Gaelen Foley - Knight 07
auf den Tisch. Dann erhob sie sich und kam zu ihm. „Ehrlich gesagt, bin ich überrascht, dass er es so lange ausgehalten hat. Es ist nicht leicht, für einen kleinen Kerl in seinem Alter, aufmerksam zu bleiben.“
Als sie auf ihn zukam, sah Jack ihr in die Augen. Dann lehnte sie sich ihm gegenüber an den Türrahmen. „Es ist nett von Ih- nen, dass Sie sich um ihn kümmern.“
„Ach was. Irgendwie muss man sich ja die Zeit vertreiben.“
„Was halten Sie von seinen Fähigkeiten?“, fragte er. „Von Zeit zu Zeit unterrichtet Stockwell ihn, aber im Großen und Ganzen wird seine Erziehung sträflich vernachlässigt.“
Sie zuckte die Achseln. „Er scheint mir recht klug zu sein. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass der Junge Sie vergöttert?“
„Nun, das tut jeder. Ist Ihnen das noch nicht aufgefallen?“
Sie lachte über diese Bemerkung.
Jack lächelte und gab sich selbst stillschweigend einen Punkt für den guten alten irischen Charme. „Ich versuche, ihm ein gu- tes Vorbild zu sein“, sagte er dann etwas ernsthafter. „Ihm hier und da etwas Anleitung zu geben. Ihn zu lehren, ein Mann zu sein.“
„Wo ist sein richtiger Vater?“
„Das weiß niemand, der arme Kleine. Als Baby wurde er aus- gesetzt. Er wurde vor die Kirchentür gelegt mit nichts als einer Decke. Er hatte nicht einmal einen Namen. Eine ältere Dame, die in meinem Dienst steht, meine Haushälterin in Irland, Mrs. Moynahan, nahm ihn bei sich auf“, erklärte er. „Aber wie Sie si- cher bemerkt haben, ist der Junge ziemlich wild, und als er grö- ßer wurde, war er zu viel für sie. Die Dame mag es, wenn alles seine Ordnung hat.“
„Also haben Sie ihn aufgenommen.“
Er nickte. „Wenigstens kannte er mich von meinen gelegent- lichen Besuchen auf dem Anwesen. Ich ernannte ihn zu meinem Burschen, damit ich ein Auge auf ihn haben und dafür sorgen kann, dass er etwas lernt. Eines Tages wird aus ihm ein guter Seemann werden. Trotzdem ist es schwer für ein hilfloses Kind, so im Stich gelassen zu werden. Nicht erwünscht zu sein.“ Mit gerunzelter Stirn blickte Jack in die Richtung, in der der Junge verschwunden war. „Mal ehrlich, wie ist es Ihrer ... weiblichen Sicht nach? Geht es ihm gut?“
Seine Fürsorge gefiel ihr, und sie sah ihn liebevoll an. „Ich denke, es geht ihm gut. Aber – vielleicht ist er ein wenig einsam. Kontakt zu anderen Kindern zu haben, würde dem Jungen un- endlich guttun.“
„Ja, aber ...“ Er blickte hinaus aufs Meer. „Meinen Sie nicht, die anderen wären grausam zu ihm? Würden ihn zurückweisen, weil er keinen Vater hat und keinen Namen?“
Einen Moment lang sah sie ihn mitleidig an mit einem Blick, der geradewegs in seine Seele zu dringen schien. „Einige viel- leicht, nehme ich an. Aber warum sollte er sich überhaupt mit solchen Kindern anfreunden wollen, wenn andere glücklich sein werden, ihn so zu nehmen, wie er ist? Schließlich ist seine Her- kunft nicht die Schuld des Jungen“, fügte sie hinzu. „Er muss sich für nichts schämen.“
„Nein.“ Jack schwieg und senkte den Blick. „Was ist mit Ih- nen, Miss Farraday?“, sagte er dann leise. „Wollen Sie Kinder haben?“
„Was? Mit Ihnen?“
Überrascht sah er sie an und entdeckte ein übermütiges Blin- zeln in ihren Augen und ein Lächeln auf ihren Lippen.
Er zog eine Braue hoch und sah sie an. „Ja. Gleich jetzt. Wollen wir anfangen?“
„Jack!“, schalt sie ihn und errötete.
„Ich scherze“, schwindelte er mit heiserer Stimme und sah sie an. Seine Augen glänzten, und in seinen Lenden pulsierte das Blut. „Sie können gut mit ihm umgehen.“
„Sie auch“, erwiderte sie leise.
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Wollen Sie eines Tages Kinder haben?“
„Oh, viele!“, rief sie aus und löste die Spannung mit ihrer hei- teren Art. „Mindestens ein Dutzend.“
„Wirklich? So viele?“
„Meine Tante Cecily hat elf. Eine ihrer Freundinnen sech- zehn.“
Er stieß einen leisen Pfiff aus.
„Je mehr, desto besser, sage ich immer.“
„Das klingt, als wäre es mühsam für die Damen.“
„Nicht, wenn sie gesund sind. Außerdem hätte meine Mutter das auch gewollt. Eine Horde Enkelkinder. Sie war immer so enttäuscht, dass sie nur ein Kind haben konnte – mich –, obwohl sie bei ihrem Leben geschworen hat, dass ich in jeder Beziehung so wunderbar war, dass kein anders Kind es mit mir aufnehmen konnte.“
Er lächelte und fragte sich, wie es wohl sein mochte, von den Eltern so geliebt zu
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