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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Browne kniete schon neben ihm. »Bewußtlos, der arme Teufel.«
    Allday sagte: »Sieht aus, als habe er wegkriechen wollen. Um Hilfe zu holen, nehme ich an.«
    Sie sahen einander an, und Bolitho befahl: »Schauen Sie in der Kutsche nach. Hier, ziehen Sie mich hoch!«
    Mit einigen Schwierigkeiten bekamen sie die Tür auf und schlugen sie wie den Deckel einer Stückpforte zurück. Die andere Seite des Wagens lag tief im Matsch.
    Bolitho sagte: »Es ist eine Frau. Und ganz allein.« Er packte den Türrahmen so fest, daß das zersplitterte Holz seine Haut ritzte. Das konnte doch nicht sein! Er schlief noch, und dies war nur ein quälendes Traumgebilde.
    Er spürte Allday neben sich. »Alles in Ordnung, Sir?«
    »Schauen Sie hinein!« Kaum konnte er seine Stimme beherrschen. Allday zwängte ein Bein durch den Türspalt und schlüpfte dann vorsichtig hinein. Drinnen schien es ohne den beißenden Wind und die Nässe fast warm. Er streckte die Hand aus und berührte die Frau, fuhr aber erschreckt zurück, als ihr Kopf ihm langsam entgegensank.
    »O mein Gott!«
    Bolitho sagte: »Helfen Sie mir hinein!«
    Er fühlte nicht einmal, daß sein bandagiertes Bein gegen die Tür stieß. Alles, was er sah, war der Körper der Frau. Ihr Samtmantel war ihr durch den Sturz auf die Füße gerutscht. Das gleiche lange, kastanienbraune Haar, fast das gleiche Gesicht, ähnliche Züge. Sie mußte sogar in Cheneys Alter sein, dachte er verzweifelt.
    Vorsichtig, fast ohne zu atmen, umfaßte er ihre Schultern und fühlte zögern nach ihrem Herzen. Nichts. Er konzentrierte sich, dachte an die Kraft, die von Allday ausging. Sie mußte leben!
    Da, ein schwacher Herzschlag unter seinen Fingern.
    Allday sagte heiser: »Nichts gebrochen, Sir. Nur eine häßliche Be ule an der Schläfe.« Überraschend zart wischte er ein paar Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. »Ich würde es einfach nicht glauben, wenn Sie nicht hier wären.«
    Bolitho hielt sie vorsichtig in den Armen, spürte ihren schwachen Atem und fühlte, wie sich ihr Körper an seinem erwärmte.
    Er hörte Browne von der Straße rufen: »Was ist los, Sir?« Von seinem Platz bei dem verletzten Kutscher konnte er wahrscheinlich nichts sehen. Was war denn los? Bolitho überlegte. Ein Mädchen, das wie Cheney aussah, aber nicht Cheney war. Eine Kapriole des Schicksals, die sie hier auf der leeren Straße zusammengeführt hatte, sicher nur für einen Augenblick.
    Allday sagte: »Wir tragen sie am besten in unseren Wagen, Sir.« Er sah Bolitho besorgt an. »Wenn wir nicht gekommen wären, hätten sie bei dieser Kälte kaum überlebt.«
    Bolitho kletterte verwirrt aus dem Wagen. Die ganze Szene war so, wie er sie sich immer vorgestellt hatte: der zerschmetterte, umgestürzte Wagen und darin wie in einer Falle Cheney mit dem Kind unter ihrem Herzen. Der Kutscher tödlich verletzt, aber Ferguson, sein einarmiger Verwalter, bei ihr. Irgendwie hatte Ferguson es geschafft, Cheney auf der Suche nach Hilfe zwei Meilen weit zu tragen, aber ohne Erfolg. Bolitho hatte sich das Bild so oft vorgestellt. Wenn diese Fremden hier Schauspieler gewesen wären, hätten sie es nicht wahrhaftiger, nicht grausamer nachstellen können.
    Browne sagte: »Ich habe sein Bein provisorisch geschient. Er ist noch etwas benommen.« Unsicher spähte er durch den Schneeregen, sein Dreispitz glitzerte wie Glas. »Lord Swinburnes Landsitz liegt hier in der Nähe.« Er rief ihrem Kutscher zu: »Kennen Sie ihn?«
    Der Kutscher nickte, offenbar nicht gewillt, weiter in die Sache hineingezogen zu werden. »Ja, Sir.«
    In diesem Augenblick schien Browne zu bemerken, daß da noch etwas anderes vorsichging. Er beobachtete Allday, der die bewußtlose Frau zum Wagen trug, und wandte sich an Bolitho, um ihn zu befragen. Aber Bolitho kletterte schon in ihren Wagen, das Gesicht so verschlossen, wie Browne es noch nie gesehen hatte.
    Allday kam zurück und sah sich den verletzten Kutscher an. Browne flüsterte ihm wütend zu: »Was ist eigentlich los, Mann?«
    Allday blieb ruhig, obwohl er innerlich kochte. »Mr. Browne, Sir – wenn Sie dem Amiral helfen wollen, dann schlage ich vor, daß Sie in dem anderen Wagen mit nach Gepäckstücken suchen. Hier werden sich bald Diebe einfinden wie Krähen um den Galgen. Dann könnten Sie vielleicht das Pferd hinten an unseren Wagen binden. Ich kann mit Pferden nicht umgehen.«
    Als Browne sich gehorsam zur umgestürzten Kutsche begab, fügte Allday hinzu: »Der Admiral wird es Ihnen später erklären, Sir.

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