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Galgenfrist fuer einen Toten - Der 1 DOUGLAS BRODIE Thriller

Galgenfrist fuer einen Toten - Der 1 DOUGLAS BRODIE Thriller

Titel: Galgenfrist fuer einen Toten - Der 1 DOUGLAS BRODIE Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Ferris
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abgetrieben. Nun ja, wenn man die Abdrücke der Fahrradkette in meinem Gesicht geflissentlich ignorierte.
    Big Bill, mein alter Erdkundelehrer, hatte mich stets zu mehr Aufmerksamkeit im Unterricht ermahnt: Für jeden Menschen, meinte er, sei es wichtig, die Gesetze der Natur zu kennen. Hätte er mir damals doch nur gesagt, dass das eigene Überleben davon abhängen konnte. Die Gezeiten und Strömungen im Firth of Clyde waren für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Weder wusste ich, in welcher Richtung sie verliefen, noch ob sie sich abhängig von den Mondphasen veränderten. Ich erinnerte mich nur dunkel an Warnungen, dass Strömungen ausgesprochen tückisch sein konnten.
    Zumindest lag das Meer jetzt ruhig vor mir; es herrschte nur eine sanfte Dünung – Wellen, die sich kräuselten und mich wie einen Korken auf dem Wasser tanzen ließen.
    Ich drehte mich in Bauchlage und kraulte, weil mir nichts Besseres einfiel, mit stetem Schlag auf das Festland zu. Doch nach ein paar Minuten gab ich auf, da ich den Eindruck hatte, der Küste keinen Meter näher gekommen zu sein. Ich versuchte es mit Rückenschwimmen, weil ich mich dabei treiben lassen konnte, aber das brachte auch nichts, soweit ich es beurteilen konnte. Ich vergeudete lediglich Energie und damit wertvolle Körperwärme.
    Übrigens war ich nicht gänzlich allein hier draußen: Hin und wieder kreischte und kreiste eine Seemöwe über mir, bis sie zu dem Schluss gelangte, dass ich wohl doch noch nicht reif zum Anknabbern war. Aber sie würde wiederkommen, bis es sich lohnte.
    Es trieben auch verschiedene Dinge im Wasser: über Bord geworfener Ballast und Abfälle vom Festland. Offenbar gehörte ich zu Ersterem. Ein schöner großer Holzstamm wäre mir deutlich lieber gewesen. Gerne auch ein Ruderboot, das sich irgendwo aus seiner Vertäuung losgerissen hatte.
    Ich blickte auf meine Armbanduhr, die offenbar tatsächlich bis zu einer Tiefe von sechs Metern wasserfest war, wie es im Garantieschein stand. Wäre es anders gewesen, hätte ich jetzt allerdings kaum eine Chance gehabt, mich beim Hersteller zu beschweren ... Es war bereits 17:30 Uhr. Spätestens in zweieinhalb Stunden würde es hier draußen stockfinster sein. Was dann? Würde ich bis zum Morgen durchhalten? In welchem Stadium würde ich einfach Scheiß drauf! brüllen und aufgeben? Angeblich ist Ertrinken ja ganz einfach. Man muss lediglich die Lungen mit Wasser füllen und sich entspannen. Doch vermutlich hatte sich die Natur etwas dabei gedacht, als sie unsere Kiemen durch Nasenlöcher ersetzte, sodass der Versuch, die Entwicklung auf einen Schlag rückgängig zu machen, nicht allzu angenehm ausfallen würde.
    Plötzlich traf ein Schlag meinen ohnehin schon lädierten Kopf. Ich tauchte kurz ab, um nachzusehen, was mich erwischt hatte. Es war eine halb unter Wasser liegende Lattenkiste – eine Transportkiste, die mit TEA beschriftet war. Herzlichen Dank auch, Lipton! Ich schwamm darauf zu und klammerte mich an ihr fest, allerdings ging die Kiste sofort unter. Als ich sie losließ, schoss sie wieder nach oben. Ich tastete sie ab und stellte fest, dass sie an einer Seite offen war. Also drehte ich sie herum, leerte sie aus, so gut ich konnte, und stellte sie danach auf den Kopf, damit sie sich mit möglichst viel Luft füllte. Beim dritten Versuch ragte sie zu etwa einem Drittel aus dem Wasser. Vorsichtig schlang ich die Arme um mein provisorisches Floß und legte mich mit dem Oberkörper darüber. Sie schwankte zwar, trug jedoch mein Gewicht. Jetzt baumelten lediglich noch meine Hüften und Beine im Wasser.
    Gelegentlich hatte ich schon einen zum Ausbluten aufgehängten Hai im Fischereihafen von Ayr gesehen, konnte mich aber nicht mehr daran erinnern, ob diese Spezies eine Vorliebe für behaarte Männerbeine hatte. Auch Unwissenheit gibt manchmal Anlass zur Hoffnung.
    Mittlerweile befand ich mich seit rund einer Stunde im Wasser. Von meiner wackeligen Aussichtsplattform aus konnte ich erkennen, dass mich die Strömung parallel zur Küste nach Süden trug. Ich wurde in die sich weitende Bucht davongetragen, wo die letzte Eiszeit sich einen Brocken aus Ayrshire herausgebissen hatte.
    Eine Weile trieb ich auf die Küste zu und fasste ein bisschen Hoffnung. Doch dann geriet ich offenbar wieder in eine tückische Gezeitenströmung und verlor jegliche Orientierung. Als sich nach einer weiteren Stunde Dunkelheit über das Meer senkte und die Konturen der Küste verwischte, war mein Körper vor Kälte bereits

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