Gaelen Foley - Knight 06
Alec.
„Bist du verletzt?“, fragte sie ängstlich. „Du bist getroffen ...“
„Nur ein Kratzer.“ Er warf einen Blick auf seinen linken Arm. Sein Ärmel war an der Schulter zerrissen, und sie sah, dass Blut durch das dunkelblaue Tuch sickerte. „Verdammt“, sagte er.
„Diesen Mantel mochte ich richtig gern.“
„Wage es nicht, jetzt Witze zu machen“, fuhr sie ihn an.
„Psst, beruhige dich, die Kugel hat kaum meine Haut geritzt. Komm, wir müssen von hier verschwinden“, murmelte er. Er selbst wirkte jedoch besorgt, als er sich rasch daranmachte, ihre Hände loszubinden.
Seine Finger zitterten noch ein wenig vom Kampf, und er zerr- te eine Weile an dem Knoten herum, den der Kosak geknüpft hatte, ehe er die Geduld verlor und ihn einfach mit der Klinge durchtrennte.
Kaum befreit, umarmte Becky ihn und presste ihre Wange an seine Brust.
„Ist ja gut, sie können dir nichts tun“, flüsterte er und hielt sie für einen Augenblick fest. Sein markantes Gesicht wirkte angespannt, sein Mund hart. Er lächelte nicht. „Schnell jetzt, wir müssen gehen. Sie haben dir noch zwei weitere Soldaten nachgeschickt. Die Schüsse werden sie mit Sicherheit gehört haben, sie können also jeden Moment auftauchen. Kannst du laufen?“
„Ja, natürlich.“ Sie zwang sich zu nicken, und jetzt, da sie sich vergewissert hatte, dass er nicht ernsthaft verletzt war, fühlte sie sich mutiger.
„Hier entlang.“ Fest packte Alec ihre Hand und warf einen letzten Blick auf die beiden toten Männer. „Nur der Ordnung halber, Becky, ich habe keine Ahnung, wer du wirklich bist und was hier vorgeht, aber du wirst es mir erklären, verstanden?“, befahl er ihr. „Das schuldest du mir.“
Der Zorn, der in seinen Augen lag, schmerzte sie, aber sie ver- mochte ihm kaum einen Vorwurf daraus zu machen.
„Komm“, murmelte er. „Wir nehmen die Abkürzung durch die Stallungen.“ Er sah sich um, dann zog er sie mit sich.
Hinter ihnen waren fremdartige Stimmen zu hören, die Stim- men der beiden anderen Kosaken. Sie kamen näher, auf der Su- che nach ihren Kameraden und nach einer jungen Frau.
Becky und Alec sahen sich an, dann eilten sie davon.
Westlands Butler betrat den Salon. „Verzeihung, Sirs. Mylady. Einer von Prinz Kurkows Offizieren möchte mit Seiner Hoheit sprechen.“
Michail und Westland sahen einander an, doch sie wollten in
Gegenwart von Lady Parthenia keineswegs Rebecca erwähnen.
Der Duke trat ans Fenster, blickte hinaus, dann sah er Michail an und schüttelte den Kopf. Michail nahm das zur Kenntnis und nickte dem Butler zu.
„Sagen Sie ihm, ich komme gleich.“
„Jawohl, Hoheit.“ Mit einer kurzen Verbeugung entfernte sich der Butler.
Michail blickte, um Entschuldigung heischend, zu seinem Gastgeber. „Ich sollte mich in jedem Fall auf den Weg machen, ich habe mich viel zu lange hier aufgehalten. Euer Gnaden. Lady Parthenia.“ Die strahlend schöne Tochter des Dukes be- trachtete er einen Moment länger, als es die Höflichkeit gebot, dann verneigte er sich wieder vor ihr.
„Er ist ein seltsamer Mann, oder?“, flüsterte Parthenia ihrem Vater zu, nachdem der hochgewachsene Prinz hinausgegangen war.
Der Duke zuckte die Achseln und lächelte ihr liebevoll zu. „Er ist Soldat. Und Russe. Sie pflegen einen anderen Lebensstil als wir. Dennoch halte ich viel von ihm. Und ich wage zu be- haupten, dass Seine Hoheit viel von dir hält“, neckte er sie und zupfte an einer der Locken in ihrem Nacken, als er an ihr vorü- berging.
„Oh, Vater, du und deine Heiratspläne“, schalt sie ihn.
„Ich würde gern noch meine Enkelkinder sehen, Parthenia“, sagte er, während er sich in den Frühstücksraum begab, um sich wieder seiner morgendlichen Korrespondenz zu widmen. „Schließlich ist der Mann ein Prinz. Du könntest es schlechter treffen.“
Parthenia, allein im Salon zurückgeblieben, dachte darüber nach. Dann trat sie ans Fenster und blickte nach unten, wo Prinz Kurkow mit seinen fremdartig ausschauenden Wachen sprach. Wie wild er doch erschien!
Sie hörte die Männer sprechen, verstand aber kein Wort. Er sieht recht gut aus, überlegte sie. Er bot ihr keine Herausfor- derung wie Lord Draxinger, aber immerhin benahm sich Prinz Kurkow wie ein erwachsener Mann, und das war mehr, als sie über den Earl und seine leichtlebigen Freunde sagen konnte.
Dann schob sie diese Gedanken beiseite und trat vom Fenster weg, um sich weiter dem Ball für den Sieger zu widmen, der am Ende des
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