Galgentochter
die leichte Säure der Frucht. Nie zuvor hatte sie etwas so Köstliches gegessen. Sie musste sich zwingen, jeden Bissen langsam im Mund zergehen zu lassen und nicht zu schlingen.
Dann küsste sie Sebastian, gab ihm ab von der Süße ihres Mundes. Aus zwei Mündern wurde einer. Seine Hände glitten über ihre Brüste, die sich gegen den Stoff wölbten, seinen sanften und zugleich festen Händen entgegen.
Schon streifte er ihr das Kleid von den Schultern, sein Mund glitt über ihren Hals, zwischen den Brüsten entlang. Das Mädchen hatte die Augen geschlossen, nun, als sein Mund die Spitzen ihrer Brüste umfing, schlug sie sie auf. Sie sah den blauen Himmel und am höchsten Punkt dieSonne, die ihr mit ihrem Strahlenkranz wie das Rad, das Rad der Fortuna, erschien.
Sie begann zu zittern, zuerst die Unterlippe, dann die Hände. Noch fester umschlang Sebastian ihren schmalen Körper, wiegte sie hin und her. «Meine stumme Schöne», flüsterte er. «Sei ganz ruhig. Nichts geschieht, was du nicht möchtest.»
Da machte sie sich von ihm los, streifte Kleid und Unterkleid ab, bis sie nackt vor ihm stand. Er sah bewundernd zu ihr auf, ließ seine Hände sanft über ihren Körper gleiten. Dann presste er ihre Hände an seinen Mund und küsste sie, bevor er sie zu sich auf das weiche, kühle Moos hinunterzog.
Er hielt ihr einen Becher mit Wein an die Lippen, und sie trank davon, als wäre es Göttertrank. Die Farben um sie herum leuchteten strahlender, die Luft duftete intensiv. Dann begann sie zu fliegen, fühlte, was sie nie gefühlt hatte. Immer höher, immer weiter flog sie, bis sie das Sonnenrad, das Rad des Glücks, mit Händen zu greifen glaubte.
Später lag sie neben ihm, den Kopf auf seiner Brust, seine Hand weich auf ihrem Haar. Ihr Kopf war schwer, die Sinne berauscht, das Glück hatte sich in ihr eingenistet. Sie richtete sich auf, sah in sein Gesicht, sah die geschlossenen Lider, den weichen, scharf umkränzten Mund, die schmale Nase.
«Ich liebe dich», sagte sie plötzlich.
Sebastian schlug überrascht die Augen auf. «Du kannst sprechen!», rief er aus, doch in seinen Blicken stand neben Freude noch etwas, welches das Mädchen nicht benennen konnte. «Du sprichst also doch!»
«Ja», sagte sie. «Ich spreche, wenn ich glücklich bin. Bin ich es nicht, habe ich keine Worte. Die Angst lässt die Worte in mir verdorren.»
Er strich ihr das Haar aus der Stirn, drückte sie an sich, wiegte sie hin und her. Viel zu früh riefen die Kirchenglocken zum Abendgebet.
«Du musst gehen, nicht wahr?», fragte das Mädchen.
Sebastian nickte. Er stand auf, verstaute Silberbecher und Weinkanne in der linken Satteltasche, packte die Kuchen und Früchte in ein Leinensäckchen. «Nimm sie mit», sagte er. «Denk an mich, wenn du sie isst.»
«Das ist leicht», erwiderte das Mädchen. «Deine Küsse schmecken wie die Früchte, dein Atem ist süß wie die Kuchen.»
Lächelnd griff er in die rechte Satteltasche und holte einen Stoff heraus, den er dem Mädchen reichte. «Das ist Seide», sagte er. «Lass dir ein Unterkleid daraus nähen. Eines, welches du direkt auf der Haut trägst. Du sollst dir, wenn ich nicht bei dir bin, vorstellen, es seien meine Hände, die dich streicheln.»
Heiß wurde dem Mädchen, als ihre Phantasie seinen Worten folgte. Heiß durchströmte sie etwas Ungekanntes, sammelte sich in ihrem Schoß, machte sie feucht. Sie nahm den Stoff, ließ ihn über ihre immer noch bloße Haut fließen. Dann legte sie sich zu Boden, fuhr mit dem Stoff an sich herauf und hinab, schmiegte auch ihren Schoß daran.
Sebastian stand und betrachtete das Mädchen. Zuerst mit Verblüffung, doch schon bald änderte sich seine Miene, wurde weich, der Mund öffnete sich ein wenig, wirkte gierig. Er ließ sich neben sie sinken, bedeckte sie ganz und gar mit dem feinen Stoff, hauchte Küsse hindurch auf ihren Leib, bis sie zu seufzen begann. Sie schlang ihre Beine um seine Hüften, zog ihn mit den Armen zu sich herab. Sein Gesicht war über ihrem, sein Atem vermischte sich mit ihrem.«Ich liebe dich», sagte Sebastian in einem Tonfall, als wäre er selbst ganz und gar darüber verwundert. Er lachte, warf den Kopf zurück und rief laut: «Ich liebe dich!»
Das Mädchen zog ihn zu sich herab. «Für immer und ewig?»
Der Patrizier nickte. «Für immer und ewig. Mein ganzes Leben lang und über den Tod hinaus. Ich werde dich lieben, solange die Welt besteht.»
«Ich dich auch», flüsterte das Mädchen, das nun bewusst und
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