Galaxis Science Fiction Bd. 06
der Bericht, den unser Freund Graham über uns verfaßt hat: Bei meiner Ankunft in Sun Lake wurde ich von einer verängstigten und schuldbewußten Menge begrüßt. Kein Wunder. Nach zwei Tagen Aufenthalt in dieser Kolonie kann ich all den unverbesserlichen Idealisten antworten, die da behaupten, die Hoffnung der Erde läge auf dem Mars. Das ist meine Antwort. In diesen zwei Tagen auf dem Mars ist mir folgendes begegnet: Trunkenheit, Prostitution, Rauschgiftsucht, Abtreibung und Mord. Es ist nicht meine Aufgabe, darüber zu bestimmen, ob Sun Lake, der offensichtliche Mittelpunkt dieser Vorfälle, von den Behörden aufgelöst und seine Bewohner wieder zur Erde deportiert werden sollen, aber ich weiß –«
»Das ist unglaublich!« unterbrach Nick. »Ich habe doch selbst gehört, wie er sagte –« ärgerlich stand er auf.
Tony streckte eine Hand aus, um ihn zurückzuhalten. »Er hat uns nichts fest versprochen gehabt, Nick. Wir haben aus seinen Worten nur herausgehört, was wir hören wollten. Er hat gesagt, daß er einen Bericht schreiben würde, nichts weiter.«
»Mir genügt das«, antwortete Cantrella. »Er hat es versprochen, und, bei Gott, er wird sein Versprechen auch halten.«
»Setz dich hin, Nick«, sagte Mimi. »Angenommen, wir verabreichen Graham eine tüchtige Tracht Prügel für seine Hinterlist, dann hilft uns das kein bißchen weiter. Harve, du gehst wieder zurück zur Station! Sag unterwegs einem der Kinder, daß sie Graham hierher bringen sollen. Falls er noch schläft, sollen sie ihn wecken. Wir werden den Rest seines Artikels durchlesen, während wir auf ihn warten.«
Harve schlug die Tür hinter sich zu, und Mimi drehte sich den anderen zu. Sie händigte die Papiere Gracey aus. »Hier, Joe, du bist am ruhigsten. Lies du uns vor!«
DAS kann er doch nicht mit uns machen!« protestierte Nick wütend, als Gracey geendet hatte. »Der ganze Artikel steckt voller Lügen. Der Mord war nicht in Sun Lake, sondern drüben bei Pittko, und die meisten anderen Sachen haben sich ebenfalls woanders zugetragen. Wie kann er –«
»Er kann«, sagte Tony mit ruhiger Stimme. »Er hat es ja schon getan. Brauchst du noch mehr, um dich vom Gegenteil zu überzeugen?«
»Er hat seine Worte sorgfällig ausgewählt«, sagte Gracey. »Das meiste sind nicht unbedingt Lügen, nur Andeutungen und versteckte Hinweise.«
»Wir müssen schon annehmen, daß er gerissen genug ist, eine Geschichte schreiben zu können, die ihm nicht sofort eine Verleumdungsklage auf den Hals bringt.« Mimi hatte ihre Haltung wiedergewonnen. »Eine Stelle habe ich allerdings entdeckt, an der er, wie ich glaube, gestolpert ist. Kann ich die Papiere noch einmal haben, Joe?«
Ihre Augen leuchteten, als sie wieder aufblickte. »Wir haben ihn«, sagte sie leise. »Ich bin überzeugt davon. Diese Sache über Polly.« Sie las laut vor: »….die junge Mutter eines neugeborenen Babys, die ihr Kind nicht nähren kann, weil sie hoffnungslos marcainesüchtig ist. Dieser Reporter war dabei, als der Arzt der Kolonie wieder einmal gerufen werden mußte, um das Baby vor einem neuen Anfall seiner hysterischen Mutter zu schützen… Tony, du kannst bezeugen, daß das unwahr ist.«
»Ich bin mir nicht ganz klar darüber«, sagte der Doktor zögernd. »Sicher, ich weiß genau, daß Polly nicht marcainesüchtig ist, aber – das war, es, was ich sagen wollte, als Harve hereingeplatzt kam. Das war der Grund, warum mich Jim gestern nacht geholt hat. Polly war krank, und es besteht kein Zweifel, daß eine Überdosis Marcaine die Ursache war.«
»Was?«
»Polly?
»Aber das ist doch unmöglich! Sie war…«
»Wie hat Graham davon erfahren?«
»Wir schliefen beide, als Kandro kam und mich weckte«, erklärte der Doktor. »Graham muß ebenfalls aufgewacht sein. Ich habe ihn zwar nicht gesehen, aber ich hörte, wie er auf seiner Maschine schrieb, als ich später zurückkam, um das Baby zu untersuchen. Anna erzählte mir dann, sie hätte ihn gesprochen, während sie die Fläschchen für Sunny blies. Sie wußte von keinem Grund, warum sie den Vorfall mit Polly verschweigen sollte. Ich hatte ihr selbst gesagt, daß Graham versprochen hatte, einen für uns günstigen Artikel abzuschicken.«
»Nun, das gibt uns endgültig den Rest«, sagte Nick. »Wo hat Polly das Zeug herbekommen?«
»Das habe ich mich schon selber gefragt«, sagte Tony. »Ich glaube nicht, daß sie es sich selbst besorgt hat. Ihre Reaktionen ähnelten in nichts denen einer Marcainesüchtigen, und
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