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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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über das Knarren der Ruder und das Plätschern des Wassers hinweg belauschen konnte. »So leid es mir tut, aber jetzt sind Vorwürfe gegen Mr. Durban erhoben worden, obwohl er doch tot ist und sich nicht mehr dagegen wehren und die Wahrheit sagen kann.Wenn Sie mich fragen, tut so was nur ein Feigling, der nicht den Mut hatte, was gegen ihn zu sagen, als er noch lebte.« Seine Stimme bebte vor Empörung und einem tiefen Schmerz, der zu mächtig war, um sich verbergen zu lassen.
    »Dann werden wir an seiner Stelle die passende Antwort darauf geben«, knurrte Monk und merkte noch während des Sprechens, wie übereilt seine Worte waren. Doch er war bereit, sie konsequent in die Tat umzusetzen. Solche Feigheit war verachtenswert. »Was wird ihm vorgeworfen? Und wer steckt überhaupt dahinter?«
    Ormes Gesicht verriet seine Anspannung. Er war ein ruhiger Mann, sanft, wenn auch vielleicht nicht von umfassender Bildung. Ein-, zweimal hatte er eine Bemerkung über seine christliche Erziehung gemacht. Er war mit Sicherheit nicht jemand, der zu lautem Gelächter neigte, außer es war freundlich und gutmütig. Es bereitete ihm Kummer, dass er Monk auf diese Frage antworten musste.
    Sie erreichten die Haupströmung, deren Kraft das Boot zum Schlingern brachte. Das Wasser klatschte laut gegen den Rumpf, sodass Orme die Stimme heben musste. »Ein Offizier der Regierung, Sir, und zwei Friedensrichter. Sie behaupten, Mr. Durban hätte Jungs zu Phillips auf das Boot gebracht. Sie verwenden die Indizien, die wir ermittelt haben, gegen uns. Dabei hat Mr. Durban doch nur ein paar von den Mudlarks , Taschendieben, Schmierestehern und Nichtstuern zu einer ehrlichen Arbeit verholfen. Aber sie behaupten, er hätte sie in die Prostitution getrieben, damit sie sich für Männer hergeben, in Guckkästen schlimme Sachen machen und für schmutzige Fotografien posieren.« Er schluckte.
    Monk konnte sehen, dass es ihm Mühe bereitete, den nächsten Gedanken in Worte zu fassen. »Ja?«, half er mit belegter Stimme nach.
    »Und dass Mr. Durban Phillips betrogen hat und ihn aus dem Weg räumen wollte, damit er sein Geschäft übernehmen und es selbst betreiben kann.« Orme starrte Monk trübsinnig an. Seine Augen flehten geradezu um Widerspruch, verrieten aber zugleich auch den Willen und die Kraft zum Kämpfen.
    Monk unterdrückte einen Brechreiz. Die Indizien, die er als Nachfolger Durbans entdeckt hatte, konnten nur allzu leicht zur Untermauerung solcher Unterstellungen verwendet werden. Das alles ließ sich tatsächlich genauso gut gegen Durban richten: Warum war er bei Phillips’ Verfolgung so sprunghaft gewesen, warum hatte er ihm einen Monat lang wütend zugesetzt, nur um ihn im nächsten Monat schlichtweg zu ignorieren? War es ihm dabei um den Schutz Reillys oder irgendeines anderen Jungen gegangen? Oder hatte das womöglich dazu gedient, seine Interessen an dem Gewerbe zu fördern oder – schlimmer noch – Geld aus Phillips herauszupressen? Handelte es sich um einen persönlichen Krieg? Natürlich, was denn sonst! Alles deutete darauf hin, und Orme wusste das besser als er, auch wenn ihm die Gründe dafür nicht klar waren. Durban hatte Phillips mit unermüdlicher Leidenschaft verabscheut und war weit über die Grenzen des Gesetzes hinausgegangen. Und er hatte seine Amtsgewalt auch dafür eingesetzt, Druck auf Menschen auszuüben, wenn er etwas Bestimmtes von ihnen wollte. Manche meinten sogar, dass er sie missbraucht hatte.
    Und wer war Mary Webber? Niemand schien das zu wissen. Bisher hatte sich niemand gefunden, der ihren Namen in einen Zusammenhang mit diesem Fall brachte.
    Warum hatte Durban hinsichtlich seiner Herkunft gelogen? Einfach aus der gewöhnlichen menschlichen Schwäche heraus, die jeden in Versuchung führt, sich als wichtiger, interessanter, begabter, erfolgreicher darzustellen, als er ist? Wie mochte seine Vergangenheit wirklich ausgesehen haben, dass er sie später leugnete?
    Orme beobachtete ihn immer noch und wartete auf ein aufmunterndes Wort. Er musste sich schrecklich einsam fühlen, auf sich allein gestellt in einem Kampf, für den man ihn nicht gerüstet hatte.
    »Wir müssen die Wahrheit herausfinden«, erklärte Monk mit fester Stimme. »Nur sie wird uns in dieser Sache helfen. Und wir müssen sorgfältig darauf achten, wem wir trauen. Es scheint jemanden zu geben, der gegen uns arbeitet.«
    »Mehr als einen«, murmelte Orme unglücklich, den Blick weiter stetig auf Monk gerichtet. »Es tut mir leid, Sir, aber

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