Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
gewiss, er hat den Jungen ermordet, Gott weiß, warum. Es wäre sicher sehr viel leichter gewesen, ihn in eines der Schiffe zu setzen, die täglich in See stechen, und weit weniger riskant …«
    »Das diente vor allem der Disziplinierung, Sir«, unterbrach ihn Monk. »Den übrigen Jungen sollte vorgeführt werden, was mit denen geschieht, die sich widersetzen.«
    »Nicht gerade effizient«, konterte Farnham. »Sie würden nicht weglaufen, wenn sie nicht glaubten, dass sie es schaffen würden.«
    »Aber dann würde er einfach einen von den anderen umbringen«, erklärte Monk, den Blick auf Farnhams Gesicht gerichtet. »Einen der Jüngeren und Verletzlicheren, einen, den der Flüchtige besonders gern mag.«
    Farnham erblasste und setzte zu einem üblen Fluch an, nur um sich dann auf die Zunge zu beißen.
    Monk war noch nicht fertig. »Dahinter steckt noch viel mehr, Sir. Haben Sie schon einmal überlegt, was für eine Sorte von Männern seine Kunden sind?«
    Farnhams Lippen kräuselten sich in unbewusstem Ekel. »Männer mit obszönen und unkontrollierten Begierden. Der Gang zu Straßenmädchen mag – wenn man seine Vorstellungskraft strapaziert – verständlich sein. Der Missbrauch eingeschüchterter, verängstigter Kinder ist es nicht.«
    Monk schüttelte heftig den Kopf. »Nein, Sir, das ist er wahrlich nicht. Aber das war nicht der Aspekt, den ich im Sinn hatte. Phillips’ Kunden sind erbärmlich, aber sie sind auch reich, sonst könnten sie sich seine Dienste nicht leisten. Das ist kein reines Bordell, was er betreibt, sondern sehr viel mehr: Bewirtung, Kostümierung, Pantomime, Fotografien. Und dafür zahlen sie gut.«
    »Ihr Argument, Monk? Phillips’ Profite kennen wir. Deswegen veranstaltet er schließlich das Ganze. Es lohnt kaum einer Erwähnung.«
    »Doch, Sir«, widersprach Monk in dringendem Ton. »Aber es ist nicht der einzige Grund. Vielleicht noch wichtiger als das Geld selbst ist seine Macht.« Er beugte sich weiter vor, und seine Stimme wurde schärfer. »Es sind wichtige Männer; einige von ihnen bekleiden hohe Ämter. Ihnen ist völlig bewusst, dass ihre Gelüste nicht nur abartig sind, sondern auch kriminell, weil es eben um Jungen geht.« Er sah an Farnhams Augen, wie diesem das Entsetzliche dämmerte. »Sie sind in jeder Hinsicht korrumpierbar, Sir. Haben Sie sich nie gefragt, warum Durban ihn nicht längst festnehmen konnte? Er war oft nahe dran, aber Phillips kam immer davon. Oliver Rathbone hat ihn verteidigt, aber wer hat Rathbone damit beauftragt? Wissen Sie das? Ich nicht. Aber ich würde es für mein Leben gern wissen.«
    »Das könnte …« Farnham unterbrach sich, die Augen weit aufgerissen.
    »Genau, Sir«, vollendete Monk den Satz für ihn. »Das könnte fast jeder sein. Ein Mann, der innerlich Leibeigener eines Teufels und äußerlich einem Monster wie Phillips verfallen ist, ist zu allem fähig. Er könnte im Herzen unserer Justiz sitzen, in unserer Industrie, ja, in unserer Regierung. Wollen Sie immer noch, dass ich Phillips vergesse und mich auf Einbrüche in Lagerhäusern und den einen oder anderen Diebstahl von Frachtgut auf dem Wasser konzentriere?«
    »Ich könnte Ihre Worte diesem verdammten Journalisten, der neulich bei mir war, unter die Nase reiben«, murmelte Farnham. »Gott allein weiß, was er damit anstellen würde. Er behauptet, die Korruption sei in der Wasserpolizei tief verwurzelt und nicht mehr auszumerzen und die Öffentlichkeit hätte ein Recht darauf, im Detail zu erfahren, worin sie besteht und wohin sie führt. Er schlägt sogar vor – vorerst nur mündlich, aber es wird bald in der Zeitung stehen -, dass wir als selbständige Einheit zerschlagen und auf die verschiedenen lokalen Polizeiwachen verteilt werden sollten. Unser Überleben hängt davon ab, Monk!«
    »Ja, Sir. Ich habe schon entsprechende Gerüchte gehört. Andererseits könnte dieser Mann einer von Phillips’ Kunden sein oder im Sold von jemandem stehen, der es ist.«
    Farnham sah aus, als hätte Monk ihm eins übergezogen, doch er schlug nicht zurück. Er schien vielmehr wütend auf sich selbst, weil er nicht an diese Möglichkeit gedacht hatte. »Er hat sogar zu bedenken gegeben, dass Durban als Partner an Phillips’ Gewerbe beteiligt gewesen sein könnte«, zischte er. »Und er habe Phillips mit der Absicht verfolgt, das ganze Geschäft zu übernehmen. Das wird er auch in der Zeitung schreiben, wenn wir keinen Weg finden, ihn daran zu hindern.« Seine Schultern waren hochgezogen, als

Weitere Kostenlose Bücher