Galgenberg: Thriller (German Edition)
bedeutete, dass sie ihr gravierte Geschenke machte.
Ein Handy, ein billiges Nokia.
Kein iPod.
»Ihre Handyverbindungen?«
Langa reichte ihm einen Ausdruck.
Riedwaan fragte nicht, woher er den hatte.
Gerade als Goodman ihn zur Tür brachte, erschien Mrs Langa mit einem Tablett mit Tee und ein paar Keksen.
»Rufen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen«, sagte Goodman.
»Bestimmt«, entgegnete Riedwaan.
Er scrollte durch Ritas Nummern, bis er Agnes gefunden hatte. Er holte tief Luft. Jemand musste sie anrufen. Ihr alles erklären. Am besten er selbst. Schließlich würde Agnes seinetwegen ihre Geschenke zurückbekommen. Das tat der Tod den Menschen an: Er enthüllte Dinge, die sie für sich behalten hatten. Er hörte Ritas Mailbox ab.
»Hey, Baby. Ich habe die ganze Nacht versucht, dich zu erreichen.« Die Frau hatte eine raue Morgen-danach-Stimme. Agnes.
Riedwaan rief Louise an, bat sie, Agnes ausfindig zu machen und dann zu ihr zu fahren. Er brachte es nicht übers Herz, ihr das am Telefon zu sagen.
26
Das Röhren eines Motorrads holte Clare aus einem dunklen Schacht des Schlafes. Einer Felsspalte, gefüllt mit Klangscherben. Eine Frau in einem grünen Kleid, die ins Bodenlose fiel, die Arme in den düsteren Himmel erhoben. Ein Augenblick des fassungslosen Entsetzens, bevor sie in die Dunkelheit stürzte.
Clare schüttelte die Gewalt in ihren Träumen ab und dachte an Riedwaan in Johannesburg. Sie stolperte aus dem Bett und zog den Kimono zu. Bilder ballten sich in ihrem Kopf. Suzanne le Roux, die zwei Jahrzehnte zusammengekauert in ihrem improvisierten Sarg gelegen hatte. Ihre alleingelassene Tochter.
Clare öffnete die Vorhänge, die Fenster. So früh am Morgen war die Luft noch kühl, leckte verspielt an den Stellen nackter Haut. Sie machte Kaffee und nahm ihn mit auf den Balkon. Der Signal Hill legte lange Schatten, bis die Sonne schließlich über die Kuppe floss und selbst das schäbigste Blechdach auf den Flats im Osten vergoldete. Rauchfahnen zogen durch den Himmel über dem Hottentots-Holland-Naturschutzgebiet auf der anderen Seite der False Bay. Feuer und Wind. Die beiden Elemente, die das Kap geformt hatten. In der Tafelbucht schnitten Delfine durch das Wasser. Lange, träge Wellen hinter den Brechern. Sie löste die Hände von der leeren Kaffeetasse. Das Koffein hatte ein Loch durch den Nebel in ihrem Kopf gebrannt.
Sie breitete Dokumente und Zeitungsausschnitte auf dem Küchentisch aus.
Und Fotos.
Das grüne Kleid, die silbernen Blätter um den Hals der Frau. Ein verschwommenes Bild, auf dem sie Lilith umarmte. Eine distanzierte Umarmung, wie sie Mütter ihren Kindern zukommen lassen, wenn sie keine klebrigen Finger auf einem Abendkleid und keine kleinen Lippen auf einem scharlachroten Lippenstiftmund spüren wollen.
Clare erstellte eine Zeittafel aus gelben Post-its. Der Zeitpunkt, an dem Suzanne das letzte Mal lebend gesehen wurde. Wobei das nicht wirklich das letzte Mal gewesen war. Wer auch immer Suzanne umgebracht hatte, hatte sie ebenfalls gesehen. Wer ihren noch warmen Leichnam vergraben hatte. Die unauslöschliche Intimität des Mordes. Ein Band, enger als irgendeine Ehe, das Opfer und Täter fester verband als jede liebende Umarmung.
Sie schob die Fotos beiseite. Dutzende Male hatte Clare sie angesehen. Nichts war ihr aufgefallen. Das undurchdringliche Labyrinth eines fremden Lebens.
Kommetjie lag eine halbe Stunde entfernt. Sie schloss den Wagen ab und ging zum Strand. Der Algengeruch – salzig, verrottet – trieb schwer in der Luft. Ein Border Collie stand neben einem Handtuch an der Flutgrenze. Reglos wie eine Kobra kurz vor dem Zuschnappen blickte der Hund aufs Wasser. Clare folgte seinem Blick und machte das Herrchen unter einer kleinen Gruppe frühmorgendlicher Surfer aus. Der Mann erwischte eine Welle und paddelte bäuchlings auf seinem Board mit. Dann erhob er sich mit einer mühelosen Bewegung und ritt die Welle, die Knie leicht gespreizt, bis sie sich in weißem Schaum auflöste. Er ließ sich ins Wasser fallen, sodass das am Knöchel befestigte Brett sich kurz gegen den Himmel abzeichnete, tauchte unter und schwamm an den Strand, wo ihn Clare mit ihrem Aktenkoffer erwartete.
»Sie müssen Clare Hart sein«, stellte er nach einem prüfenden Blick fest. »Pedro hat mir gesagt, dass Sie kommen würden. Ich bin Ian Wilde, wie Sie wahrscheinlich schon erraten haben.«
Die Hündin knurrte kehlig, leise und drängend.
»Diese eifersüchtige Ziege.« Er
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