Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
überraschenderweise Unsicherheit mitschwang. Wenn man sich erst einmal einhörte, erwies sich das Implantat als erstaunlich vielseitig. Innerhalb gewisser Grenzen.
Tara nickte.
»Nicht sehr viel Zeit«, sagte sie. »Man hat sich auf den Weg hierher gemacht, da bin ich sicher.«
Markus wechselte einen besorgten Blick mit Bonnie Wayss. Offenbar hatte das permanente Chaos im Rechnernetz die Datenaugen nutzlos gemacht; Bonnie klappte die winzigen Projektoren zurück. Keine Hilfe mehr aus dieser Quelle. Die Soldatin nickte zu ihren Leuten hinüber, und zwei von ihnen knieten nieder, öffneten ihr Gepäck und installierten in Windeseile irgendwelche Geräte; vermutlich spürten die Dinger verdächtige Bewegungen auf und warnten Bonnies Truppe. Es würde nicht schaden, einige Augenblicke vorher zu wissen, wann die Wachmannschaften hier hereinstürmten. Eine der beiden dort drüben war Maja Maja, die sich mit empfindlichen Apparaten erwiesenermaßen gut auskannte. Sehr beruhigend, dachte Markus. Eine Engambosch-Dame wacht über uns. Da kann ja nichts schiefgehen.
»Wir kennen uns, denke ich«, sagte Bonnie. Es war eine Feststellung, keine Frage, und Tara machte keinerlei Anstalten zu widersprechen. »Damals gab es ausreichend Gelegenheit, einander kennenzulernen. Hin und wieder. Auf die eine oder andere Weise.«
Tara schwieg.
Zwischen den beiden Frauen vibrierte eine seltsame Spannung; sie starrten einander in die Augen und zuckten mit keiner Wimper. Das war kein kindischer Wettbewerb, wer wem länger in die Pupille blicken kann. Markus spürte zwischen Tara und Bonnie mehr als eine alte Feindschaft. Beide verharrten für Sekunden und lauschten, während sie einander musterten. Es gab hier kein Meeresrauschen, dem man gemeinsam zuhören konnte. Markus zuckte die Achseln. Vermutlich gab es mehr Geschichten über den galdäischen Krieg, als er jemals hören wollte. Merkwürdig fand er den Ausdruck in den Augen der Galdani, undurchdringlich und gefährlich. Als hätte dieser Blick die Macht, in den Kopf eines anderen Menschen hineinzulangen und mit dem, was er vorfand, nach Belieben umzuspringen. Als hätten diese Augen die Macht, tiefer zu blicken als die Augen anderer Menschen.
»Deswegen sind wir nicht hier«, sagte Markus und konnte selbst kaum glauben, dass er dieses ebenso wortlose wie intime Gespräch von zwei ehemaligen Todfeindinnen unterbrach, nur weil in ihm die Glut einer blauen Saite sang. Ihm war es im Grunde genommen herzlich egal, was die beiden miteinander auszumachen hatten, und mochten tausendmal tiefere Bedeutungen in ihrem Dialog mitschwingen. Ihm ging es um Jana. Jana war seine Droge, sein Zielpunkt.
»Wir sind wegen einer alten Freundin von mir hierhergekommen«, sagte er, »wegen einer Galdani, die aus dem Photek-Institut geflohen ist. Dem Photek-Institut auf Penta IV. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann ist sie eine Verwandte von Ihnen.«
Taras große Augen ruhten teilnahmslos auf ihm.
»Ihr Name ist – soweit ich einen galdäischen Namen richtig aussprechen kann – Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt. Sie ist diesen Photek-Leuten auf der Werkwelt entkommen, irgendwie. Eigentlich kann man solchen Typen nicht weglaufen. Als sie feststellte, dass sie sich nicht auf Penta V befindet, hat sie sich bei mir gemeldet.« Markus hatte kurz mit einem Schwindel zu kämpfen, als er Janas vollständigen Namen sagen musste, ein Anflug eines Rausches.
»Warum bei Ihnen?«, fragte die Galdani.
Markus warf Bonnie einen hilfesuchenden Blick zu; die Soldatin tat, als hätten die Kopfseher sie überanstrengt, und rieb sich gründlich die Augen.
»Ich hatte Jana kennengelernt, als ich in diesem Institut gearbeitet habe. Um Schulden zu tilgen.«
»Schulden?«
»Die Kosten einer Total-Entziehungskur«, gab er zu.
Einige der Leute von Bonnies Truppe warfen Markus verstohlene Blicke zu. Was war dieser Typ? Ein Junkie?
»Entziehung«, sagte Tara. »Ein merkwürdiges Konzept. Jemanden genau von dem Zeug zu entwöhnen, mit dem sich umzubringen er beschlossen hat.«
Markus spürte das Bedürfnis, mit einem oder besser zwei Stöcken auf irgendwelchen Trommeln herumzuhämmern. »Ich habe meinen Partner in diesem galdäischen Krieg verloren«, sagte er steif, »und mir ist danach für Jahre die Kontrolle über mein Leben abhanden gekommen. Bis hin zum Ycorgan, und ich habe es nur knapp überlebt. Ohne Jana wäre ich heute tot.«
Für wenige Sekunden ging eine Bewegung durch die Auswahl-Leute, das
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