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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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einen Zwischenfall ausgeschaltet werden konnten. Man diskutiert in gewissen Kreisen seitdem wieder über die Sicherheit von Mensch-Maschine-Schnittstellen.«
    Kaddoks Stimme war dem nahe, was Normalmenschen als Flüstern bezeichnet hätten. »Und was ist mit den Karnesen?«, sagte er. »Was hört man von dem unglückseligen Mann, der all das ausgelöst hat? Von seinen Kameraden, die er auslöschte?«
    Markus und Bonnie schauten einander hilflos an. Aus Bonnies Kehle drang ein leises Klicken, als sie eine allzu rasche Antwort unterdrückte. In den reichlich, jedoch nicht besonders schnell durchs Netz strömenden Nachrichten war weder von einem Auslöser noch von Karnesen die Rede gewesen.
    »Keine Ahnung, wovon Sie reden«, sagte Bonnie, »soweit es die offiziellen Nachrichten betrifft, war alles ein technisches Versagen.« Dann zuckte sie zusammen und ging reflexartig in Deckung.
    Ein Regen von winzigen elektronischen Bausteinen ging über Markus nieder, als die komplette Kommunikationseinheit des Hotelzimmers über seinem Kopf an der Wand zerplatzte. Die Gehäuse dieser Apparate sollten schwer zerbrechlich sein, dachte der Musiker, aber wer für das Material verantwortlich war, hatte niemals einen wütenden Karnesen erlebt. Dieser hier schaute Markus mit einem Ausdruck des Bedauerns an, nachdem er das schwere Gerät quer durch den Raum geschleudert hatte.
    »Ein technisches Versagen?«, fragte Kaddok drohend.
    Der Musiker hatte mit keiner Wimper gezuckt. Unter normalen Umständen hätte er sich hingeworfen, hätte vielleicht sogar diesen Fleischberg angeschrien, was ihm denn einfalle. Normal war nichts mehr. Maja Maja hatte dafür gesorgt, dass Markus bereits während der raschen und wütenden Bewegung des Schwerweltmenschen alles ausrechnen und vermessen konnte. Er hatte gewusst, dass Kaddok mit dem schweren Ding hoch genug gezielt hatte. Der unermüdliche Vermesser hatte es in dem Augenblick ausgerechnet, in dem Kaddoks schaufelgroße Hände das Gehäuse losgelassen hatten. Nebenbei hatte er die Bewegungen der Muskeln unter dem elastischen Stoff registriert. Ein normaler Anzug wäre von den Wölbungen zerrissen worden.
    »Ein technisches Versagen«, bestätigte Bonnie, und sie war sich sehr sicher, dass es keine weiteren Installationen gab, die Kaddok hätte durchs Zimmer werfen können. Dennoch vibrierte Unsicherheit in ihrer künstlichen Stimme.
    Markus spürte unter der zornbebenden Oberfläche des Karnesen Verzweiflung. Er bewegte sich vorsichtig. Bunte elektronische Teile regneten von seinen Schultern und aus seinen Haaren. Eifrig ließ der Buchhalter der Wirklichkeit die Stricknadeln klappern. Er ortete jedes Bruchteil und wusste genau, wo es demnächst hingelangen würde. »Es war ganz anders«, stellte Markus fest, »und Jana – oder Veruca Salt – hatte damit zu tun.«
    »Es war ein E-Tag«, sagte Kaddok und war dabei so ruhig, dass es nicht mit rechten Dingen zugehen konnte, »und ein E-Tag ist eine sehr spezielle karnesische Feierlichkeit. Ich hatte Veruca Salt eingeladen. Es kommt nicht oft vor, dass ein Außenstehender zu solch einem Anlass eingeladen wird. Und es war ein Karnese, der an diesem Tag – ausgerechnet an so einem Tag – Amok lief. Amok flog. Er benutzte eines der Werkstattschiffe von Die Neue Wohlfahrt . Er feuerte aus den Montagelasern, er setzte die Thermitbrenner ein. Und er tat es mitten im Habitat. Sein Schiff erschien vor den Fenstern der Suite wie ein Engel der Apokalypse. Eurer Apokalypse, meine ich, feuerspeiend und fliegend. Unsere Engel der letzten Tage sehen anders aus.«
    Bonnie starrte den Karnesen an. Markus fragte dazwischen, wie es sein könnte, dass ein gefährlicher Flugkörper wie ein solches Werkstattschiff im empfindlichen Innern eines Habitates auftauchte. Kaddok lachte ein kaltes, ersticktes Lachen, das Markus auf die Ohren schlug wie ein Hieb mit der flachen Hand.
    »Das ist eine gute Frage«, sagte der Schwerweltmensch, »das ist sogar eine sehr gute Frage. Das ist eine Frage, die mich ohne weitere Umwege auf den Grund dafür führt, dass ich hier mit euch spreche. Den Grund, dass ich hier bin und nicht auf irgendeiner Trauerfeier im Gedenken an die Toten von Die Neue Wohlfahrt .«
    Bonnie Wayss warf einen fragenden Blick zu Markus Hataka hinüber. Der Musiker wusste nichts zu erwidern als ein hilfloses Achselzucken, das die letzten Elektronikbrösel von seinen Armen rieseln ließ und ihm wehtat, weil sich zerplatzte Teile mit winzigen Drähten in seine Haut

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