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Galaxis Science Fiction Bd. 11

Galaxis Science Fiction Bd. 11

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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können, um Hilfe herbeizurufen. Nach der Art, wie sie mich ansah – äußerlich höflich und doch sichtbar nervös –, würde dieser Schrei auch nicht lange auf sich warten lassen.
    »Ich habe mich im Zimmer geirrt«, sagte ich und drängte mich an ihr vorbei auf den Korridor, wo ich zu laufen anfing.
    »Aber Sie mißverstehen mich«, rief sie mir nach. »Ich möchte Ihnen wirklich helfen…«
    Ja, helfen, dachte ich, während ich auf den Ausgang zur Straße zuhastete. Vor der Tür zögerte ich. Ich war völlig im unklaren, ob sie nun die Polizei alarmiert hatte und wie, aber wenn, dann würde ich natürlich am leichtesten auf der Straße aufgegriffen werden.
    Ich drückte also die Tür auf und schlug sie wieder zu, wobei ich hoffte, daß sie es hören würde. Dann lief ich durch einen neuen Korridor, fand eine Tür, öffnete sie vorsichtig und stieg leise die dahinterliegenden Stufen hinab.
    Im Keller schaute ich mich nach einem Ofen oder einer Kohlenkiste oder sonst was um, wohinter ich mich verstecken könnte, fand aber nichts. Ich weiß nicht, woher sie ihre Wärme bekamen, vermutlich von einer zentralen Atomkraftanlage, die die ganze Stadt versorgte. Rohrleitungen waren allerdings auch nicht zu sehen.
    Ich kauerte mich in die dunkelste Ecke, die ich finden konnte, und hoffte inbrünstig, daß sie sich dort nicht umschauen würden.
    ES wurde Abend, und ich verspürte allmählich Hunger. Ich verließ die Schule, wobei ich mich nach jedem Schritt vergewisserte, daß mir niemand folgte.
    Die Straßen des Einkaufszentrums waren mehr oder weniger verlassen. Ein Restaurant war nirgends zu sehen. Mein Magen war so leer, daß mir regelrecht übel wurde, während ich vergeblich nach einem suchte. Aber dann fiel mir etwas siedendheiß ein, und ich blieb mit einem Ruck stehen.
    Selbst wenn ich ein Restaurant finden würde, womit sollte ich bezahlen?
    Jetzt wurde mir plötzlich alles klar. Sie hatte die alten Leute mit ähnlichen Aufträgen wie den meinen in die Vergangenheit geschickt… und sie waren langsam verhungert, weil sie sich keine Lebensmittel kaufen konnten.
    Nein, das konnte nicht stimmen. Ich entsann mich der Worte, die ich Lou Pape gegenüber geäußert hatte. Jedermann, der hungrig ist und kein Geld hat, um seinen Hunger zu stillen, konnte immer noch eine Mahlzeit stehlen oder erbetteln.
    Nur – hier in dieser Stadt hatte ich noch keinen Ort gesehen, wo er das hätte tun können.
    Und… ich dachte an frühere Zeiten, wo es üblich war, jemand die Hand abzuhacken, nur weil er einen Laib Brot gestohlen hatte.
    Diese Zivilisation sah zwar nicht so aus, als würde sie derartige drastische Strafen kennen – immer vorausgesetzt, ich würde einen Laib Brot zum Stehlen finden –, aber genausowenig sah man das den anderen Zivilisationen an, in denen dieser barbarische Brauch geübt wurde.
    Ich war müder, hungriger und verängstigter, als ich es je bei einem Menschen für möglich gehalten hätte. Ich war in einer völlig fremden Welt gestrandet, in einer Welt, die mir auf viele Arten den Tod bringen konnte – und Gott allein wußte, was mich in meiner eigenen Zeit erwartete, wenn ich ohne die Informationen zurückkam, um die May Roberts mich ausgeschickt hatte.
    Oder vielleicht auch, wenn ich mit ihnen zurückkam.
    Dieser Gedanke verhalf mir zu einem Entschluß. Was immer hier mit mir geschehen würde, es konnte nicht schlimmer sein als das, was sie mir antun würde. Wenigstens würde ich nicht verhungern.
    Kurzerhand sprach ich einen der Passanten an, nachdem ich vor ihm absichtlich mehrere hatte vorbeigehen lassen, denn dieser Mann war schon älter, hatte ein freundliches, offenes Gesicht und war kleiner als ich, so daß ich ihn niederschlagen und ausreißen konnte, falls er ein Geschrei anstimmte.
    »Hören Sie, mein Lieber«, sagte ich, »ich bin gerade auf der Durchreise…«
    »Ja?« sagte er freundlich.
    »… und ich habe anscheinend meine…« Nein, das war gefährlich. Ich wollte sagen, ich habe anscheinend meine Brieftasche verlegt, aber ich wußte schließlich immer noch nicht, ob sie nun in dieser Ära Geld kannten oder nicht. Er wartete mit einem freundlichen, geduldigen Lächeln, während ich überlegte, wie ich es ihm sagen sollte. »Es ist so, ich habe heute den ganzen Tag noch nichts gegessen, und ich frage mich, ob Sie mir nicht zu einer Mahlzeit verhelfen könnten?«
    Er sagte in dem liebenswürdigsten Ton, den man sich vorstellen kann: »Aber selbstverständlich gern, Mr. Weldon.«
    MEIN

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