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Galeeren in der Ostsee

Galeeren in der Ostsee

Titel: Galeeren in der Ostsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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erforderlich – für einen Wagen.« Er schloß die Augen, als der Schmerz ihn wieder packte. Wäre Herricks Botschaft nicht gewesen, säße er jetzt noch in London. Und wenn es unterwegs irgendwelchen Aufenthalt gegeben hätte, wäre der Termin für das Duell verstrichen. Falls wirklich Damerum dahinterstand, hätte er sich dann an Roches Sieg weiden können. Er sagte sehr beherrscht: »In meiner Kassette liegt ein Brief, Thomas.« Er sah, wie Herricks Augen sich weiteten. »Ich bin ein Feigling. Ich hätte Adam über den Tod seines Vaters aufklären sollen. Es steht alles in dem Brief. Geben Sie ihn Adam, wenn ich heute falle.«
    Herrick schrie beinahe: »Sie durften es ihm nicht sagen, Sir! Sonst hätten Sie zugeben müssen, daß Sie einen Verräter verbargen. Ihr Bruder wäre verhaftet worden, und Pascoe hätte ihn eines Tages hängen gesehen.«
    »Das habe ich mir auch gesagt, Thomas. Vielleicht war aber auch das eine Lüge. Ich hatte wahrscheinlich Angst, daß Pascoe mich wegen des Betruges hassen würde. Denn das war es wohl in Wirklichkeit.«
    Der Arzt trat ein und starrte Bolitho an wie ein erzürnter Faun. »Bei allem Respekt, Sir, aber wollen Sie unbedingt sterben?« Herrick sagte finster: »Halten Sie den Mund, und tun Sie das Notwendige.« Auf dem Wege zum Türvorhang setzte er noch hinzu: »Sie könnten ebe nsogut versuchen, einen angreifenden Bullen aufzuhalten.«
    Aber in seiner Stimme war kein Humor, und noch lange, nachdem er den Raum verlassen hatte, hingen seine Worte in der Luft.
    Major Clinton sagte: »Es ist wohl das beste, wenn wir hier halten, Sir.« Er schaute durch das schmale Wagenfenster. »Wie rücksichtslos, diese Dinge an solch einem Ort auszutragen!«
    Bolitho kletterte aus dem Wagen und spähte zum Himmel. Es war fast acht Uhr, aber das Licht immer noch mäßig.
    »Ich schaue mich nach dem Sekundanten des Burschen um, Sir. Es wird nicht lange dauern.« Aber Clinton zögerte. »Wenn Sie wirklich entschlossen sind, Sir?«
    »Das bin ich. Und denken Sie daran: Beschränken Sie Ihre Bemerkungen zu Roches Sekundanten auf ein Minimum.«
    Clinton nickte. »Ich werde es nicht vergessen, Sir. Genau wie Sie befohlen haben, obwohl…« Er beendete den Satz nicht.
    Bolitho legte seinen Hut auf den Wagensitz und zog den Umhang fester um sich. Einzelheiten fielen ihm auf: Spatzen, die nach Futter suchten; der dick eingemummelte Kutscher, der bei seinen Pferde stand und ihre Köpfe hielt, um sie zu beruhigen, wenn die ersten Pistolenschüsse fielen; und daß seine Hände feucht waren.
    So ähnlich mußte einem zum Tode Verurteilten zumute sein, dachte er flüchtig. Als ob er die Zeit anhalten könne, wenn er sich auf die kleinen, alltäglichen Dinge konzentrierte.
    Clinton kam mit grimmiger Miene zurück. »Sie erwarten uns, Sir.« Bolitho schritt neben ihm durch das nasse Gras zu einer kleinen Lichtung, hinter der – wie Clinton erklärte – ein Sumpf lag.
    Clinton sagte: »Die Pistolen sind geprüft und akzeptiert.«
    »Was hat er gesagt, das Sie so verärgert hat, Major?«
    »Verdammte Frechheit! Als ich ihm sagte, daß Mr. Pascoe in See gehen mußte und ein anderer Marineoffizier der Familie an seine Stelle treten würde, lachte er und sagte: ›Das wird weder sein Leben noch seine Ehre retten‹.
    Bolitho sah zwei Wagen, die diskret unter einigen Bäumen standen. Der eine war der seines Gegners, der andere zweifellos der eines vertrauenswürdigen Arztes. Er beobachtete, wie Roche und sein Sekundant zielbewußt auf sie zuschritten. Roche war ein imponierend aussehender Mann, der selbstgefällig und zuversichtlich einherstolzierte.
    Sie standen einander gegenüber, und Roches Sekundant sagte scharf: »Sie machen jeder fünfzehn Schritte, drehen sich um und feuern. Wenn keiner fällt, tritt jeder fünf Schritte vor und feuert wieder.«
    Roche entblößte grinsend die Zähne. »Lassen Sie uns endlich anfangen. Ich brauche einen Drink.«
    Bolitho musterte die beiden offenen Kästen der Duellpistolen und hatte lediglich den einen Gedanken, daß es für einen geübten Schützen leichter war, seinen Gegner zu töten, wenn er beide Pistolen auf einmal benutzte.
    Er sagte: »Nehmen Sie meinen Umhang, Major«, und bemühte sich, nicht in Roches Gesicht zu schauen, als er den Umhang von den Schultern warf. Im grauen Morgenlicht, vor den kahlen, triefenden Bäumen, hob sich seine Uniform malerisch ab: die blitzenden Epauletten, der Goldstreifen auf seinem Ärmel, die Knöpfe, von denen einer – auf

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