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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Das ist keine Mißachtung Ihrer Person, nichts für ungut.«
    Er sagte es so geradeheraus, daß Browne wußte, es hieß: »Geh’ zur Hölle, wenn du willst!« Doch dann dämmerte ihm etwas.
    »Sie sieht seiner toten Frau ähnlich, ist es das?«
    Allday seufzte. »Es ist kaum zu glauben. Ich kannte Mrs. Bolitho gut und meinte vorhin, ich könnte meinen Augen nicht trauen.« Er starrte zu dem anderen Wagen hinüber, dessen Umriß in dem anhaltenden Schneeregen gerade noch zu erkennen war. »Als ob er nicht schon genug zu verkraften hätte!« Das sagte er derart bitter, daß Browne beschloß, es dabei bewenden zu lassen.
    Später, als ihre Kutsche behutsam in die andere Straße einbog, das dritte Pferd gehorsam hinter ihnen hertrottend, beobachtete Browne, wie sorgsam Bolitho und Allday sich bemühten, die Frau gegen jeden plötzlichen Ruck des Wagens abzuschirmen.
    Unter der durch ihre Ohnmacht verursachten Blässe sah man, daß ihre Haut mehr als nur flüchtig erworbene Sonnenbräune aufwies. Sie war offensichtlich erst kürzlich in Übersee gewesen. Browne schätzte ihr Alter auf etwa dreißig Jahre. Sie war liebreizend, ein anderer Ausdruck fiel ihm nicht ein. Die zarten Linien ihres Mundes hatten auch Schock und Schmerz nicht entstellen können.
    Und dann ihr Haar. Er hatte noch nie eine derart warme Brauntönung gesehen.
    Eine ihrer Hände fiel herunter, und Browne sah, wie Bolitho sie vorsichtig zurücklegte. Er bemerkte, daß Bolitho dabei zögerte, was er noch nie bei ihm bemerkt hatte. Vielleicht war es der Ring an ihrem Finger, der Ring eines anderen. Das war zu erwarten, dachte Browne. Er sah den traurigen Ausdruck in Bolithos Augen und fühlte sich davon seltsam bewe gt. Selbst im Traum sollten solche Dinge nicht passieren.
    Allday sagte: »Wir fahren gerade an einem Pförtnerhaus vorbei, Sir.« Er spitzte die Ohren, um mitzubekommen, was ihr Kutscher dem Pförtner zurief. Wie zu sich selber sagte er bitter: »Ich wünschte, wir hätten auf Kapitän Herrick gehört und noch eine Jacht an Bord verbracht. Dann hätte er von ihrer Existenz nie erfahren.«
    Die Kutsche hielt an, und der Klang weiblicher Stimmen drang zu ihnen herein.
    »Gott steh’ uns bei: Marineoffiziere! Helfen Sie mir. Und Sie bestellen Andy, daß er sein Pferd satteln und den Doktor holen soll!«
    Browne sagte: »Ein Glück, daß ich mich an dieses Gut erinnerte, Sir.«
    Aber Bolitho hörte ihn nicht. Er folgte bereits den anderen zum Eingang des Herrenhauses. Lord Swinburne schien viel zu klein für einen Mann, der so viel Autorität und ein derart großartiges Haus besaß. Er stand mit seinem Allerwertesten gefährlich nahe am prasselnden Kaminfeuer und blickte mit der wachen Neugier einer Winterdrossel abwechselnd Bolitho und Browne an.
    »Donnerwetter, was für eine Geschichte, Sir! Gut, daß wir Sie bei uns haben, Bolitho. Offiziere des Königs kommen selten hierher. Und Armee und Flotte haben uns alle jungen Leute weggeholt. Wie mein Verwalter zurechtkommt, wage ich gar nicht zu fragen.«
    Ein Dienstmädchen trat durch die hohe, zweiflügelige Tür und machte einen Knicks. »Verzeihung, Mylord, aber der Doktor ist gekommen.«
    »Dann bring’ ihn doch nach oben, Mädchen. Und sag’ ihm, daß ich etwas zum Aufwärmen habe, wenn er nachher fertig ist.«
    Das Mädchen knickste wieder und verschwand. Swinburne lachte in sich hinein. »Sie sind also auf dem Weg nach London, sagen Sie? Gut, aber warum wollen Sie nicht bei uns übernachten? Mein Stallmeister meint, das Unwetter verzieht sich bis zum Morgen. Sie sind hier sehr viel besser aufgehoben als in einem flohinfizierten Gasthof, das darf ich wohl sagen.« Er genoß den unerwarteten Besuch.
    Bolitho streckte das verwundete Bein aus und fühlte, daß die Wärme des Feuers ihm wohltat und den pochenden Schmerz linderte. Swinburne sagte plötzlich sehr ernst: »Gut zu wissen, daß wir noch junge Männer haben, die unsere Flotten befehligen. Gott weiß, daß wir sie dringend brauchen. Wie ich höre, ist Nelson aus dem Mittelmeer zurück und bereits bei der Kanalflotte. Große Dinge bereiten sich vor.«
    Bolitho nahm ein Glas von einem anderen Diener. Der Wein war kühl und klar, höchstwahrscheinlich auf dem Gut nach einem alten Rezept selbst hergestellt, wie sie es oft in Cornwall machten und in allen anderen Grafschaften, die von ihren eigenen Erzeugnissen leben mußten.
    Lord Swinburne wußte mehr als er, aber Bolitho war nicht in der Stimmung, Informationen einzuholen. Seine

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