Galaxis Science Fiction Bd. 14
dann wenige Monate später selbst als Opfer dienen – falls er vorher mit dem Leben davongekommen war.
Das, im wesentlichen, waren die Regeln dieses makabren Spiels. Jede Person konnte soviel Morde beantragen wie sie wollte. Aber nach jedem Mord mußte sie Opfer sein. Wer Glück hatte und seinen Jäger töten konnte, konnte aufgeben oder sich für eine neue Jagd vormerken lassen.
Gegen Ende der ersten zehn Jahre hatte ein geschätztes Drittel der zivilisierten Menschheit wenigstens je einen Mord beantragt. Die Zahl sank dann ab auf ein Viertel und blieb dort hängen.
Die Philosophen schüttelten ihre weisen Häupter, aber die praktisch denkenden Männer waren zufrieden. Der Krieg war dort, wo er hingehörte – in den Händen des Individuums.
Natürlich erfuhr das Spiel im Laufe der Zeit einige Wandlungen und Verfeinerungen. Und nachdem man sich erst einmal mit seinem Vorhandensein abgefunden hatte, nahmen sich smarte Geschäftsleute seiner an. Es gab einen Kundendienst für die Jäger wie für die Gejagten.
Das Büro für emotionale Katharsis wählte den Namen des Opfers durch das Los. Der Jäger hatte dann sechs Monate, innerhalb denen er sein Opfer töten mußte. Das mußte er tun ohne Inanspruchnahme irgendeiner fremden Hilfe. Er bekam den Namen des Opfers, seine Adresse und eine Personalbeschreibung. Er durfte keine andere Waffe als eine Standardpistole benutzen. Ein Schutzpanzer, kugelsichere Westen oder ähnliches war ihm verboten.
Das Opfer bekam seine Benachrichtigung eine Woche vor dem Jäger. Es wurde ihm nur mitgeteilt, daß es ein Opfer wäre. Es kannte weder den Namen des Jägers, noch besaß es sonstige Anhaltspunkte über ihn. Es hatte jedoch die freie Wahl, was Waffen und Panzerung betraf. Es durfte auch Kundschafter in seine Dienste nehmen. Ein Kundschafter durfte persönlich nicht töten, das durften nur Jäger und Opfer. Aber er konnte einen Fremden in der Stadt entdecken und ihn dem Opfer melden.
Das Opfer durfte im Hinterhalt liegen und alle nur erdenklichen Schlingen auslegen, um seinen Jäger unschädlich zu machen.
Für den Fall, daß der falsche Mann getötet oder verwundet wurde, drohten harte Strafen, denn keine andere Art von Mord war gestattet. Auf eine Tötung aus Mißgunst oder Geldgier stand die Todesstrafe.
Das Großartige an dem System war, daß die Leute, die unbedingt jemand töten wollten, dazu Gelegenheit bekamen. Die anderen, die das nicht wollten – und das war der überwiegende Teil der Bevölkerung – brauchte es nicht mehr.
Auf diese Weise gab es wenigstens keine großen Kriege mehr. Nicht einmal die Drohung solcher. Nur Hunderttausende kleiner Kriege.
FRELAINE behagte der Gedanke, eine Frau töten zu müssen, zwar nicht besonders, aber schließlich hatte sie es so gewollt. Ihn traf keine Schuld. Auf der anderen Seite hatte er nicht die Absicht, sich seine siebente Jagd verderben zu lassen.
Er verbrachte den Rest des Vormittags damit, die Angaben über sein Opfer auswendig zu lernen, und legte dann den Brief zu seinen Akten.
Janet Patzig wohnte in New York. Das war ein angenehmer Punkt. Er liebte die Jagd in den großen Städten, und außerdem hatte er sich immer schon einmal gewünscht, New York besuchen zu können: Ihr Alter war nicht angegeben, doch nach den Fotos zu urteilen, schien sie knapp über Zwanzig zu sein.
Frelaine ließ sich einen Flugplatz reservieren und nahm dann ein Bad. Er kleidete sich sorgfältig an. Er trug einen neuen Protex-Spezialanzug, den er sich extra für diese Gelegenheit hatte anfertigen lassen. Aus seinem Waffenarsenal wählte er eine Pistole aus, säuberte und ölte sie und steckte sie dann in das Auswerferfutteral seiner Jacke. Dann packte er seinen Koffer.
Er befand sich in einem Zustand freudiger Erregung. Seltsam, dachte er, wie jede neue Jagd das Blut durch die Adern jagte. Es war etwas, dessen man einfach nicht müde wurde, so wie man vielleicht französischer Pasteten oder Frauen oder des Alkohols überdrüssig werden konnte. Eine Jagd war immer wieder neu und – einfach anders.
Endlich dann schaute er seine Bücher durch, um zu sehen, welche er am besten mitnehmen sollte.
Seine Bibliothek enthielt alle einschlägigen Werke über das Thema. Seine Bücher für Opfer würde er wohl nicht gebrauchen, wie Fred. L. Tracys Taktiken für Opfer, mit seiner Betonung streng kontrollierter Umweltsbedingungen, oder Dr. Frischs Denke nicht wie ein Opfer.
Diese würden in wenigen Monaten für ihn interessant werden, wenn er
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