Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
langen Stränden von Bahia de Janeiro?
Leider war dieser Versuch zum Scheitern verurteilt, und Michael fing an, willkürlich und per Zufall in den Logbüchern zu wühlen. Dort war jede Datei verzeichnet, die nach Galdäa abgestrahlt worden war. Viele Dateikürzel sagten Michael nichts, unaussprechliche Zahlen-Buchstaben-Kombinationen, die bestenfalls für Informationshistoriker entschlüsselbar waren. Einiges war erkennbar, komplette Buchtitel etwa oder große Kataloge. Und es ergab ein grobes Bild, was Michael da fand. Zuerst hatte Galdäa wahllos und bunt durcheinander alles abgerufen, was verfügbar war. Die Geschichte der Hethiter folgte der Irrlehre der Phrenologie, und nach voroktogonischer Elektromalerei hatte man sich für sämtliche Nacherzählungen der Artussage interessiert. Später verrieten die Anforderungen aller Terminals einen gezielten Zugriff auf die technischen Errungenschaften der Menschheit; und man war auf Galdäa durchaus nicht zimperlich, was die Themen betraf.
Traktate über die Laterna Magica, Untersuchungen zur lasergestützten Vermessung, Dissertationen über Operationstechniken des inneren Auges, Aufsätze zu quantenphysikalischen Theoremen der vierten Ordnung, Lehrbücher der Astronavigation, Konstruktionspläne von Hochgeschwindigkeitsbooten, Tagungsberichte der Landau-Gesellschaft, Monographien über Kristallmetallurgie, Technikfolgenabschätzungen zu Kraftfeldanwendungen. Von manchen Einträgen verstand Michael nicht einmal das Thema.
Das Gesamtbild stimmte.
Galdäa hatte das technologische Wissen der Menschheit übernommen und in gigantischen Mengen aus den Speicherbänken von Atibon Legba herübergepumpt. Mit zunehmender Treffsicherheit hatten sich die Galdäer alles geholt, was eine hochentwickelte Zivilisation an Wissen benötigte. Und falls sich nicht lauter Dopplungen unter den Sendungen befanden, war das Wissen dieser Könige, Sekundärprinzen, Priester, Mönche, Fürsten lückenlos. Hoffentlich, dachte Michael, waren sie nicht imstande, das alles zu verarbeiten.
Oh, das waren sie. Sie hatten es in nur zwölf Jahren zu eigenen Raumschiffen gebracht, erinnerte er sich. Nicht viele Schiffe und nicht sehr groß, aber immerhin eigene Raumschiffe. Dabei hatten sie Erfahrungen gesammelt mit unserer Technologie. In einigen Jahren waren sie von der ersten Ahnung, dass man so was wie eine Dampfmaschine bauen könnte, zur Konstruktion von interplanetarischen Flugapparaten gelangt. Homo Sapiens hatte dafür zwei Jahrtausende benötigt, die spätägyptischen Spielzeuge eingerechnet. Vielleicht war irgendwo im All ein dubioser Prinz mit einem Häuflein Leibeigener auf der Suche nach Land unterwegs.
Michael schüttelte sich. Warum? Wie war das passiert?
Er forschte weiter. Folgte unscheinbaren Hinweisen. Stieß in Sackgassen vor und kehrte um. Ein Stapel zerknüllten Papiers begann sich aufzuhäufen, unscheinbar neben der schmalen Mappe, in der verwertbare Neuigkeiten verwahrt waren. Nach einigen Momenten, in denen Michael nahe daran war, die Sache aufzugeben, stieß er – wieder einmal – auf das rätselhafte Tefelburger Protokoll. Als wäre dieser Hinweis eine Art Schlüssel gewesen, fing das Protokoll an, durch alle möglichen Unterlagen zu geistern. Dem Tefelburger Protokoll entsprechend ..., wie im Tefelburger Protokoll festgelegt ..., vgl. hierzu das Tefelburger Protokoll ...
Nirgendwo war dieses Dokument zitiert, war auch nur der kleinste Satz daraus entnommen worden. Gab es dieses Protokoll überhaupt? Es war kaum vorstellbar, dass sich so viele verschiedene Dienststellen und Ämter von Atibon Legba auf ein Papier berufen sollten, das es gar nicht gab.
Michael wehrte sich gegen den Gedanken, aber er war zu wahrscheinlich, um sich ersticken zu lassen: Keiner der Verfasser dieser Unterlagen kannte das Protokoll. Es war eine stets benutzbare Entschuldigung für Dinge, die man nicht verstand oder nicht überblicken konnte. Niemand hatte Entscheidungen getroffen, die ihm nicht zustanden – oder für die er nicht genügend informiert war. Also schrieb man einen Hinweis auf das Protokoll.
Selbst die uneingeschränkte Informationsabgabe über die Terminals erklärte sich so. Man besaß keine Einschätzungen, keine Vorgaben in bezug auf die Galdäa. Man verwies auf das Tefelburger Protokoll – was das auch immer sein mochte – und verfuhr, wie dort gesagt war. Keine Vorgaben für eine Einschränkung bedeutet: keine Einschränkung. Eine Maßnahme, die verhindern sollte, dass
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