Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galaxis Science Fiction Bd. 08

Galaxis Science Fiction Bd. 08

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
Vom Netzwerk:
dieses ineinanderverwobene Gefüge ihrer symbiotischen Abhängigkeit voneinander. So lange schon, daß selbst der Begriff für einen Anfang aus ihrem Bewußtsein entschwunden war, waren sie zivilisiert.
    Auf ihre Weise zivilisiert.
    CAPTAIN Griswold starrte mit unbeweglichem Gesicht auf den Sichtschirm und das rote Land, das unter dem Schiff vorbeihuschte. Unwillkürlich richtete er sich zu seiner ganzen Größe auf und genoß das männliche Gefühl, wie die Uniform sich über seiner sich ausdehnenden Brust spannte. Entschlossen verdrängte er dabei aus seinen Gedanken das Bild unzähliger Generationen von Schulkindern, die gehorsam ihre Lektion memorierten:
    Am 14. Juni des Jahres 2018 ergriff Captain Thomas Griswold Besitz vom Mars.
    Nein, er durfte nicht zulassen, daß persönliche Eitelkeit seine eigenen Erinnerungen an diesen Augenblick beschmutzte. Es gehörte momentan nicht hierher, daß später sein Name zusammen mit den größten Namen der Geschichte aufgezählt werden würde. Doch trotzdem – das Historische des Augenblicks ließ sich nicht leugnen.
    Leutnant Atkinsons störte ihn in seinen Betrachtungen und rettete ihn vor der Spekulation, ob er seine Mütze nicht doch noch etwas verwegener aufsetzen sollte. Er müßte einen neuen Brauch ins Leben rufen – etwas, das alle auszeichnete, die mit ihm auf dem Mars gewesen waren…
    »Ein neuer Kanal, Sir.«
    Unter ihnen erstreckte sich eine graugrüne Linie bis zum Horizont. Sie stand im scharfen Gegensatz zu dem roten Eisenoxyd der übrigen Landschaft. Ein ganzer Planet aus Eisenoxyd – Eisen – Stahl für die hungernden Hochöfen der Westlichen Allianz. Der Captain fühlte einen leisen Ärger in sich hochsteigen über diesen Kanal, der das kostbare Eisenerz verdrängte.
    Offensichtlich dienten diese Kanäle überhaupt keinem Zweck. Das Schiff hatte den Planeten in Äquatorhöhe umkreist und dann wieder von Pol zu Pol. Überall Kanäle, aber das war auch alles. Genug Zeit und Treibstoff waren jetzt vergeudet worden. Es war an der Zeit zu landen. Und augenscheinlich gab es auch kein intelligentes Leben. Aber er durfte nicht zulassen, daß ungebührliche Hast dem Historischen des Augenblicks Abbruch tat. In dem Buch, das einmal geschrieben werden würde, durfte kein Fragezeichen stehen, durfte sich keine Stimme der Kritik erheben können.
    »Meine Empfehlung an Mr. Berkeley«, sagte er zu Leutnant Atkinson, »und würde er bitte so freundlich sein und in den Kontrollraum kommen.« Er zögerte und fügte dann noch hinzu: »Sobald es ihm möglich ist.«
    Mister Berkeley, wahrhaftig! Wie nannte man doch gleich sein Fachgebiet? Ethnologie. Ein Bursche, der ein Experte für Rassen und Zivilisationen sein sollte, für die Sitten und Gebräuche intelligenter Wesen. Nun, der Mann war nur unnötiger Ballast. Hier gab es keine Rassen, mit denen man Verbindung aufnehmen konnte. Und das war gut so. Diese Wissenschaftler mit ihren Ideen – zeige ihnen einen Zahn, und sie träumen sich ein ganzes Ungeheuer zusammen. Zeige ihnen eine mit dem Fingernagel eingekratzte Linie, und sie schließen auf eine ganze Zivilisation. Unsinn!
    »Sie wollten mich sprechen, Captain?« Die Stimme war jung, ruhig, beherrscht.
    Ohne ungebührliche Hast drehte sich Captain Griswold um und blickte Berkeley entgegen. Nicht nur ein Theoretiker, sondern auch noch ein junger Theoretiker. Diese übergescheiten jungen Männer mit ihren durchdringenden blauen Augen. Eine Menge Auswendiggelerntes und keine Erfahrung, eine Menge Weisheit und kein gesunder Menschenverstand. Sorgfältig kontrollierte er den Klang seiner Stimme, um den Zivilisten nichts von seinem mangelnden Respekt merken zu lassen.
    »Nun, Mr. Berkeley, wir haben den Planeten völlig umflogen. Wir haben keinerlei Anzeichen für eine Zivilisation entdecken können.«
    »Sie zählen die Kanäle nicht dazu, Captain?« fragte Berkeley – mehr aus Neugierde, als um die Worte des Captains zu widerlegen.
    »Ich kann sie nicht dazu zählen«, sagte der Captain mit Endgültigkeit in seiner Stimme. »Wir haben weder Gebäude noch Ruinen entdecken können, noch sonst irgendwelche Anzeichen, die für die Existenz einer Zivilisation sprechen.«
    »Ich betrachte gerade Linien, die über den halben Planeten laufen, immerhin als Beweis für etwas, Sir.« Es war ein leidenschaftslos hingeworfener Satz.
    Argumente! Argumente! Kleine Leute, die sich aufblasen müssen – die Heiligkeit des Augenblicks zerstören. Aber ruhig jetzt! Es darf zu keiner

Weitere Kostenlose Bücher