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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ich bei den Frauen weiter, die wir gegenwärtig hierhaben.«
    »Schön«, sagte Squeaky mit fester Stimme, unschlüssig, ob er ihr danken solle, entschied sich dann aber dagegen. Schließlich tat Hester das alles für sich selbst, nicht für ihn. »Ich werde hier warten«, verkündete er.
    Hester ließ ihn allein und suchte Bessie auf, die ihr nichts sagen konnte, außer dass Ruby ihrer Meinung nach in den letzten Tagen eine äußerst wichtige Miene zur Schau getragen, heute Morgen aber bedrückt gewirkt hatte.
    Hester bedankte sich überschwänglich und lief weiter.
    Sie traf Ruby in der Speisekammer an, wo sie die Gemüsevorräte überprüfte.
    Hester beschloss, jedem Leugnen zuvorzukommen, indem sie ihr von vornherein schuldhaftes Verhalten unterstellte. Ein solches Verhalten ging ihr normalerweise gegen den Strich, aber die jüngste Entwicklung erforderte außergewöhnliche Maßnahmen. Claudine war verschwunden, und sie mussten sie aufspüren und dann alles tun, um ihr zu helfen.
    »Guten Morgen, Ruby«, begann sie. »Bitte vergessen Sie die Möhren und hören Sie mir zu. Mrs. Burroughs wird vermisst und steckt womöglich in Schwierigkeiten, wenn ihr nicht sogar Gefahr droht. Ihr Mann scheint keine Ahnung zu haben, wo sie ist. Sie ist in den letzten zwei Nächten nicht mehr zu Hause gewesen, hier aber auch nicht. Wenn Sie etwas wissen, müssen Sie es mir sofort sagen.«
    »Vorgestern Nacht war sie hier«, antwortete Ruby mit Bedacht und legte einen Bund Möhren auf die Bank.
    »Niemand hat sie hier gesehen. Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht im Datum irren?«
    »Ja, Miss, das bin ich. Sie is’ müde und ganz schön mitgenommen zurückgekommen. Wollte nich’, dass irgendwer sie sieht. Hat im Fieberzimmer geschlafen. Is’ früh aufgebrochen. Ich bin ihr begegnet.«
    »Sie sind ihr begegnet? Wohin ist sie gegangen?«
    Ruby starrte ihr unverwandt in die Augen. »Das kann ich Ihnen nich’ sagen, Miss. Ich hab ihr mein Wort gegeben.« Ihre Augen glänzten, und ihre Wangen waren leicht gerötet.
    Ein schrecklicher Verdacht befiel Hester. Rubys Augen verrieten ihr, dass sie das Ganze für ein Abenteuer hielt. Claudine war aufgebrochen, um etwas zu tun, das ihr Rubys höchste Bewunderung einbrachte. Ihr stockte der Atem. »Ruby, Sie müssen es mir sagen. Sie ist womöglich in schrecklicher Gefahr! Jericho Phillips foltert und ermordet Menschen!« Rubys Gesicht wurde kreidebleich. »Heraus mit der Sprache!« Sie hob die Hände, als machte sie Anstalten, Ruby an den Schultern zu packen und durchzuschütteln, bremste sich aber im letzten Moment.
    »Ich hab’s ihr doch versprochen!«, flüsterte Ruby. »Ich hab ihr mein Wort gegeben!«
    »Sie sind von Ihrem Wort entbunden«, erwiderte Hester in eindringlichem Ton. »In allen Ehren entbunden. Wohin ist sie gegangen?«
    »Wollte rausfinden, wo sie die Fotografien verkaufen, die Phillips macht.«
    »Was?« Hester prallte entsetzt zurück. »Wie denn? Was soll das heißen? Man kann doch nicht einfach in einen Laden spazieren und fragen, ob dort Pornografie verkauft wird! Hat sie den Verstand verloren?«
    Ruby stöhnte ungeduldig auf. »Natürlich nich’. Sie hat sich als Streichholzverkäuferin verkleidet, mit allem Drum und Dran bis runter zu den Stiefeln. Ich hab ihr’nen alten Rock und’nen Schal von’ner Frau hier besorgt und die Zähne und das Gesicht geschwärzt. Sie würden sie nie von’ner echten Streichholzfrau unterscheiden können, das schwör ich Ihnen.«
    Hester ließ den Atem langsam entweichen; schon jagten ihr die grässlichsten Vorstellungen durch den Kopf. »Möge Gott uns helfen«, stöhnte sie. Es hatte keinen Sinn, Ruby Vorwürfe zu machen. »Danke, dass Sie mir die Wahrheit gesagt haben. Zählen Sie jetzt die übrigen Kartoffeln.«
    »Wird es denn gut für sie ausgehen, Miss Hester?«, fragte Ruby bange.
    Hester blickte sie an. Rubys Gesicht war vor Angst verzerrt, ihre Augen waren dunkel.
    »Ja, natürlich«, erwiderte Hester hastig. »Wir müssen nur losziehen und sie finden, das ist alles.« Damit ließ sie sie stehen und kehrte eilig in ihr Büro zurück, wo Squeaky auf sie wartete.
    Sie hatte ihm fast alles berichtet, was sie von Ruby erfahren hatte, als Margaret Rathbone hereinplatzte. Ihre Miene verriet deutlich, dass sie einen Großteil des Gesprächs belauscht hatte.
    »Guten Morgen, Margaret«, begrüßte Hester sie erstaunt. »Ich wusste nicht, dass Sie im Haus sind.«
    »Das hatte ich mir fast schon gedacht«, erwiderte Margaret

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