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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Wehmütig dachte Michael daran, dass Übernachtungen auf Penta V sogar völlig kostenlos waren.
    Zuerst hatte er angenommen, dass sein mitleiderregender Zustand am Vortag dazu geführt hatte, in eine solche Absteige zu geraten. Michael fühlte sich über den Tisch gezogen, bis er die sonstigen Preise auf einer akkurat kalligrafierten, in schmierige Folie eingelassenen Liste studierte. Eine Tasse echten serafimischen Kaffees kostete genauso viel wie die Nacht im Hotelzimmer. Ohne Milch, worauf man ausdrücklich hinwies. Die kostete extra. Eine aus echtem Fleisch zubereitete Mahlzeit schlug mit der zehnfachen Summe irgendwelcher Pflanzenbratlinge zu Buche. Eine Flasche garantiert nicht wiederaufbereiteten Wassers kostete genauso viel wie eine Mahlzeit. Mit wachsender Verblüffung studierte Michael die astronomischen Summen, die man für importierten Wein verlangte. Dabei wurde ihm klar, dass A. L. offensichtlich eines der teuersten Pflaster des bewohnten Kosmos war. Der Zustand und die Kosten seiner Unterkunft hatten also nichts damit zu tun, dass er nach seinem Treffen mit Dan Brögger halb bewusstlos vor Schmerzen und gekrümmt wie ein alter Mann in das Hotel gekommen war.
    Michael hatte das Zimmer gebucht, war nach oben gegangen und hatte sich sofort mit Hilfe seines Medikamentenvorrats in einen Zustand jenseits der Schmerzen versetzt. Nicht alle Substanzen, die er eingeworfen hatte, waren legal. Und sein Zustand war das gewesen, was man krankenhausreif nennt. Kaum, dass er ohne Mühe aufrecht gehen konnte. Er hatte keine erstaunten Blicke des Personals bemerkt. Er hätte sogar einen elektrischen Magub-Drachen übersehen, wenn einer im Foyer gesessen hätte.
    Ein spätes Frühstück war glücklicherweise in der beachtlichen Summe für die Übernachtung enthalten, und Michael hatte ausreichend Chemie getankt, um halbwegs klar zu sein. Der Effekt von dreizehn am Stück verschlafenen Stunden kam hinzu, und so fühlte er sich wieder halbwegs als Mensch.
    Bevor er zu seinem Termin mit Tyrrell – dem famosen alten Knochen – gehen würde, beschloss Michael, ein Telegramm an Nikki zu verfassen. Sie sollte wissen, dass er lebte, und zwar ohne die, nun ja, Einzelheiten. Deswegen kein Gespräch über das Netz. Nur ein Papier, das von hier nach dort übermittelt wurde, als Grafik-Datei oder als schlichter Text auf irgendeiner Bildwand. Michael verspürte absolut keine Lust, Höflichkeiten per Netz mit Nikki zu tauschen. Und er musste irgendwann mit ihrem Vater reden. Der Mann war eine wichtige Figur in dieser Geschichte, und ohne Nikki war es aussichtslos, einen Termin bei Henning Lucas zu bekommen.
    Lange überlegte Michael hin und her. LIEBE NIKKI, schrieb er und starrte auf die Buchstaben, ohne sie zu sehen. Was sollte er schreiben? Dass es ihm gut ging? Das wäre gelogen. Aber kam es darauf an? In dieser Welt, in der festgefügte Dinge zu wanken anfingen und alles sich grauenvoll veränderte? Sollte er ihr schreiben, wie es ihm in Wirklichkeit ging? Wie sich sein zerschnittener und wieder zusammengeflickter Leib anfühlte? Oder wie seinem verwirrten Geist zumute war, der seit dem niederschmetternden Treffen mit Dan Brögger am Rand eines modrigen Loches stand? Sollte er ihr berichten, wie immer wieder und in den seltsamsten Momenten der Gedanke an Tasso und sein rätselhaftes Verschwinden durch seinen Geist huschte? ES GEHT MIR GUT, notierte er.
    Sie würde wissen wollen, wie sein Galdäa-Tick sich entwickelt hatte. Sollte er ihr schreiben, dass Galdäa zu einem Traum geworden war, zu einem Alp? Dass er sich fühlte wie ein Trapper, der ein sterbendes Indianerlager in seine Karte einträgt und weiterreitet? Wahrheiten? Um der Päpste willen, besser nicht. FORSCHUNGEN SCHREITEN VORAN, und dann setzte er dazu: MUSS MIT DEINEM VATER REDEN – MACHE BITTE TERMIN AUS.
    Schnell unterschrieb er, winkte dem Kellner und gab das Formular bei ihm ab. Der Mann musterte es, warf einen Blick auf den bleichen Jüngling und wunderte sich über diese altmodische Art, ein Telegramm aufzugeben. Egal. Er kassierte die Gebühren im Voraus und schritt in mäßigem Tempo von dannen. Eile? Bei einem Telegramm? Wo denken Sie hin? Bei diesen Kosten?
    Später, als Michael vor Tyrrells Haus wartete, dass die vereinbarte Zeit heranrückte, überlegte er vergeblich, wieso Nikki nichts davon gesagt hatte, dass ihr Vater Henning Lucas in die Sache verwickelt war; so was weiß man doch. Dass der eigene Vater mit einem ziemlich widerlichen Krieg zu tun

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