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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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fiel, bemerkte er nicht.
    Er legte seinen Autoschlüssel auf den Tisch und riss sich das Hemd vom Leib. Die kühle Luft auf seiner Haut tat gut. Tief atmete er durch, öffnete gerade den Reißverschluss an der Hose, als er etwas hörte, was nicht in seine kleine Wohnung passte. Er hielt in der Bewegung inne.
    »Bevor du dich weiter ausziehst, sage ich dir, dass du nicht alleine bist.«
    Erschrocken drehte sich Erik um. Vor ihm stand Mirna und grinste ihn frivol an. Mit zwei Fingern griff sie nach ihrem kurzen Top und schob es nach oben. Keck hüpften ihre Brüste mit steil aufgerichteten Brutwarzen vor seinen Augen.
    Erik atmete tief durch, wollte weggucken, aber seine Augen blieben hartnäckig an dem erotischen Anblick haften.
    Ein lautes Hämmern donnerte gegen seine Wohnungstür.
    »Wer ist das?«, fragte er. »Dein Freund Yannik?«
    Mirna zog ihr Top herunter und brummte mürrisch: »Woher soll ich das wissen?«
    »Wolltest du mich wieder reinlegen?«, brüllte Erik fast vor Wut. »Sollte die Tür für deinen Kameramann offen bleiben?«
    »Nein! Was denkst du von mir?«
    »Ich bin’s, Andrea«, schallte es durch die geschlossene Tür. »Mach bitte auf, ich höre deutlich, dass du da drin bist.«
    Erleichtert ging Erik durch den schmalen Flur zur Tür und ließ die Kollegin eintreten.
    Fast gleichzeitig huschte Mirna hinaus.
    »Was tust du denn hier?«, fragte Erik, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die Tür richtig ins Schloss gefallen war.
    »Ich war zufällig in der Gegend und dachte mir …«
    »In dieser Gegend ist keiner zufällig«, fiel ihr Erik ins Wort. »Es sei denn, du bist ein Junkie oder gehst auf den Russen-Strich.«
    Andrea merkte, dass ihre Taktik fehlgeschlagen war. Also antwortete sie ehrlich: »Ich habe gesehen, wie Yannik Hoffmann in Begleitung von Mirna Voss das Haus betreten hat. Und da ich eine Ahnung habe, aber nichts genaues weiß – weil ihr Männer gut zusammenhaltet – habe ich einfach mal abgewartet, was passiert.«
    »Und was ist passiert?«
    »Du bist kurze Zeit später gekommen. Und da dachte ich mir, ich …«
    »… störe die beiden«, vollendete Erik den Satz.
    »Genau.« Andrea nickte. »Und? Habe ich gestört?«
    »Nein«, murte Erik. »Oder doch! Oder … Ach was! Danke. Du bist genau im richtigen Augenblick gekommen.«
    Andrea lachte, als sie Eriks verzweifeltes Gesicht sah. Sie setzte sich an den Tisch, der am Fenster stand.
    »Gern geschehen«, meinte sie.
    »Warum tust du das? Du kennst mich doch kaum.«
    »Ich muss einen Menschen nicht jahrelang kennen, um ihn zu mögen«, antwortete Andrea.
    Erik eroberte den Kühlschrank und stellte zwei Flaschen Mineralwasser auf den Tisch, bevor er sich ihr gegenübersetzte.
    Eine Weile geschah nichts. Sie schwiegen sich an und genossen die Aussicht. Unter dem blauen Himmel war die Sicht so klar wie selten, sodass sie es ihnen ermöglichte, Einzelheiten der verschiedenen Formen der Hochhäuser zu erkennen.
    Bis Andrea das Schweigen brach: »Seit ich nach meiner langen Auszeit in Berlin zurückgekommen bin, sehe ich, dass hier so einiges im Argen liegt.«
    »Ach ja?« Erik stutzte.
    »Du wirkst haltlos auf mich. Dabei sollte dein Leben und was du daraus gemacht hast, dich stärken. Was treibt dich an?«
    Erik fühlte sich durchschaut von einer Kollegin, die er erst seit wenigen Tagen kannte. Andreas mandelförmige Augen konnten nicht nur Wärme ausstrahlen. Wie es schien, konnten sie auch tief blicken. Gerade jetzt blickten sie ganz tief in Eriks Innerstes, was er jedem zu verbergen versuchte.
    Andrea lachte, als Erik sie wortlos anstarrte, und meinte: »Du musst nicht mit mir darüber reden. Das verstehe ich, weil wir uns doch eigentlich gar nicht kennen.«
    »Ich …«, stammelte Erik. »Ich glaube, ich habe noch nie mit jemanden darüber gesprochen. Deine offene Art …«
    »… schockiert dich?«, beendete Andrea den Satz.
    »So hart wollte ich es nicht ausdrücken.«
    »Vielleicht ist es gut für Anke und dich, dass ihr eine Weile getrennt seid.«
    Erik schnappte nach Luft.
    »So ist euer Abstand groß genug und jeder kann in Ruhe darüber nachdenken, was der andere ihm wirklich bedeutet.«
    »Das glaubst aber auch nur du«, brummte Erik.
    »Warte nur ab. Wenn sie wieder zurück ist, wird sich zwischen euch etwas Entscheidendes verändern.«
    Erik widersprach nicht, weil er sehnlichst wollte, dass sich etwas zwischen ihm und Anke änderte. Weil er darauf hoffte dass Anke endlich seine Gefühle erwidern

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