Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
Äquivalent eines Raunens.
Markus schaute Tara ins Gesicht. »Jana hat mir geholfen weiterzuleben«, sagte er, »ohne Jana wäre ich längst ausgebrannt. Ich halte viel von ihr. Jetzt befindet sie sich auf dem Weg hierher und ist in Gefahr.«
»Ich weiß«, sagte Tara. »Mir ist bewusst, dass sie in Gefahr schwebt. Das tun wir alle. Jede Sekunde unseres Lebens.«
Taras Augen verrieten nicht, ob sie ahnte, dass Jana sich selbst an die Stelle gesetzt hatte, an der die alte Sucht Hatakas gewesen war. Markus allerdings war sicher, dass sie etwas ahnte. Hörte sie den blauen Ton der gespannten Bass-Saite?
Bonnie holt tief Luft. Das Implantat stellte sonderbare Töne her, wenn sie das tat. Diese Sorte Weisheit war nicht, was sie hören wollte.
Tara lächelte und sprach weiter. »Jana zählt nicht zu meiner Verwandtschaft. Nicht in demselben Sinn, in dem Sie es verstehen. Und sie ist nicht zufällig aus dem Photek-Institut entflohen.«
Markus starrte das ätherische Wesen im Sessel an und drehte sich zu Bonnie um. Die Soldatin grinste über das ganze Gesicht.
»Es ist wieder passiert, nicht wahr?«, fragte sie, und ihre Augen leuchteten in einer merkwürdigen Art von Triumph. Ihre Stimme summte. »Ihr seid uns wieder um Längen voraus, habe ich recht? Wir können euch gar nichts Neues mehr erzählen. Ihr seid längst auf dem Laufenden. Bestens informiert. Bei den Päpsten, bin ich blöde. Womöglich habt ihr ja selbst an einigen von den Fäden gezogen, an denen hier die Puppen tanzen.«
»Mag sein, dass Ihrer Art, die Dinge zu sehen, ein gewisser Vorteil nicht abzusprechen ist«, entgegnete Tara.
»Mag sein«, wiederholte Bonnie und lachte schallend. Das Gelächter war unpassend in dem Museumsambiente des Konsulats. Die maschinellen Schwingungen des Stimmimplantats hallten hart durch den Raum. Bonnie sollte besser nicht lachen, nicht mit diesem Ding in der Kehle.
»Unsere Pläne mögen fein gesponnen sein«, sagte Tara und erhob ihre Stimme ein wenig. »Sie funktionieren genausowenig wie die unserer Gegner. Jedenfalls nicht zur Gänze. Wir haben das von den Schöpfern gelernt; deren Pläne waren genial, aber überschattet von mächtigeren Kräften.«
»Was soll denn das nun wieder heißen?«, sagte Markus heftig; das alles hatte so wenig mit Jana zu tun und war so belanglos. Das Gerede war so neben dem Thema dieser Unterredung, als sitze man stattdessen am Strand von Bahia de Janeiro und lausche den Geräuschen der See. Markus war laut geworden. Er spürte die vorwurfsvollen Blicke der Leute auf sich. Maja Maja sah von ihrem Apparat auf und lächelte ihn an. Es war erstaunlich, wie breit man ein menschliches Gesicht ziehen konnte.
Tara ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
»Pläne gehen niemals vollständig auf«, sagte sie mit einem Tonfall, als würde sie aus einer heiligen Schrift zitieren. »Aus diesem Grunde gibt es immer mehrere davon. Oder mehrere Arten, einen von ihnen zum Ende zu bringen. Das Entscheidende ist, ihn in Gang zu setzen.«
»Es ist entscheidend, den ersten Dominostein anzutippen«, sagte Bonnie, »den einen, der alles andere bewirkt.«
Tara lächelte; es war die erste Regung auf ihrem maskenhaft starren Gesicht. Markus starrte sie an und erinnerte sich an Jana und an den Tag, als er sie zum erstenmal zum Lachen gebracht hatte. Es war nicht einfach gewesen, mitten im Photek-Institut, damals, und Jana hatte schwer unter Drogen gestanden. Sie hatte wirres Zeug über die Schöpfer geredet, immer wieder über die Schöpfer, und sie hatte von den übermächtigen Wesenheiten gesprochen, die den Schöpfern im Nacken gesessen und sie zu all den Unvollkommenheiten der Schöpfung gezwungen hatten, die heute offenbar würden. Eine brauchbare Erklärung für die Schlechtigkeiten der Welt – Gott war beschränkt gewesen bei der Schöpfung, nicht bei sich, abgelenkt.
Markus hatte tagelang Pillen verschwinden lassen. All das Zeug, das sie hatte schlucken sollen. Er hatte den Inhalt von Spritzen durch schlichte Kochsalzlösung ersetzt, immer wieder, weil er einen Widerwillen dagegen hatte, jemandem teure Drogen zu geben, der diesen Weg in den Untergang nicht selbst gewählt hatte. Und genau dieses leise Lächeln war eine vollwertige Belohnung gewesen. Es war dasselbe Lächeln, was er in diesem Augenblick sah. Tara lächelte wie Jana. Markus starrte die Konsulin offenen Mundes an, der Bass summte und brummte in ihm.
»Die Richtung, in die sich der Domino-Effekt entwickelt, können wir nur annähernd
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