GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
irgendwie meine Gedanken zu vermitteln. Vielleicht konnte er sie ja spüren. Ich schwebte näher an ihn heran. Meine Arme waren schon in seinem Körper verschwunden. Wie ein Lichtstrahl, der bricht. Spielten meine Sinne mir einen Streich? Ich glitt weiter, bis ich ganz in ihm war. Meine Seele erfasste das Innere von Fisius. Plötzlich wurde ich von seinen Gedanken und Gefühlen überschwemmt. Ich fühlte, wie seine
Gedanken kreisten. Er hatte Angst um sein Volk, aber wiederum bezweifelte er, dass drei Tage etwas ändern könnten. Er machte sich Sorgen, dass Netan als nächstes Kalander angreifen würde, weil er vielleicht erfahren hätte, dass die Gesandten aus allen sechs Territorien hier in Kanas verweilten, um sich gegen ihn zu verbünden. Er hatte gerade den Entschluss gefasst, dass er Kalanders Truppen morgen gegen Netans Armee ziehen lassen wollte.
Alles in mir schrie auf. „Nein, das wirst du nicht tun! Überlege gut Fisius, du schickst sie in den sicheren Tod", toste mein ganzes Ich und dann passierte etwas Seltsames:
„Ich gebe euch diese drei Tage", setzte Fisius Jeremia und Gerrit ein Ultimatum. Beide nickten ihm zu.
„Gut, diese Entscheidung ist richtig", sagte Jeremia erleichtert.
Mir viel ein Stein vom Herzen. Ich verließ wieder Fisius Körper und stand nun unmittelbar neben ihm. Ich schaute ihn noch einmal an. Hatte ich seine Meinung geändert? Konnte ich das wirklich? Das wäre fantastisch. In dem Buch über Seelenwanderer stand darüber nicht und Mutter hatte nichts dergleichen erwähnt. Ich war überrascht, zweifelte aber noch daran. Vielleicht hatte er auch nur in letzter Sekunde seine Meinung geändert. Ich wollte Mama am nächsten Morgen fragen. Während ich nachdachte, flanierte Fisius davon und gesellte sich zu anderen Gesandten. Gerrit und Jeremia setzten sich auch in Bewegung, und plötzlich lief Jeremia genau durch mich hindurch. Für eine Sekunde waren unsere Seelen verschmolzen. Als er aus mir heraustrat, drehte ich mich zu ihm um. Er hatte sich auch umgedreht, und in diesem Moment schaute er mir direkt in die Augen, zumindest kam es mir so vor. Gerrit war auch stehen geblieben, und blickte Jeremia fragend an.
„Was ist?", fauchte Gerrit.
Jeremia drehte sich zu Gerrit um.
„Ich weiß nicht. Gerade eben habe ich so ein starkes Gefühl empfunden. Ich kann es dir nicht erklären. Es war so ..."
Ihm fehlten die Worte, aber ich wusste es. Es war, als wären wir eins. Natürlich konnte er mich nicht sehen und nicht wissen, dass ich es war, aber er hatte es fühlen müssen, so wie ich es gespürt habe.
„Was war was?" Gerrit zog demonstrativ die Schultern hoch.
Jeremia neigte den Kopf leicht nach unten, als suche er nach Worten. „Ich kann es einfach nicht in Worte fassen, aber es fühlte sich an, wie in der Hütte, als diese junge Frau vor mir stand, nur noch intensiver."
„Welche Frau?", wollte Gerrit wissen.
„Die Bildhübsche aus der Hütte, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht." Und dann erwähnte er meinen Namen. „Charisma, Charisma DiSole, das schönste Geschöpf unter Galans Sonne, das ich je erblickt habe. Sie ist atemberaubend."
Gerrit schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf.
„Mensch, Junge, was ist mit dir los? Ich glaube, du bist von Sinnen. Wir haben Krieg! Wie kannst du nur an ein Weibsbild denken?"
„Ich weiß, aber ich befürchte, sie hat mir den Kopf verdreht. In ihrer Nähe fahren meine Gefühle Achterbahn. Ich glaube sie zu kennen, weiß aber, dass das gar nicht sein kann."
„Komm, lass uns was trinken gehen", schlug Gerrit vor, packte Je-remia am Arm und löste ihn so aus seiner Erstarrung.
Mein Herz hüpfte vor Freude. Er fand mich schön, und er empfand etwas für mich. In diesen schweren Zeiten brauchte unbedingt meine Hilfe als Seelenwanderin, und die sollte er auch bekommen. Mir kam ein Geistesblitz, wie meine Hilfe aussehen könnte. Ich würde Netan ausspionieren. Ich konnte nur hoffen, dass Jeremia zuhören und mir Glauben schenken würde, wenn ich ihm von meiner Gabe erzählte. Ich folgte ihnen, trotz allem konnte ich meine Gefühle zu ihm nicht einfach ignorieren. Ich konnte nicht genug von ihm bekommen. Seine Augen hatten es mir angetan, aber mehr noch seine Lippen. Ich wollte von ihm geküsst werden. Die Vorstellung seine Lippen auf meinen zu spüren, raubte mir den Atem.
Ich belauschte noch eine Weile ihre Unterhaltung. Sie machten Pläne für den morgigen Tag und ich erfuhr dabei, dass er morgen auf dem Marktplatz sein
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