. Ja, du wirst dein Glück machen.“ Er lächelte ihr zu.
Becky sah ihn mit Tränen in den Augen an. Tränen der Dank- barkeit. Natürlich hatte er alles falsch verstanden, aber sie lä- chelte bei dieser Ermutigung.
Vielleicht war sie ihm doch nicht ganz egal.
Sie brachte ein Nicken zustande und holte tief Luft. „Danke“, flüsterte sie und blinzelte die Tränen weg.
Sein Lächeln wurde verführerischer. „Und was den Narren betrifft, der dir all das angetan hat, so verspreche ich dir: Er wird dir kaum so viel Vergnügen bereitet haben, wie ich es ver- mag.“ Er trat näher, dann berührte er ihren Mund und strich mit dem Daumen langsam über ihre Unterlippe. „Du siehst hungrig aus“, flüsterte er. „Ich könnte dich füttern.“ Er neigte den Kopf, als wollte er sie küssen, aber Becky gelang es, genügend Kraft aufzubringen, um sich von ihm abzuwenden.
„Warum widersetzt du dich?“, fragte er, ein Begehren war in seiner Stimme nicht zu überhören. „Komm mit mir nach Hau- se. Wir werden es langsam angehen lassen. Ich werde dich nicht drängen. Wir werden nichts tun, was du nicht willst. Ich werde dafür sorgen, dass du dich gut fühlst, Becky. Heute Nacht will
ich mich um dich kümmern.“ Behutsam schob er ihr das Haar hinters Ohr. „Was willst du?“, fragte er. „Sag es mir einfach, egal, was es ist. Oder willst du alles?“
Sie versuchte, sich von ihm zu distanzieren, während ihr Kör- per gleichzeitig bebte. Das, was er sagte, klang ehrlich und ernst gemeint. Und seine geschickte Verführung, nun, er war darin äußerst raffiniert.
Mut erwachte in ihr, und sie beschloss, das Spiel mitzuspielen. Vielleicht nur, um herauszufinden, wie es funktionierte. Viel- leicht aber auch, weil es ihm gelungen war, sie zu erregen. „Al- les?“, fragte sie.
„Nun“, räumte er lachend ein. „Innerhalb der Möglichkei- ten.“
Er ließ seine Hand tiefer gleiten, bis zur Mitte ihrer Brust.
Sie senkte den Blick und betrachtete seine Hand. Der Ring, den er trug, war aus Gold mit einem Stein aus Onyx. Er glänzte im Schein der fernen Laterne. Er hatte so geschickte, so erfahre- ne Hände. Kein Mann hatte sie jemals an dieser Stelle berührt. Ja, einige hatten es versucht. Sie hatte ihnen eine Ohrfeige ge- geben.
Lord Alec ohrfeigte sie nicht.
Sie wollte es nicht einmal. Er war zu faszinierend, zu wunder- bar, zu charmant. Sie fühlte sich benommen von seinen Schmei- cheleien, und sie hatte das Gefühl,
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