Gaelen Foley - Knight 06
jedenfalls nicht, ehe Becky Talbot Old Hall sicher in ihrem Besitz hatte. Aber in Anbetracht der Wette, die seine Tochter Parthenia betraf, würde Alec eini- ges anstellen müssen, um bei Seiner Gnaden Gehör zu finden. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er ihm überhaupt nur ein einziges Wort glauben würde.
Hier bot sich zumindest eine Gelegenheit, einen Anfang zu
machen. Er könnte vielleicht helfen, wenn der richtige Zeit- punkt kam. Die Wette lief vor fast einem Jahr, in der Zwischen- zeit könnte sich Westlands Zorn gelindert haben, aber davon war nicht wirklich auszugehen. Die Tugend seiner Tochter war für ihn wohl ebenso unantastbar wie die Waffe eines großen Helden.
Alec spürte, dass Draxinger noch immer eine große Zunei- gung für Parthenia hegte, als der Earl einen Blick auf Westland warf und dann mit einem tiefen Seufzer zurück in die Polster sank. Dabei legte er wieder einen Arm über die Augen. Seine gesamte Haltung drückte aus: „Es hat keinen Sinn.“
„Verzeiht mir, Gentlemen“, murmelte Alec und sammelte sich, um den ersten Schritt zu tun. „Möchte jemand Tee oder Kaffee?“ Er wartete nicht ab, bis jemand von seinen Freunden geantwor- tet hatte, sondern war schon auf dem Weg Richtung Bar. Sein Herz schlug immer schneller.
Die anderen sahen ihm einen Moment lang neugierig nach, dann fuhren sie fort, ihre Maßlosigkeit zu bejammern.
Alec schlenderte hinüber zu Westland, der noch immer an der Bar stand und sich umständlich eine Tasse starken Tees ein- schenkte.
Mit höflichem Lächeln hielt ihm Alec die silberne Zuckerdose entgegen.
Westland warf ihm einen misstrauischen Blick zu, aber er griff zur zierlichen Zange und entnahm mit dieser ein paar Zu- ckerstücke. Dabei äußerte er sich missbilligend.
„Hawkscliffes kleiner Bruder, nicht wahr?“
„In der Tat, Euer Gnaden. Lord Alec Knight.“ Respektvoll verneigte er sich vor dem älteren Mann.
„Dachte ich mir. Sie waren es, der meine Tochter geärgert hat. Sie und diese anderen jungen Laffen.“ Westland warf einen Blick auf Alecs Freunde und schnaubte. „Das Beste für Ihres- gleichen wäre die Armee“, murmelte er leise.
„Nun, Sir, da kann ich kaum widersprechen.“
„Guten Tag, Lord Alec.“ Der machtvolle Whig wandte sich ab. Alec wusste, dass er entlassen war, als Westland an ihm vorbei- blickte und mit einem kurzen Nicken einen anderen gerade ein- tretenden Klubbesucher begrüßte. „Ah, Kurkow. Guten Morgen, Sir.“
„Westland“, erwiderte eine kühle Stimme.
Alec erstarrte. Die Haare auf seinem Nacken richteten sich auf. Er erkannte diese Stimme wieder. Zorn durchströmte ihn, als er Stiefelschritte auf dem Boden hörte. Er biss die Zähne zu- sammen und sammelte das Schauspielerblut, das in seinen an- sonsten aristokratischen Adern floss. Er musste die Gelegenheit beim Schopf packen. Vielleicht bot sich nie wieder eine solche Chance, den Feind aus der Nähe zu betrachten.
„Verzeihen Sie mir, Westland“, sagte Kurkow. „Ich fürchte, ich habe mich für unser Treffen ein paar Minuten verspätet.“
„Ganz und gar nicht. Ich fürchte, ich war zu früh.“
Alec stand ein paar Schritte entfernt und hatte allen Grund, froh zu sein, dass er sich der Mühe unterzogen hatte, ein paar russische Höflichkeitsfloskeln zu lernen.
Langsam kam er näher und trat zu Beckys Folterer mit einem hinterlistigen Lächeln. „Zdra’zhs-vu-tyay“, begrüßte er den Prinzen mit einer kurzen Verneigung.
Erstaunt wandte sich Kurkow ihm zu.
Selbst Westland war beeindruckt. „Alle Achtung“, murmelte der Duke, die Tasse schon fast an den Lippen.
„Das bedeutet ,Guten Tag’, Euer Gnaden“, erklärte Alec ihm und setzte die hochmütigste Miene auf, wie er es von Brummel gelernt und im Laufe der letzten zehn Jahre zu größter Kunst- fertigkeit etabliert hatte. Dabei legte er den Kopf ein wenig zu- rück, um den Prinzen von oben herab betrachten zu können, so, als gehörte ihm die Welt. „Wollen Sie mich nicht Ihrem Freund vorstellen?“
8. KAPITEL
Michail war erstaunt, in seiner Muttersprache begrüßt zu wer- den, und zwar so sehr, dass er aus seinen finsteren Gedanken geweckt wurde. Das Wissen, dass es irgendwo da draußen eine sehr zornige junge Frau gab, die etwas wusste, was ihn an den Galgen bringen könnte, ärgerte ihn. Dennoch war er zuversicht- lich, dass seine Cousine bald zum Schweigen gebracht werden konnte – auf die eine oder andere Weise.
Seine Männer gierten nach Rache, und statt sie
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