Galgenfrist für einen Mörder: Roman
knappen Geste wies er Monk an, sich auf dem Stuhl ihm gegenüber niederzulassen.
»Der Fall Phillips ist abgeschlossen«, knurrte er, die Augen hart und flach. »Sie haben verloren. Genauer gesagt, nicht nur Sie, Monk, sondern die gesamte Wasserpolizei. Nur scheinen Sie sich nicht im Geringsten über das Ausmaß der ganzen Angelegenheit im Klaren zu sein.« Mit erhobener Hand gebot er Monk zu schweigen, nur für den Fall, dass dieser daran dachte, sich zu verteidigen. »Es war schlimm genug, dass dieser elende Kerl aufgrund Ihrer Unfähigkeit und der Gefühlsduselei Ihrer Frau freigesprochen wurde, auch wenn man von Frauen natürlich nichts anderes erwartet, aber …«
Monk konnte vor Zorn kaum noch still sitzen. »Sir, das …«
»Sie reden erst, wenn ich fertig bin!«, explodierte Farnham. »Bis dahin will ich kein Wort hören! Ich bin von Ihnen enttäuscht, Monk. Durban hat Sie mir wärmstens empfohlen, und ich war so dumm, auf ihn zu hören. Aber dank Ihrer Wichtigtuerei und Ihrer Besessenheit von dieser Sache mit Phillips wissen jetzt nicht nur ich, sondern auch die meisten höheren Polizeibeamten, die Hälfte der Fähr-und Leichterschiffer, die Dockarbeiter und die Männer in den Warenlagern beide Flussufer hinauf und hinunter sehr viel mehr über den verstorbenen Kommandanten Durban, als wir je erfahren wollten. Hören Sie auf damit, Monk! Das ist ein Befehl! Es gibt weiß Gott genügend Verbrechen an der Themse, die dringend Ihrer Aufmerksamkeit bedürfen. Klären Sie sie, alle, und zwar zügig und den Gesetzen entsprechend. So können Sie damit anfangen, nicht nur Ihren eigenen Ruf wiederherzustellen, sondern auch den unseren.«
»Kommandant Durban war ein guter Offizier«, stieß Monk zwischen aufeinandergepressten Zähnen hervor. Erneut hatte er die Szene vom gestrigen Abend vor Augen, als ihm Hester erzählt hatte, was sie herausgefunden hatte. Aus Furcht, seine Gefühle zu verletzen, hatte sie gezögert, doch ihr war klar gewesen, dass es ihre Pflicht war. Jetzt funkelte er Farnham herausfordernd an. »Und mir ist nichts Ehrenrühriges über ihn zu Ohren gekommen.«
»Das legt den Schluss nahe, dass Sie kein guter Detective sind«, schnaubte sein Vorgesetzter. »Trotz Ihrer immensen Bemühungen scheint es eine beträchtliche Menge an Details zu geben, die Ihnen entgangen sind.«
»Nein, Sir, das trifft nicht zu«, widersprach Monk. Was da über ihn behauptet wurde, war eine glatte Lüge, und dagegen wollte er sich bis zum Schluss verwahren. »Ich habe Durbans Leben bis zum Tag seiner Geburt zurückverfolgt. Nur habe ich es vorgezogen, meine Erkenntnisse nicht mit anderen zu erörtern, weil es sie einfach nichts angeht. Er war ein guter Mensch und verdient es wie jeder von uns, dass seine Familienangelegenheiten rein privater Natur bleiben.«
Farnham starrte ihn über den Tisch hinweg an. Nach und nach verebbte sein Zorn, zurück blieb ein müder, besorgter Ausdruck.
»Vielleicht«, räumte er ein. »Aber jetzt bedrängen uns die Zeitungsschreiber mit immer neuen Fragen über ihn, warum er so besessen von diesem verdammten Phillips-Fall war und warum Sie so erbärmlich schlecht sind und wir nichts tun, um Sie an die Kandare zu nehmen. Sie überlassen die Hälfte der regulären Arbeit, die in Ihre Verantwortung fällt, einfach Orme. Er leugnet das zwar, aber andere behaupten, dass es stimmt. Orme ist ein loyaler Polizist. Er verdient Besseres, als mit Ihren Aufgaben belastet zu werden, während Sie immer noch Phillips nachjagen. Der Kerl hat uns geschlagen. Das passiert manchmal. Wir können nicht jeden einzelnen Schurken fassen, der am Fluss sein Unwesen treibt.«
»Diesen einen müssen wir fassen, Sir. Er ist wie eine schwärende Wunde, die den ganzen Körper vergiftet, solange sie nicht ausgemerzt wird.«
Farnham zog die Augenbrauen hoch. »Ist er das? Oder reden Sie sich das einfach ein, weil er erst Durban und jetzt Sie geschlagen hat? Können Sie schwören, dass das nichts mit Stolz zu tun hat, Monk? Und können Sie es mir beweisen?«
»Sir, Phillips hat einen Jungen, Figgis, ermordet, weil Figgis der Sklaverei, in der Phillips ihn hielt, entkommen wollte, und dieses Dasein war schlimmer als Zwangsarbeit, denn er war Opfer von Pornografie und diente dem Vergnügen und der Unterhaltung von Phillips’ Kunden …«
»Das ist widerwärtig!« Farnham schüttelte sich vor Ekel. »Aber Bordelle gibt es in ganz London und in jeder Stadt Europas. Überall auf der Welt, soviel ich weiß. Und
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