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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ein.
    »Auch ich bin gerade nach England zurückgekommen. Aus Indien. Mir scheint hier alles ganz anders.« Sie schüttelte sich. »Nicht nur das Klima, alles. Der Krieg ist so nahe, daß ich den Feind fast sehe, der auf der anderen Seite des Kanals wartet, um bei uns zu landen.«
    »Ich wüßte einige gute Gründe, warum die Franzosen nie kommen werden.« Er lächelte verlegen. »Obwohl sie es versuchen.«
    »Das nehme auch ich an.« Sie sah gedankenverloren aus.
    Bolitho vermutete, daß die Erschütterungen und Prellungen doch schlimmer gewesen waren, als der Arzt festgestellt hatte. Er fragte vorsichtig: »Kam Ihr Gatte mit Ihnen?«
    Ihre Augen verdunkelten sich, während sie zur geschlossenen Tür sah. »Mein Mann ist tot.«
    Bolitho sah sie an. »Das tut mir leid. Es war taktlos von mir, so neugierig zu fragen. Bitte verzeihen Sie.«
    Ihr Blick war prüfend.
    »Sie meinen es ehrlich. Aber ich bin schon über das Schlimmste hinweg. Er war bei der Ostindischen Handelsgesellschaft und beschäftigte sich mit kaufmännischen Angelegenheiten, um den sich auswe itenden Handel auszubauen. Ursprünglich war er Soldat, aber er war zu weich dafür und froh, als er wieder Zivilist werden konnte.«
    Sie zuckte kurz mit der Schulter, und diese Bewegung berührte Bolitho tief.
    »Dann wurde er krank. Auf einer Mission ins Landesinnere hatte er sich ein Fieber geholt.« Ihre Augen waren träumerisch wie ihr Ton, als riefe sie sich jeden Augenblick in die Erinnerung zurück. »Es wurde schlimmer und schlimmer, bis er schließlich das Bett nicht mehr verlassen konnte. Ich habe ihn drei Jahre lang gepflegt. Es war Teil meines Lebens geworden, etwas, das ich tragen mußte, ohne Mitleid oder Hoffnung. Dann, eines Morgens, starb er. Ich wußte nicht, daß er auch einige Geschäfte auf eigene Rechnung gemacht hatte, schlechte Geschäfte. Wenige Stunden nach seinem Tod stellte ich fest, daß ich ohne Geld und völlig allein dastand.«
    Bolitho versuchte sich vorzustellen, wie es für sie gewesen sein mußte. Und doch sprach sie ohne Bitterkeit oder Groll. Vielleicht hatte sie während der langen Krankheit ihres Mannes gelernt, die Dinge so zu nehmen, wie sie waren.
    Er sagte: »Wenn ich irgend etwas tun kann…«
    Sie hob die Hand, lächelnd über seinen Eifer. »Sie haben genug getan. Sobald die Straße wieder befahrbar ist, werde ich in London ein neues Leben beginnen.«
    »Darf ich fragen, was Sie vorhaben?«
    »In Bombay hatte ich ein einziges Mal großes Glück. Ich traf zufällig einen leitenden Herrn der Handelsgesellschaft, und zu unser beider Erstaunen stellten wir fest, daß wir verwandt sind.« Sie lächelte bei der Erinnerung. »Sehr entfernt nur, aber es war wie eine rettende Hand, die sich einem Ertrinkenden entgegenstreckte.«
    Bolitho blickte auf den Teppich, aber sein Verstand rotierte. »Rupert Seton.«
    »Wie, um alles in der Welt, konnten Sie das wissen?«
    Er erwiderte: »Ich war kürzlich in Kopenhagen. Dort hörte ich, daß er wenige Tage zuvor auf der Durchreise nach England da gewesen war.«
    Sie beobachtete besorgt sein Gesicht. »Was bedrückt Sie?«
    »Ich war mit seiner Schwester verheiratet.« Er sprach düster und hoffnungslos. »Sie starb bei einem Wagenunfall, als ich auf See war. Als ich Sie in der Kutsche sah, Ihr Haar – da dachte ich…Ich stellte mir vor…« Es dauerte einige Sekunden, bevor er den Satz vollendete.
    »Sie sind ihr sehr ähnlich.«
    In dem langen Schweigen hörte er eine Uhr ticken, den Schlag seines eigenen Herzens, und weit weg einen Hund aufgeregt bellen. Sie sagte sanft: »So habe ich mir also doch nicht alles nur eingebildet. Die Art, wie Sie mich hielten… Sie gab mir irgendwie die Gewißheit, daß ich geborgen war.«
    Die Tür öffnete sich, und Browne trat ein. »Verzeihung, Sir, aber ich dachte, Sie wären allein.«
    Belinda Laidlaw sagte: »Bitte kommen Sie herein, Leutnant. In diesem Haus fühlt man sich wie ein Flüchtling.«
    Browne rieb sich die Hände am Feuer. »Sie sehen besser aus nach der Ruhepause, Sir. Ich habe mit Lord Swinburnes Stallmeister gesprochen. Er sagt, die Straße wird bei Tagesanbruch wieder benutzbar sein. Das Schneetreiben geht in Regen über.« Als Bolitho nichts sagte, fuhr er eifrig fort: »Wenn Sie erlauben, werde ich Ihre Berichte nach London bringen.«
    »Einverstanden.« Bolitho blickte auf die Bügelfalte seiner Kniehose nieder und verfluchte seine Wunde. »Ich werde hier auf Ihre Rückkehr warten.«
    Ihr Kleid raschelte über den

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