Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
voraussagen«, bemerkte Tara. »Es war nicht vorgesehen, dass sich Markus Hataka in diese Gefahr begibt. Es war nicht vorgesehen, eine Werft in rauchende Trümmer zu verwandeln. Und schon gar nicht Die Neue Wohlfahrt .«
Bonnie Wayss trat ein paar Schritte vor und stützte sich mit beiden Händen auf den Schreibtisch. Tara sah ihr ruhig ins Gesicht. Ihre großen dunklen Augen waren vollkommen unbekümmert. Bonnie starrte hinein, und sie war sanft und gespannt. Markus sah, wie winzige Schweißtropfen aus ihren stoppelkurzen grauen Haaren perlten und über die Züge der Soldatin liefen. Das Gerät in ihrer Kehle übersetzte die Anspannung der Soldatin mit einem bedrohlichen, kaum hörbaren Knurren unter all ihren Vokalen.
»Was für eine Teufelei habt ihr vor«, fragte sie, »was habt ihr da angeschoben? Warum überschwemmen eure nutzlosen Daten das Rechnernetz der Universitätswelt?«
Tara hielt dem Starren Bonnies problemlos stand. Es war völlig klar, dass sie in der Lage war, ganz anderen Angriffen standzuhalten. Im Blick der Galdani lag mehr Macht, als sie preisgeben wollte, und Markus spürte, dass Tara sich zurückhielt. »Keine Teufelei«, sagte sie. »Wir wollen diesen Krieg beenden.«
Bonnie tauschte einen verständnislosen Blick mit Markus. Einen Krieg beenden? Den galdäischen, womöglich? War der nicht vor Jahren zu Ende gewesen, als der Weltenkreuzer Armorica im Auftrag des Flottenkommandos alles kurz und klein geschossen hatte, was im Entferntesten gefährlich aussah?
»Der Krieg ist vorüber«, sagte Markus.
»Die Galdani mag das anders sehen«, fiel ihm Bonnie ins Wort. Sie starrte die Konsulin an, als wolle sie sie hypnotisieren.
Tara nickte. Bei ihr wirkte die Geste hoheitsvoll; so ähnlich stellte es sich Markus vor, wenn eine Königin ihren Untergebenen zunickte. Ein Einverstandensein, von einer höheren Ebene des Daseins herunter gegeben. Keine Chance, jemals von gleich zu gleich mit jemandem zu sprechen, der einem auf diese Weise zunickte.
Tara neigte hoheitsvoll ihr Haupt und sprach: »Wenn Sie mehr über uns wüssten, als in den armseligen Enzyklopädien dieser Universität über Galdäa und T‘Arastoydt steht, dann wäre das kein Problem für Sie. Ein Krieg ist ein Konflikt, der nur auf zwei Weisen beendet werden kann. Entweder die völlige Harmonie der beteiligten Seiten oder die völlige Vernichtung einer der beteiligten Seiten. Am Ende muss die Wiederherstellung der Harmonie obsiegen.«
Maja Maja begann, auf der Konsole ihrer Apparatur herumzuhacken; dort ging irgendetwas vor.
Bonnie achtete nicht darauf.
»Die Harmonie?«, fragte sie. »Die Harmonie der Vernichtung eines Gegners? Ein Massaker, um einen Konflikt zu beenden? Ist es wirklich das, was Sie wollen?«
»Nein«, antwortete die Galdani, »nicht, was wir wollen. Was wir wollen, spielt gar keine Rolle. Ein ungelöster Konflikt muss beendet werden. So oder so. Wir sorgen dafür, dass es zu einem Ende kommt. Wir beschleunigen Prozesse und setzen Dinge in Gang. Wir treten die Maschine in den Hintern, damit sie läuft.«
Bonnie drehte sich zu Markus um. »Verstehst du das?«, fragte sie. »Ich verstehe es nicht. Und dabei habe ich bisher gedacht, ich verstehe diese Leute von Galdäa. Wenigstens ein bisschen.«
Markus schüttelte den Kopf. »Ich habe mich viel mit Jana unterhalten, und was Tara sagt, hat damit zu tun. Zum einen ist T‘Arastoydt nur einer von vielen Aspekten von Galdäa; und zum anderen scheint es nur logisch zu sein, was die Konsulin sagt.«
»Logisch? Im Namen der Päpste, logisch?!«
»Sieh doch: Wenn man einen Zwist nicht gütlich beenden kann, dann kann man ihn zumindest erledigen, wenn man eine der verfeindeten Parteien erledigt.«
Bonnie starrte den Musiker wütend an. »Du willst mir nicht ernstlich einreden, die Galdäa hätte der gesamten raumfahrenden Menschheit den Krieg erklärt?«
Markus zuckte die Schultern und schaute direkt in das unbewegte Gesicht der galdäischen Konsulin. »Den Krieg? Nein. Keine Kriegserklärung. Der galdäische Krieg ist nicht beendet. Weder so noch so. Der galdäische Krieg ist ein ungeschlagener Krieg.«
Ein weiteres huldvolles Nicken von Tara; Markus war offensichtlich auf dem richtigen Weg. Bonnie konnte mit dieser Definition eines Krieges naturgemäß weniger anfangen. Sie zischte leise durch ihre zusammengepressten Zähne, als würde die Vorstellung eines rein logischen, kühlen, sachlichen Krieges ihre Instinkte beleidigen. Für einige Sekunden war das
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