Galaxis Science Fiction Bd. 08
Seine Beine waren vom langen Sitzen fast eingeschlafen.
Er trat durch die Tür, und der junge Soldat schloß sie hinter ihm. Der Verwalter, ein magerer Mann in Helmuts Alter mit nichtssagendem Mund, farblosen Augen und militärischer Steifheit in seiner Haltung, schaute auf.
»Sie können gehen, Price«, sagte er zu dem Wachposten – und zu Helmut: »Nehmen Sie Platz, Perran.«
Helmut setzte sich in den Stuhl vor dem Schreibtisch. Der Verwalter blickte ihn einen Augenblick an.
»Nun, Perran«, sagte er schließlich, »Sie können sich selber beglückwünschen. Sie gehören zu den wenigen, die das Glück gehabt haben.«
Helmut starrte ihn eine lange Zeit wortlos an, dann plötzlich spürte er, wie Übelkeit in ihm hochstieg. Ein Schluchzen würgte ihn in der Kehle. Er legte den Kopf auf den Tisch vor sich und fing an, haltlos zu weinen.
Der Verwalter zündete sich eine Zigarette an, rauchte schweigend und starrte dabei aus dem Fenster. Das Geräusch des Weinens klang unnatürlich laut in der Stille des Raums. Als es endlich leiser wurde und in immer größer werdenden Zwischenräumen kam, hob der Mann hinter dem Schreibtisch erneut zu sprechen an.
»Sie werden darüber hinwegkommen«, sagte er. »Es wäre sogar ein schlechtes Zeichen, wenn Sie jetzt nicht weinen würden.«
Helmut hob seinen Kopf.
»Was ist mit mir geschehen?« fragte er mit heiserer Stimme. »Sagen Sie mir, was ist geschehen?«
Der Verwalter paffte nachdenklich an seiner Zigarette.
»Sie wurden einer der Mausefallen zugeteilt«, sagte er dann. »Es ist eine riskante Sache, für die sich Strafgefangene freiwillig melden können. Normalerweise bekommen wir nur zum Tode Verurteilte oder Lebenslängliche. Sie waren eine Ausnahme.«
»Aber habe ich mich denn freiwillig gemeldet?«
»In Ihrem Fall hat jemand vielleicht ein wenig nachgeholfen. Wir sind gerade dabei, der Sache nachzugehen. Wenn es zutrifft, dann haben Sie Anspruch auf eine Entschädigung. Ich glaube nicht, daß Sie sich erinnern, wie Sie auf die Mausefalle kamen?«
HELMUT schüttelte verneinend seinen Kopf.
»Nun, das überrascht mich nicht weiter«, sagte der Mann hinter dem Schreibtisch. »Wenige können es, obwohl – theoretisch zumindest – nach dem Einfang eines Spezimens die hypnotische Sperre verschwinden sollte. Um es kurz zu machen, Sie wurden einer psychologischen Behandlung unterzogen, die sie für das einsame Leben auf einer Mausefalle fit machen sollte. Das ist unbedingt notwendig, denn gewöhnlich verbringen unsere Köder ihr ganzes Leben darauf, ohne jemand anzulocken. Wie gesagt, sie haben Glück gehabt, Perran.«
»Aber was ist eine Mausefalle?« fragte Perran Helmut verständnislos.
»Das System der Mausefallen«, antwortete der Verwalter, »ist unser erster Schritt auf dem Weg der Erforschung und Integration fremder Rassen in dem menschlichen Herrschaftsbereich. Wir nehmen einen kleinen Planetoiden, bemannen ihn mit einem Verbrecher und schießen ihn in einen Raumsektor, wo wir das Vorhandensein fremden Lebens vermuten. Wenn wir Glück haben, werden die Fremden neugierig und schauen sich unsere Falle näher an, und unser Mann klappt sie zu. Wenn wir Pech haben, nun ja –
Sie hatten Glück. Sie sind jetzt zurück auf Kronbar, und wir haben ein feines Paar bis jetzt unbekannter Exemplare für unser Labor.«
Helmuts Körper überlief ein unkontrolliertes Zittern, und er bedeckte seine Augen mit einer Hand, als ob er mit dieser Geste die Erinnerung auslöschen könnte.
»Das Wachschiff brauchte so lange, bis es kam«, murmelte er. »So lange. Tage. Und ich mußte ihnen zusehen, wie sie in dem Energiefeld hingen wie Fliegen in einem Spinnennetz. Ich konnte das Haus nicht verlassen, wenn ich nicht auch gefangen werden wollte, und die ganze Zeit über sprachen sie zu mir mit ihrem kleinen Kasten. Sie konnten nicht verstehen, warum ich es getan hatte. Aber dann wurden sie schwächer und schwächer, und schließlich starben sie. Und dann hingen sie einfach so da, denn das Feld hielt sie aufrecht, und sie konnten nicht zu Boden fallen.«
Seine Stimme war immer leiser geworden, bis sie bei den letzten Worten unhörbar verklang.
Der Verwalter räusperte sich.
»Zweifellos keine angenehme Zeit für Sie«, sagte er. »Aber vielleicht tröstet es Sie etwas, zu wissen, daß Sie der menschlichen Rasse einen sehr wertvollen Dienst geleistet haben.« Er erhob sich. »Und jetzt, falls Sie keine weitere Fragen haben –«
»Wann kann ich nach Hause?« fragte Helmut.
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