Galaxis Science Fiction Bd. 03
Industrieanlagen verseucht. Und das Lager hinter den Hügeln war nicht das einzige seiner Art. Selbst Sun Lake mußte, um konkurrenzfähig zu bleiben, mit den Wölfen heulen – und das Labor war der traurige Beweis dafür.
Tony überzeugte sich, daß alle Klappen seines Anzugs fest verschlossen waren, und regulierte noch einmal die Sauerstoffzufuhr an seinem Helm. Dann langte er sich den transportablen Geigerzähler aus dem Fach. Er drehte suchend an der Feinstellschraube, bis er das natürliche Hintergrundgeräusch ausgeschaltet hatte und die Nadel auf Null fiel. Erst dann öffnete er die schwere Labortür und begann seinen Rundgang durch das Gebäude.
Wie gewöhnlich befanden sich alle Räume weit unter der Gefahrenschwelle, nur im Isotopenraum fand er eine heiße Stelle. Tony zog mit gelber Kreide eine Warnlinie darum und markierte die Tür des Raumes mit einem großen gelben Kreidekreuz. Als er fertig war, betrat er den Waschraum und prüfte seinen Anzug gegen den dort eingebauten großen Geigerzähler.
Erst als er ganz sicher war, daß auch Handschuhe und Stiefel rein waren, zog er den Schutzanzug aus und warf ihn in den Schlucker der Entseuchungsanlage. Ungeduldig bereitete er sich dann darauf vor, den Rest der Prozedur hinter sich zu bringen. Er hatte noch so viel zu tun. Er mußte unbedingt die Männer erwischen, die gestern abend im Isotopenraum gearbeitet hatten, er mußte zurück ins Spital, um nach Polly und dem Baby zu sehen, und dann mußte er sich um seine anderen Patienten kümmern.
Er zog seine Kleider aus und warf sie in den zweiten Schlukker des Entseuchers, dann rieb er sich mit Sand ab und durchschritt mit angehaltenem Atem den stinkenden Alkoholsprühregen des Duschraums. Methylalkohol, der billiger und leichter herzustellen war als Wasser, und Sand anstelle von Seife machten ein solches Bad zur Qual statt zur Erholung.
Tony beeilte sich, aber als er dann endlich frische Kleider und Sandschuhe angelegt hatte und in die Vorhalle hinaustrat, sah er, daß schon fast alle Laborarbeiter eingetroffen waren. Er zwängte sich an einer eifrig diskutierenden Gruppe vorbei, um in den Korridor zu gelangen, der zum Isotopenraum führte.
»He, Doktor!«
Er verlangsamte seine Schritte und schaute sich nach dem Rufer um, aber das war ein Fehler.
»Wie geht es Polly? Tony, eine Sekunde – wie geht’s dem Baby? Alles in Ordnung? Befinden sie sich wohlauf? Doktor, warte einen Moment. Alles gut abgelaufen? Wo sind sie? Was ist …«
Er beantwortete die gleichen Fragen wohl bald ein dutzendmal. Es hatte den Anschein, als ob die halbe Bevölkerung von Sun Lake hier im Vorraum versammelt war, und alle wollten dasselbe wissen. In seiner Verzweiflung, daß er hier nicht weiterkommen würde, bis er die Neugierde aller befriedigt hätte, stieg er schließlich auf eine herumstehende Leiter und rief:
»Ein Junge – fünf Pfund Erdgewicht – das lebhafteste Baby, das mir je untergekommen ist. Seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Was wollt ihr noch wissen?«
»Wie geht’s Polly?«
»Großartig. Und Jim ebenfalls.« Der Witz wurde gebührend belacht.
Dann sagte einer der Chemiker: »Wie wäre es mit einem Geburtstagsgeschenk. Ich schlage vor, wir bauen endlich das eine Zimmer an Kandros Haus – und zwar sofort.«
Das war ein Angebot, das schon vor Monaten gemacht worden war, aber Polly hatte damals zögernd und etwas abergläubisch abgelehnt. »Dafür ist noch Zeit genug, wenn das Baby da ist«, hatte sie gesagt, und dabei war es geblieben.
Tony wußte warum, wußte um das erste Mal vor elf Jahren, wo Polly sieben Monate lang schwanger gegangen war, und dann all die Dinge, die sie für das Baby so liebevoll zusammengetragen hatte, wieder hatte wegpacken müssen. Vier Jahre hatten sie dann noch in ihren Kartons gelegen, und Polly hatte noch zwei Fehlgeburten durchmachen müssen, bevor sie sie dann unter Tränen einer glücklicheren Mutter gegeben hatte.
»Wann kommt sie nach Hause, Doc?« fragte einer der Elektroingenieure. »Wieviel Zeit bleibt uns?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht schon morgen früh«, antwortete Tony. »Sie fühlt sich wohl. Eigentlich dreht es sich nur darum, wo sie am besten aufgehoben ist. Ich glaube auch nicht, daß sie noch lange im Spital bleiben möchte. Immerhin ist es ja auch nicht dazu geeignet, Rekonvaleszenten mit Luxus zu umgeben.« Sie kannten alle den engen kleinen Raum. Er wartete, bis sich das Gelächter gelegt hatte und fügte hinzu: »Morgen,
Weitere Kostenlose Bücher