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Galaxis Science Fiction Bd. 03

Galaxis Science Fiction Bd. 03

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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er auf dem Mars war, hatte er nur wenig von seinem anfänglichen Vergnügen an der Schwungkraft verloren, die ihm die geringe Gravitation des Planeten gab. Das Gehen bereitete keine Mühe – im Gegenteil, es war ein spielerischer Spaß –, und in der dünnen Luft genügte eine Stunde Sonnenschein, um die frostige Kühle der Nacht aus der offenen Landschaft zu vertreiben. Mittags würde dann die Sonne unangenehm herunterstechen, und am Abend würde die Kälte so plötzlich zurückkehren wie sie verschwunden war. Jetzt, am frühen Morgen, konnte man glauben, einen wundervollen Herbsttag auf der Erde zu erleben.
    Hinter ihm – in den Häusern, die rechts und links die einzige Straße der Siedlung umsäumten – kleideten sich jetzt die Menschen hastig an, aßen ihr Frühstück, die Verheirateten zu Hause, die Junggesellen im gemeinschaftlichen Speisesaal, machten sich fertig für die Arbeit des Tages. Vor ihm erhoben sich die blauschimmernden Wände des Labors gegen den prächtigen und eindrucksvollen Hintergrund des Lacus Solis. Das uralte ausgetrocknete Ozeanbett verlor unter den Strahlen der Morgensonne sein totes Aussehen und glitzerte mit dem farbenprächtigen Leben der kleinen Salz- und Mineralpartikelchen, die in den vergangenen Jahrtausenden das nun schon lange verschwundene Wasser abgesetzt hatte. Die klaren Linien des neuen Gebäudes gegen das funkelnde Land waren gleichzeitig eine Herausforderung zu neuen Taten und eine Bestätigung alter Erfolge: Hier zeigt sich, was der Mensch vermag, und hier ist alles, was er dazu braucht, um es zu tun.
    Eine zweite Chance für die Menschheit, dachte Tony. Hoffentlich verpassen wir sie nicht wieder.
    Tony schloß den kleinen Schrank auf, der in die massive bleigepanzerte Tür des Labors eingebaut war, und nahm seinen Schutzanzug heraus – vermutlich das einzige Kleidungsstück, das die Kolonie jemals von der Erde importiert hatte. Aber bevor er ihn anzog, drehte er sich noch einmal um und warf einen letzten Blick auf die kleinen, dicht aneinandergedrängten Häuser der Kolonie, wo vor ein paar Stunden Polly Kandro ihrem Glauben an Sun Lakes Zukunft in einer sehr persönlichen Art Ausdruck gegeben hatte.
    Die Festigkeit und Geräumigkeit des Labors konnte nicht über die augenblickliche noch nicht sehr rosige Situation der Kolonie hinwegtäuschen. Es war das einzige anständige Gebäude, mit dem Sun Lake bis jetzt aufwarten konnte. Alle anderen Häuser waren aus gestampftem und gepreßtem Marslehm erbaut. Von hier aus zeigten die uniform aussehenden rostroten Hütten Tony eine monotone Reihe identischer Rückseiten, die nur hin und wieder durch ein Plastikfenster unterbrochen wurden.
    Hinter den Hütten – dem alten Kanalbett zu, das ungefähr drei Kilometer vom Lacus Solis entfernt begann – lagen die Versuchsfelder A bis D, das Werk der Schlammwühler, wie die Agronomen der Kolonie liebevoll genannt wurden, die darauf mit Hilfe radioaktiver Bestrahlung und komplizierter Kreuzungsversuche Marspflanzen in etwas zu verändern versuchten, was irdische Tiere ernähren konnte, und Erdpflanzen in etwas, das seine Nahrung aus dem armseligen Marsboden ziehen konnte.
    Mutierte Bohnenpflanzen, deren Vorfahr ein knospentragender Marskaktus gewesen war, wuchsen auf Feld A. MutierterBlumenkohl – jetzt noch kaum so groß wie Äpfel, dunkelbraun und immer noch mit zu viel Blausäure darin, um genießbar zu sein – sprenkelte Feld B. Aber nur noch wenige Pflanzengenerationen, und er würde den Tisch der Kolonisten mit zusätzlicher Nahrung versorgen können, obwohl er wohl immer etwas nach bitteren Mandeln schmecken würde.
    Zehn Kilometer jenseits der Felder reckten sich die zu phantastischen Formen erodierten Rimrock Hügel gegen den Horizont. Bis vor kurzem noch hatte keines Menschen Fuß ihre unberührte Schönheit verletzt. Vor fünf Monaten jedoch waren die ersten Fertighäuser des Arbeiterlagers jenseits der Hügel aufgeschlagen worden. Und vor drei Monaten dann wurde der erste Hochofen von Pittko Drei befeuert: Werk Drei der Pittsburgh Kohle, Koks und Eisen Werke. Jetzt hing ein schmutziger Schleier gelblichen Rauchs von morgens bis abends um die Gipfel.
    Mit einer Grimasse intensiven Abscheus zog Tony den Schutzanzug über seine Kleider.
    Eine zweite Chance für die Menschheit!
    Die Wirklichkeit schien seine idealistischen Pläne Lügen zu strafen. Eine zweite Chance, genau dasselbe zu tun wie auf der Erde. Schon wurde die reine Marsluft durch die Abfallgase irdischer

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