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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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feinem Mantel mit glitzernden Epauletten erwarteten sie mehr als von ihresgleichen.
    Er wartete und stützte sein Glas gegen die vibrierenden Webeleinen, bis die
Benbow
sich träge auf einer langen See, die diagonal unter ihrem Kiel hindurchlief, erhob, bevor sie wieder in das nächste Wellental hinabsank.
    In diesen Sekunden sah Bolitho den Feind zum ersten Mal. Nicht nur als ein paar dunkle Segel vor eine m trüben Himmel, sondern als Schiffe. Er zweifelte nicht, daß der französische Befehlshaber ihn ebenfalls beobachtete.
    Sechs große Schiffe in zwei Kolonnen. Das zweite der Luvkolonne führte die Flagge eines Vizeadmirals. Wenn es für Bolitho noch irgendwelche Zweifel gegeben hatte, jetzt waren sie verflogen.
    Hinter den beiden Kolonnen standen die Fregatten. Wahrscheinlich warteten sie dort – frei vom Geschwader abgesetzt –, bis sie Bolithos Stärke, vor allem an Fregatten, erkannt hatten.
    Er rief: »Ich schätze, daß sie Kurs Südost steuern, Captain Herrick.« Herrick antwortete ebenso förmlich: »Das ist auch meine Ansicht, Sir.«
    Bolitho wartete, bis der nächste Roller den mächtigen Leib der
Benbow
anhob, und suchte dann nach dem Transporter. Es war wohl das letzte Schiff in der Lee-Kolonne, entschied er. Das war der beste Platz, um sich abzusetzen oder in den Schutz der Fregatten zu begeben, wenn es befohlen wurde. Was mochte er wohl geladen haben? Gewiß keine Vorräte, eher einige von Napoleons Elitetruppen, Männer, die das Wort Niederlage kaum kannten. Der Zar von Rußland würde sicherlich einige ihrer Ratschläge gebrauchen können, bevor er sich in die allgemeine Kriegsarena wagte. Möglicherweise waren es auch Truppen, die die gekaperten britischen Handelsschiffe bewachen sollten. Gut, dachte Bolitho grimmig, wie der Tag auch ausgehen mochte: diese Schiffe waren vor Ropars nun in Sicherheit. Außerdem hatte die Tat der
Styx
vielleicht die Schweden und Preußen weniger geneigt gemacht, die Ziele des Zaren zu unterstützen.
    Er kletterte hinunter an Deck und sah Midshipman Penels zu sich hinüberschielen wie jemand, über den ein Todesurteil gefällt worden war.
    »Na, Penels, kommen Sie mal her!«
    Der Junge eilte gehorsam herbei, begleitet vom Lächeln einiger Seeleute, als er in seinem Eifer über einen Ringbolzen stolperte.
    »Heute war ein schlechter Tag für Sie, scheint es.« Bolitho sah den Jungen unter seinem scharfen Blick zurückweichen. Zwölf Jahre alt, kein Vater, auf See geschickt, um ein Offizier des Königs zu werden.
    Die Sache mit seinem Freund Babbage ging ihm bestimmt zu Herzen. Penels kämpfte mit den Tränen. »Er war mir ein guter Freund, Sir.
    Nun weiß ich nicht, was ich sagen soll, wenn ich ihn das nächste Mal sehe.«
    Bolitho dachte an Wolfes gleichgültige Feststellung der Tatsachen. An Penels’ Mutter, die sich einem anderen Mann zugewandt hatte. Weiß Gott, Seemannsfrauen hatten viel zu ertragen. Aber Penels war nur gekleidet wie ein angehender Offizier. Er war noch ein Junge, ein Kind.
    Bolitho sagte beruhigend: »Mr. Pascoe hat getan, was er konnte. Vielleicht braucht Babbage Ihre Hilfe jetzt mehr denn je. Ich nehme an, in der Vergangenheit war es umgekehrt?«
    Penels starrte ihn sprachlos an. Daß sein Admiral sich um ihn kümmerte, mußte ihm unglaubhaft vorkommen. Daß er außerdem mit seiner Annahme über Babbage recht hatte, war noch erstaunlicher. Er stammelte: »Ich – ich werde es versuchen, Sir.«
    Wolfe tippte ungeduldig mit einem großen Fuß aufs Deck, und als Penels wieder auf seinen Posten an Steuerbord eilte, bellte er: »Helfen Sie dem Flaggleutnant, Mr. Penels. Obwohl ich mich sicherer mit einem Franzosen fühlen würde als mit Ihnen, Gott verdammmich!«
    Dabei zwinkerte er Leutnant Speke zu.
    Der alte Ben Grubb schneuzte sich geräuschvoll und brummte: »Stetiger Wind, Sir. Westlich mit kaum einer Abweichung.« Er guckte nach dem Halbstundenglas im Kompaßhaus und fügte hinzu: »Nicht mehr lange, würde ich sagen.«
    Bolitho sah Herrick an und hob die Schultern. ›Nicht mehr lange bis wann?‹ fragte er sich. Frühe Dunkelheit, Sieg oder Tod? Dem Master machte es anscheinend Spaß, solch kryptische Bemerkungen fallenzulassen. Eine seiner mächtigen Fäuste steckte in der Tasche seines abgetragenen Wachmantels, und Bolitho dachte, daß er darin wohl seine Batteriepfeife hielt, mit der er sie bis in die Hölle pfeifen würde, falls erforderlich.
    Herrick war nicht so wohlmeinend. »Grubb wird alt, Sir. Er sollte irgendwo an Land

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