Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
Wohltäter, Ärzte und Pfleger gewandt und einige von ihnen umgebracht hatten. Sie sah die leblosen Körper der Leute. In den starren Augen des Pflegers, der für sie zuständig gewesen war, stand selbst im Tod das blanke Entsetzen. Glücklicherweise war lediglich eine einzige Patientin bei dem Aufruhr umgekommen, logen die Nachrichtensprecher, und Jana blickte in ihr eigenes, schlecht retuschiertes Gesicht. Das Opfer ihrer Krankheit. Wie bedauernswert. Ein Mensch im hochgeschlossenen blauen Zweireiher gab ein Interview, in dem er von langwierigen Therapie-Sitzungen berichtete, die er mit der Verstorbenen gehabt hatte. Von ihren allmählichen Fortschritten und tiefsitzenden seelischen Problemen. Von der Tragik ihres unglücklichen Todes. Jana hatte diesen Menschen nie zuvor gesehen. Das Lügenspiel in den Sendungen war dreist und wirkungsvoll und überzeugend. Es war außerdem teuer. Warum all das geschah, blieb ein Rätsel.
Das Ende der Patientin angeblich unbekannter Herkunft war aufwändig inszeniert, musste Jana erkennen. Wer auch immer hinter alldem stecken mochte: Es waren Leute mit Verbindungen und viel Geld. Und sie waren verteufelt gründlich. Bonnie konnte unten auf dem Planeten verfolgen, wie man systematisch alle Schlupfwinkel abgraste, in denen sich eine geflüchtete Person verbergen konnte. Und weil Bonnie gelegentlich ihre alte Spielernatur aufblitzen lassen musste, legte sie die oder andere schwache falsche Spur. Sie schmuggelte beispielsweise ein verwischtes Bild von Jana in den Überwachungsfilm einer Bankfiliale am Rand von Koldulas. Die ausgezeichnete Hardware ihres Brötchengebers hatte mit solchen Fälschungen keine Mühe. Stunden später überschwemmten Alarme den betreffenden Stadtteil von Koldulas, und Bombendrohungen gingen ein. Alles wurde abgesperrt und genauestens durchsucht.
Eine andere falsche Spur, die Bonnie auslegte, ließ die ganze Drogenszene von Bivaly hochgehen. Dabei war nur der alte Name von Veruca Salt in der Kundenliste eines Ycorgan-Händlers aufgetaucht. Einer dieser schmierigen Typen, die das Gift an jene weitergaben, die sich unbedingt aus dem Lauf der Dinge hinausschießen wollten. Man konnte gut davon leben, und es war natürlich alles andere als legal. Als man den Spitzbuben hopsnahm, überprüfte man die Namen seiner Abnehmer. Danach fegte eine Durchsuchungswelle nach der anderen durch Bivaly und dezimierte die Halbwelt der Kuppelstadt. Für eine Weile gab es in dieser Kuppel niemanden mehr, der irgendeine Droge zu verkaufen oder zu kaufen wagte.
Ja‘ana beobachtete das mit angehaltenem Atem – diese Leute wussten gar nicht, wonach sie in Wirklichkeit suchen sollten, aber sie suchten mit äußerster Gründlichkeit. Jemand zog an Fäden, die selbst für Bonnie zu fein gesponnen schienen. Zwar war Veruca Salt auf Die Neue Wohlfahrt sicher, von Dauer konnte diese Sicherheit jedoch nicht sein. Irgendwann mussten die Informationen über ihre Existenz den Suchprogrammen auffallen; ein statistischer Eintrag hier, ein verwischtes Bild dort. Wer die Querverbindungen herstellte, würde ihren Weg verfolgen können. Glücklicherweise waren diese Informationen begraben in gigantischen Datenbergen. Es war viel Zeit und eine Menge Rechenzeit nötig, um das alles auseinanderzusortieren, und das Rechnernetz wurde in letzter Zeit immer träger.
In diesen Tagen, da Veruca Salt in die Rituale der Kreuzerleute eingeführt wurde, wusste Bonnie noch nicht, wie sie die Galdani nach Penta V bringen sollte. Kreuzerleute nannte man jene Trupps, die direkt am Bau der Weltenkreuzer beteiligt waren, und dass Veruca Salt sofort diesen Elitearbeitern zugeteilt worden war, lag nicht nur an den hervorragenden Zeugnissen, die Bonnie gefälscht hatte. Auf Zeugnisse gab man hier nicht viel. Man verließ sich auf eingehende Tests, und dabei hatte Veruca Salt überzeugt. Ihr Wissen war auf dem neuesten Stand der Technik, und ihre Aufnahmefähigkeit war enorm.
Beides war völlig normal. Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt hatte gelernt während des Fluges von Nummer 42 hoch zur Orbitalwerft Die Neue Wohlfahrt . Gelernt, wie es die Leute auf Galdäa gewohnt waren. Man konzentrierte sich voll und ganz auf den Stoff und las dann alles, was nötig war, schaute Grafiken an, memorierte Pläne. Alles musste nur ein einziges Mal gelesen, angesehen und studiert werden. Es gab hochentwickelte Psychopharmaka, die Ähnliches normalen Menschen ermöglichten; sie waren extrem teuer, hatten hässliche
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