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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Kollege schon selbst: »Komm! Lass uns in die Altstadt einen trinken gehen.«
    »Ich bin pleite«, gab Laug seine Bedenken gegen den verlockenden Vorschlag preis.
    »Das ist kein Problem. Ich lade dich ein.« Die Freude des Kollegen Dobler war unerschütterlich, wie es aussah.
    Plötzlich war ihm der Kollege sympathisch. Denn der Aussieht auf ein kühles Bier in einer gepflegten Kneipe konnte er nicht widerstehen. Hastig willigte er ein, bevor er in dieser unbarmherzigen Hitze vertrocknete.

Kapitel 63
    Fred Recktenwald saß im Vernehmungsraum und wartete. Ein Polizeibeamter stand in seiner Nähe und bewachte ihn.
    Schnur eilte durch den Flur und steuerte sein Büro an, als sein Blick durch die offenstehende Tür in das Zimmer fiel.
    Überrascht hielt er an und schaute auf den dasitzenden Mann.
    Andrea begegnete ihm im Flur. Anstelle eines Grußes fragte er: »Warum sitzt unser Hauptverdächtiger im Vernehmungsraum?«
    »Er wird gleich zur Untersuchungshaft im Lerchesflur gebracht. Wir warten auf unser Einsatzfahrzeug.«
    Schnur atmete tief durch, sagte aber nichts. Er spürte eine große Niedergeschlagenheit, die er vor seiner Mitarbeiterin nicht zugeben wollte.
    »Wo ist Erik?«, stellte Andrea eine Frage, die Schnur von seinen Gedanken ablenkte.
    »Er hat sich heuten einen Tag freigenommen. Der Fall ist abgeschlossen, da sprach nichts dagegen.«
    »Recht hat er«, murmelte Andrea und verschwand wieder in ihrem Büro.
    Als Schnur sich unbeobachtet fühlte, betrat er den Vernehmungsraum und setzte sich mit seiner Tasche unter dem Arm dem Hauptverdächtigen gegenüber.
    Fred wirkte noch dünner als vorher. Das Gesicht so grau wie seine Haare. Die Wangen eingefallen. Die Arme spindeldürr. Der Hals wie ein schmaler Strich. Alles an diesem Mann wirkte verloren. Seine Augen glänzten trübe, als habe er sich aufgegeben.
    »Sie werden jetzt in Untersuchungshaft zum Lerchesflur gebracht«, sprach Schnur.
    Keine Reaktion.
    »Sie bekommen dort eine Einzelzelle. Niemand kann Ihnen zu nahe kommen.«
    Immer noch keine Reaktion.
    »Außerdem bekommen Sie einen Anwalt gestellt.«
    Weiter Schweigen.
    Eine Weile schaute Schnur den Mann an. Das war keine Gleichgültigkeit, was ihm entgegenschlug. Das war Apathie.
    Schnur spürte, dass er hier nicht weiterkam. Im Gegenteil. Freds Reaktion verwirrte ihn. Er hatte schon einige Täter in den Räumen der Kriminalpolizeiinspektion erlebt. Aber dieser hier stellte alles bisher Erlebte in den Schatten. Warum konnte er nicht toben, schreien oder sonst etwas tun, um ihn von seiner Unschuld zu überzeugen? Damit käme Schnur zurecht. Aber Teilnahmslosigkeit! Gab Fred sich auf? Weil er schuldig war oder weil er unschuldig war?
    Schnur schüttelte den Kopf, rieb sich über sein rasiertes Kinn, bis ihm ein neuer Gedanke kam: Der Sturz vom Traktor, als Fred vier Jahre alt gewesen war.
    »Sie haben sich als Kind am Kopf schwer verletzt«, setzte er vorsichtig an, weil Freds Reaktion in der Vernehmung heftig ausgefallen war. Doch jetzt saß er nur teilnahmslos da.
    »Sind seit damals neue Untersuchungen gemacht worden?«, fragte Schnur weiter.
    Immer noch keine Antwort.
    »Reden Sie doch! Vielleicht finden die Ärzte dort etwas, was Ihnen helfen könnte, dass Ihr Urteil milder ausfällt.«
    Nichts.
    »Glauben Sie mir, dass es sich immer günstig auf Sie auswirkt, wenn die Ärzte durch eine Untersuchung feststellen, dass in Ihrem Fall eine Besonderheit vorgelegen hat. So etwas wie Schuldunfähigkeit wegen einer krankhaften seelischen Störung bedingt durch ein hirnorganisches Leiden.«
    Fred Recktenwald schien ihn überhaupt nicht zu bemerken.
    Resigniert erhob sich Schnur und ließ den Hauptverdächtigen allein im Vernehmungsraum zurück.
    Auf seinem Schreibtisch türmte sich die Arbeit. Der Fall der Lehrermorde war an einen anderen Staatsanwalt übergeben worden. Deshalb musste er sämtliche Berichte neu schreiben.
    Als Schnur den Namen las, wurde ihm mulmig.
    Dr. Uwe Crohnwald war bekannt für seine gnadenlosen und harten Urteile. Hatte es wirklich so kommen müssen?
    Während er die Berichte diktierte, hörte er mit halbem Ohr, wie die Kollegen den Hauptverdächtigen abholten. Alles verlief still und leise – so wie alles an Fred Recktenwald. Kein Brüllen, keine Gegenwehr, aber auch kein Wimmern und kein Bitten und Betteln. Innerhalb weniger Sekunden fiel die Tür zum Korridor ins Schloss und alles war erledigt.
    Alles ging weiter, als habe dieser Zwischenfall nie stattgefunden. Als sei Fred

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