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Galaxis Science Fiction Bd. 11

Galaxis Science Fiction Bd. 11

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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muß.«
    »Und wo?« sagte ich atemlos.
    »Warum«, sagte er und tippte mir bedeutungsvoll mit dem Zeigefinger auf die Brust, »befinden sich in Irrenanstalten viel mehr Männer als Frauen?«
    »Du meinst…?«
    Er nickte.
    Danach war es mit mir aus. Ich erstickte fast vor Lachen. Nur mit Mühe brachte ich ein Wort heraus, als die Frauen einen Augenblick später mit ihren Schüsseln, belegten Brötchen und Biergläsern aus. der Küche kamen.
    »Heh – hallo, Fremdling«, prustete ich los, als ich Jane sah.
    Und ich bekam einen neuen Anfall, besonders als ich zu Harry hinüberblickte und die entsetzte Miene sah, die er aufgesetzt hatte, schreckerfüllt, ganz verfallen – besser, viel besser, als ich es jemals bei einem Berufsschauspieler gesehen hatte.
    Der Ausdruck auf den Gesichtern der Frauen brachte mich schließlich wieder in die Wirklichkeit zurück – dieser gelangweilte Ausdruck –, und ich versuchte, ihnen den Spaß zu erklären. Auch Harry lachte, wenn auch etwas gequält – was mich überraschte, denn gewöhnlich bleibt er ernst und zeigt nur eine leichte Neugierde, wenn jedermann in der Runde sich bei einer seiner Geschichten vor Lachen krümmt.
    Ich fing also an zu erzählen, kam ungefähr bis zur Hälfte und – na, ja, Sie wissen, wie es ausgeht. Ich schaute Harry hilfesuchend an, aber er gewährte mir keine. Ich fing an zu stottern, und dann war es aus.
    »Es muß daran liegen, wie er es erzählt«, seufzte ich. »Keiner kann so gut Geschichten erzählen wie Harry.«
    Sie sehen, was ich meinte. Frauen halten Harry eben nicht für spaßig.
    Nun, der Abend wurde trotzdem noch ganz nett. Als wir dann aufbrachen, hörte ich, wie Lucille in etwas scharfem Ton sagte: »Harry, du weißt, daß die Warmwasserheizung nicht ganz in Ordnung ist. Du hast mir schon seit Tagen versprochen, dich darum zu kümmern, und du mußt es unbedingt noch heute abend tun, weil ich morgen waschen will.« Ich hörte Harry mit milder und folgsamer Stimme antworten: »Ja, Liebling«, und ich dachte, der Bursche muß eben irgendwo Dampf ablassen, und rechnete damit, die Geschichte auch noch mal im Büro zu hören.
    Was beweist, wie sehr man sich doch irren kann.
    AM nächsten Morgen rief Lucille an und sagte, daß Harry krank wäre – ein Schlaganfall oder eine Herzattacke oder so etwas – und nicht zur Arbeit kommen könne. Ich rief ein paarmal an, aber Lucille sagte mir, daß Harry zu krank wäre, um Besuche empfangen zu können. Ich wußte, daß das stimmte, denn Lucille hatte Dr. Clarke, die Ärztin, kommen lassen, und Harry hatte immer gesagt, von der würde er nicht mal seinen kranken Hund behandeln lassen. Deshalb wußte ich, daß Harry zu krank und zu gleichgültig war, um sich darüber aufzuregen.
    Es ist schon komisch, wie schnell es manchmal mit einem Menschen zu Ende geben kann, und ich mußte daran denken, wie traurig es doch war, daß Harrys größte Leistung, der Höhepunkt seiner Karriere als Erzähler, mit ihm ins Grab sinken würde, und was für eine Schande, daß große Erzählerkunst so einfach verschwinden konnte, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.
    Deshalb versuchte ich, die Geschichte zu rekonstruieren – aber ich konnte mich nicht so besonders gut erinnern, besonders nicht an die Zitate. Darum forschte ich selber ein bißchen nach, nur um ein paar Beispiele geben zu können, und ich stöberte sogar ein paar auf, die Harry übersehen hatte.
    Eines davon kennt wohl jeder. Das eine von Kipling, das mit ›Das Weibchen der Gattung‹ beginnt. Auf ein anderes Beispiel kam ich durch bloßes Nachdenken. Warum, so fragte ich mich eines Tages, gibt es mehr Witwen als Witwer? Natürlich fiel mir darauf keine Antwort ein.
    Es ist wirklich eine Schande mit Harry. Ein wirklich fabelhafter Bursche, ein Komiker, der leider niemals eine Chance hatte, sein großes Talent vor der Öffentlichkeit zu produzieren – meiner Meinung nach spaßiger als jeder andere im Radio, im Fernsehen oder auf der Bühne, was das betrifft – und jetzt auf dem besten Wege, sich die Radieschen von unten anzusehen. Das mindeste, was ich zu seinem Andenken tun kann, ist, den größten Ulk, den er sich jemals erdacht hatte, als eine Art Denkmal seiner Person zu rekonstruieren und zu erhalten.
    Nun, ich bin damit fertig. Morgen werde ich die Jungens im Büro damit überraschen. Sie werden sich bestimmt köstlich amüsieren. Sinnlos, es den Frauen zu zeigen, nicht einmal Jane. Wie ich schon mehrmals sagte, Frauen halten Harry nicht für

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