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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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wollte ich einfach nur beichten. Ich wollte nicht allein sein mit meinem Gefühl, etwas Fragwürdiges getan zu haben, etwas, das mich auf absehbare Zeit wohl immer stärker belasten wird.«
    Henry nickte. »Das glaube ich auch. Aber das Eingeständnis, dass du unzufrieden bist, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es kostet wesentlich weniger Kraft, einen Fehler zu beichten, als dauerhaft zu versuchen, ihn zu verbergen. Möchtest du noch ein Glas Médoc? Eigentlich können wir diese Flasche doch leeren. Und ein Stück Apfelkuchen? Ich glaube, wir haben noch ein bisschen Sahne.«
     
    Rathbone kam spät nach Hause. Zu seiner Verwunderung war Margaret immer noch wach. Eine noch größere Überraschung – und eine unangenehme obendrein – war die Erkenntnis, dass er sich darauf verlassen hatte, dass sie schlafen würde und sich somit eine Erklärung seines Ausbleibens bis zum nächsten Morgen verschieben ließe. Dann würde er es freilich eilig haben, zur Kanzlei aufzubrechen, und könnte dem Thema erneut ausweichen.
    Sie wirkte müde und besorgt, war jedoch offenbar bemüht, das zu verbergen. Besorgt war sie sicher deswegen, weil sie nicht wusste, wie sie ihn darauf ansprechen sollte.
    Rathbone wollte sie einfach umarmen, um ihr zu vermitteln, dass solche Banalitäten nur oberflächlicher Natur und nicht von dauernder Bedeutung waren, doch dann erschien ihm eine solche Geste unnatürlich. Und schlagartig befiel ihn ein bohrendes Gefühl von Einsamkeit, als er erkannte, dass sie einander nicht gut genug, nicht intim genug kannten, um solche mentalen Vorbehalte zu überwinden.
    »Du musst müde sein«, sagte sie etwas steif. »Hast du zu Abend gegessen?«
    »Ja, danke. Ich habe zusammen mit meinem Vater gespeist.« Jetzt würde er auch noch eine Erklärung dafür finden müssen, warum er nach Primrose Hill gefahren war, ohne sie mitzunehmen. Er konnte ihr unmöglich die Wahrheit sagen, doch nun ärgerte es ihn, dass er sich in eine Lage manövriert hatte, in der er sie anlügen musste. Wie würdelos und lächerlich das doch war!
    Ebenso plötzlich und schmerzhaft wurde ihm klar, dass er Hester die Wahrheit gesagt hätte. Mit ihr hätte es womöglich einen lauten Streit gegeben, denn sie hätte ihm heftige Vorwürfe gemacht und bestimmt nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg gehalten. Am Ende hätten sie sich an entgegengesetzten Enden des Hauses ins Bett gelegt und hätten sich beide erbärmlich gefühlt. Irgendwann wäre er dann aufgestanden und zu ihr gegangen, um den Streit fortzusetzen, weil er es einfach nicht ertragen konnte, diese Sache ungeklärt zwischen ihnen stehen zu lassen. Die Emotionen hätten den Verstand und den Stolz beiseitegedrängt. Das Bedürfnis nach ihr wäre stärker gewesen als der Wunsch nach Würde oder die Furcht vor einer Blamage. Ihre Verletzlichkeit wäre ihm wichtiger gewesen als die eigene.
    Margaret war beherrschter. Sie erduldete alles lautlos und machte es mit sich ab, sodass er nie sicher sein konnte, was in ihr vorging. Ihrem Gesicht, das ruhiger, hübscher, konventioneller war als das Hesters, war nie etwas anzusehen. Das machte sie zu einer ruhigeren und für ihn weitaus bequemeren und passenderen Ehefrau, als Hester es je gewesen wäre. Bei Margaret musste er nie befürchten, dass sie etwas sagte oder tat, womit sie ihn in Verlegenheit brachte.
    Jetzt schuldete er ihr jedoch eine Erklärung, etwas, das der Wahrheit ähnelte, ohne sie zu beunruhigen. Er konnte ihr nicht erzählen, dass es ihr Vater gewesen war, der ihn dazu veranlasst hatte, Phillips aus Gefälligkeit zu verteidigen. Das brauchte sie nie zu erfahren, ja, sie durfte es nicht wissen, es sei denn, Ballinger erzählte es ihr selbst. So aber fiel es unter die berufliche Schweigepflicht.
    »Ich musste einen Fall erörtern«, sagte er laut. »Hypothetisch natürlich.«
    »Ich verstehe«, entgegnete sie kühl. Sie fühlte sich ausgeschlossen, und der Schmerz, den ihr das bereitete, war zu stark, um ihn zu verbergen.
    Er musste wohl etwas mehr sagen. »Hätte ich vorher mit dir darüber gesprochen, hättest du wissen wollen, um wen es geht, aber dann hätte ich gegen das Gebot der Vertraulichkeit versto ßen.« Wenigstens das stimmte. »Das darf ich einfach nicht.«
    Sie wollte ihm glauben. Ihre Augen weiteten sich, Hoffnung regte sich darin. »Hat es etwas genützt?«
    »Vielleicht. Zumindest sehe ich mein Problem jetzt etwas klarer. Eine solche Darlegung zwingt einen, seine Gedanken zu ordnen, und das sorgt

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