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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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gewahrte er Kartons. Etwa doppelt so groß wie Umzugskisten. Sie waren aufeinander gestapelt und es mussten hunderte sein. Die drei Kerle, die auf ihn zukamen, trugen Jeans, schwarze Schuhe und schwarze Lederjacken. Alle hatten ihre Haare bis auf den Schädel rasiert und machten einen durchtrainierten Eindruck. Schielin lächelte ihnen entgegen und fragte: »Blitzi?«
    »Chain Blitzi. Nix!« blaffte der Vorderste. Die drei verdeckten ihm nun die Sicht in die Halle. Einer der Glatzköpfe wies in den Gang hinter Schielin: »Dort! Blitzi!«
    Schielin lächelte unverdrossen, nickte dankend, ging einige Schritte rückwärts und entbot noch mal ein kurzes Winken, bevor er sich umdrehte. Kurze Zeit später befand er sich auf dem Weg zur Insel und überdachte das, was er gerade entdeckt hatte. Er war sich darüber sicher, etwas entdeckt zu haben. Nur was genau? Und was hatte Kehrenbroich mit einer von Russen betriebenen Handelsklitsche zu schaffen? Gut. Vielleicht gehörte Gepax zu den Kunden der Bank. Aber die Art und Weise wie Kehrenbroich mit diesen Leuten gesprochen hatte, deutete auf einen vertrauten und intensiveren Kontakt hin. Das Verhalten von Kehrenbroich hatte bei aller Aufgeregtheit auch etwas angstvolles, und Schielin brauchte nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, wovor Herr Bankdirektor Angst haben könnte. Die drei Gestalten da drinnen genügten. Doch auf welche Weise war alles miteinander verknüpft? Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Vor allem Zeit für ein gutes Gespräch mit Ronsard. Gar nicht schlecht also, dass Marja mit den Kindern in die Schweiz fuhr. Marja fiel ihm wieder ein. Die Gepax musste warten. Marja ging vor. Erst das Rosenspalier an der Heidenmauer brachte ihn in jene Stimmung, sich auf den kurzen Abend zu freuen.
    Es ließ ihm keine Ruhe. Es war spät am Abend. Marja war mit den Kindern bereits auf dem Weg in die Schweiz und Ronsard wie auch die Friesen waren gut versorgt, da machte er sich nochmals auf den Weg zur Dienststelle und recherchierte die Autokennzeichen. Zu seiner Überraschung waren die beiden Autos nicht auf eine Firma zugelassen, sondern auf einen gewissen Eugen Kubasch, der 1961 in Sverdskoje geboren war und in Langenargen wohnte. Wie Schielin weiter herausfand, hatte dieser Kubasch auch schon tüchtig arbeiten lassen. In seiner Kriminalakte fand sich eine ansehnliche Sammlung bestehend aus Körperverletzungen, Hausfriedensbrüchen und Nötigungen. Wie gut, dachte Schielin, dass Kubasch den irreführenden Weg der Rechtsverletzungen verlassen hatte und nun ein ehrenwerter Geschäftsmann geworden war. Wie gut. Schielin suchte weiter. Diesmal im Internet. Gepax verfügte über eine eigene Website und im Impressum tauchte Kubasch als geschäftsführender Gesellschafter auf. Schielin lachte böse, als er es las. Kubasch handelte hauptsächlich mit zwei Güterbereichen, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Second-Hand Industrieanlagen und – Fleisch. Ob das so gut zusammenpasst, dachte Schielin, der nun Hunger verspürte und sich auf den Nachhauseweg machte.
    Trotz der noch immer dräuenden Wolken, die weder Mond- noch Sternenschein durchdringen ließen, war die Luft lau. Ideal für die Radeltour, die ihm bevorstand.
     
    Es war noch schummrig, als er am nächsten Tag aufstand und nach einer Tasse Tee zur Weide radelte. Während er Ronsards Fell striegelte, erzählte er ihm vom Stand der Dinge. Ronsard stand wie eingefroren am Stamm des alten Birnbaums, der schon lange keine Früchte mehr trug, und allein seiner Schönheit wegen keiner Turbobirne weichen musste.
    »Also ich werde nicht schlau aus der Sache, mein alter Esel. Unser Kandras wird tot aus dem See gefischt. Umgebracht. Seine Frau – du erinnerst dich: die Untraurige, Nichtweinende – verachtet ihn, lässt sich aber nicht scheiden, trägt weiterhin seinen Namen. Und diese kühle Schöne ist ganz nebenbei im Besitz einer Bank. Sie hängt das nicht an die große Glocke. Nein. Sie versucht es sogar zu verbergen, indem sie ihren Mädchennamen verwendet. Und ausgerechnet diese Bank unterhält mit ihrem gefühlten Ex-Ehemann geschäftliche Beziehungen solcher Art, dass der Bankdirektor als erster und vielleicht auch einziger das Verschwinden seines Kunden registriert. Sonst scheinen sich Herr Direktor nicht so viele Sorgen zu machen, worauf der vertrauliche Umgang mit umgeschulten russischen Zuhältern deutet. Die präsentieren sich heutzutage im Internet, handeln mit gebrauchten Industrieanlagen und Fleisch. Welch eine

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