GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
rannte Gerrit mit den letzten Kämpfern ihnen nach, um noch durch das Tor zu huschen, bevor es ganz geschlossen wurde.
Umschauend erkannte er mit Entsetzen, dass nur wenige übrig geblieben waren. Die Männer standen, saßen und lagen vor ihm. Viele waren verletzt und konnten nicht weiterkämpfen, aber der Feind war unnachgiebig. Schon hörte man vor den Toren, wie sie erneut zum Angriff übergingen. Ein lauter Knall, dann erzitterten die Torhälften, doch sie hielten stand. Wie lange noch? Die Feinde versuchten nochmals, sie mit einem heftigen Stoß aufzubrechen.
Bevor Gerrit wusste, was geschah, verließen alle Einwohner panisch ihre Häuser, um aus der Stadt zu kommen. Überall erhoben sich Schreie und Hilferufe. Die Verzweiflung überkam jetzt jeden und Hunderte von Menschen rannten panisch umher, schubsten sich gegenseitig aus dem Weg und versuchten ihren Vordermann zu verdrängen. Direkt vor Gerrits Augen wurde ein Kind, das aus voller Seele kreischte und sich gerade zu Boden warf, von seiner Mutter weggezerrt. Jeder Einwohner wollte noch etwas aus seinem dürftigen Haushalt retten: Schinken, Brote, Decken, sogar Töpfe hielten sie in den Händen.
Der Schweiß lief Master Dranal den Rücken herunter, seine Beine fühlten sich schwer und träge an. Er musste jetzt Ruhe bewahren und nicht auch in Panik geraten.
Die Lage schien ausweglos. Wie konnte er den panischen Menschen erklären, dass die Schlacht verloren war? Wo rannten sie hin? Vielleicht zum Palast? Er glaubte kaum, dass Verson alle Bürger bei sich aufnehmen konnte oder wollte.
Ohne den Blick von dem Chaos abzuwenden, holte er noch einmal tief Luft und erhob sicher seine Stimme. „Männer, bringt die Verletzten in den Palast! Jazem, geh zu Verson und sage ihm, dass Jeremia verletzt wurde, und dass wir uns zurückziehen mussten, weil wir in der Unterzahl waren und wir nicht mehr lange standgehalten hätten! Ich komme gleich nach und bespreche mit ihm, was wir tun können."
Die Männer machten sich auf dem Weg zum Palast. Einige Krieger blieben zurück und bewachten die Tore. Falls sie aufgebrochen werden sollten, würden sie bereit sein, den Kampf erneut aufzunehmen. Talon führte schnell Gerrit zum Haus, wo Jeremia sich befand. Er kam in das Schlafzimmer und erkannte sofort, wie schlecht es seinem besten Freund ging. Ein Arzt war schon eingetroffen und behandelte ihn gerade.
„Wie schlimm ist es?", fragte er den Medikus.
„Ich konnte zwar die Blutung stoppen, aber er hat schon sehr viel Blut verloren, deswegen ist er sehr schwach. Die Wunde habe ich gereinigt, desinfiziert und so gut es ging zugenäht. Ich werde ihm noch einen Verband anlegen, aber es wird eine Weile dauern bis er wieder zu Kräften kommt. Momentan ist er bewusstlos, und das ist auch besser so, denn er würde schlimme Schmerzen ertragen müssen. Doch er wird wieder gesund, auch wenn es seine Zeit braucht. Die Wunde ist zwar tief, und ich habe versucht, mein Bestes zu geben."
In Gerrit löste sich der Knoten, der sich in seinem Hals gebildet hatte. Die Sorge, dass Jeremia sterben würde, hatte ihn fast verrückt gemacht. „Ich muss zu Verson. Wir sind noch nicht außer Gefahr. Die Capitaner versuchen, die Tore zu durchbrechen. Wir müssen etwas dagegen tun. Ich lasse Master Nahal in diesem Haus, in Ihren Händen. Ich weiß, dass alle Bürger versuchen, aus der Stadt zu fliehen. Doch ich befürchte, dass sie nicht weit kommen werden, denn draußen wartet der Feind nur darauf. Ich werde Ihnen drei meiner Krieger zum Schutz hierlassen. Sobald ich kann komme ich zurück, um Sie alle von hier wegzubringen."
„Der Transport würde ihm jetzt mehr schaden als helfen. Wir warten hier auf Sie", erklärte der alte Mann.
„Ich bin Ihnen zu tiefstem Dank verpflichtet." Gerrit verbeugte sich und verließ das Haus mit den Zwillingen. Zuvor bat er Casper und noch zwei weitere Krieger, bei Jeremia zu wachen.
Als sie mit schnellen Schritten den Weg zum Palast hinauf eilten, sprach keiner. Zu tief saß das Grauen, das sie gerade erlebt hatten, und es war noch nicht vorbei.
Die Dunkelheit hatte sich über die Stadt gelegt. Eine Wolkendecke bedeckte den kompletten Himmel. Vor den Stadtmauern versuchten die Capitaner, unentwegt in die Stadt zu gelangen.
Nur noch wenige Bürger hatten den Mut in ihren Häusern zu bleiben. Sie verbarrikadierten sich und wurden Gefangene in ihrem eigenen Heim. Der Anblick der leeren Straßen und Gassen, die hinterlassenen Häuser, stellenweise wurden sogar
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