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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Rückschlag.«
    »Das ändert aber nichts daran, dass ich gern mehr über Fred Recktenwald erfahren würde«, lenkte Schnur ab. »Über Barbarossa weiß ich so ziemlich alles, wie du dir wohl denken kannst. Man will ja wissen, mit wem man auf gleiche Stufe gestellt wird.«
    Erik lachte und konzentrierte sich wieder auf den dienstlichen Teil ihres Gesprächs. »Über Recktenwald gibt es nur einen Eintrag, und zwar Führerscheinentzug wegen Alkohol. Den Führerschein hat er niemals zurückverlangt.«
    »Sehr seltsam.« Schnur rümpfte die Nase. »Heutzutage ohne Führerschein – das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
    »Das könnte doch auch ein Hinweis auf seine psychische Verfassung sein«, spekulierte Erik. »Ein traumatisierter Mensch hat vermutlich mehr Angst als ein gesunder.«
    »Du hättest Gehirnchirurg werden sollen«, wandte Schnur ein.
    »Ich denke über eine Umschulung nach«, feixte Erik und las weiter in seinen Notizen: »Er hat eine Weile in Saarlouis in einer Sozialwohnung gelebt, ist vor vier Jahren nach Picard zurückgekehrt. Dort mietet er ein Haus, das nach einem Todesfall der Stadt Saarlouis zugefallen und dort in Vergessenheit geraten war. Dieser Mietvertrag kam auf Recktenwalds Initiative hin zustande.«
    »Ich hatte mir mehr erhofft«, gestand Schnur.
    »Ich bin ja noch nicht fertig«, murrte Erik. »Recktenwald war nach den vorhin erwähnten gescheiterten Arbeitsversuchen Langzeitarbeitsloser. Doch das Glück hat ihn nicht verlassen. Die Fördergemeinschaft Teufelsburg e.V. aus Überherrn bot ihm eine Stelle als Touristenführer auf der sogenannten Teufelsburg an.« Erik blickte auf und fragte: »Weißt du, was das sein soll?«
    »Klar.« Schnur lachte. »Die Teufelsburg ist eine Kampfburg aus dem vierzehnten Jahrhundert, die in den sechziger Jahren durch die Initiative von Ehrenamtlichen wieder freigelegt und nach und nach restauriert wurde. Das wachsende Interesse an der alten Burg hatte zur Folge, dass später die Fördergemeinschaft gegründet wurde.«
    »Du kennst dich wie immer gut aus«, gab Erik staunend zu.
    »Das liegt wohl daran, dass wir als Kinder immer mit den Fahrrädern bis zur Teufelsburg in Felsberg gefahren sind. Vom Limberg aus konnten wir die Teufelsburg sehen und umgekehrt. Ich habe nur nicht gewusst, dass diese Fördergemeinschaft inzwischen so angewachsen ist, dass sich die Burg sogar schon als Touristenattraktion vermarkten lässt.«
    »Hier steht, dass Recktenwald Burgführungen und auch Museumsrundgänge macht. Das hört sich so an, als hätte er sich etabliert. Diese Arbeit macht er angeblich schon seit vier Jahren zuverlässig.«
    »Du machst diesen Recktenwald richtig interessant. Wir werden uns mit ihm unterhalten müssen«, schlug Schnur vor.
    »Heute leider nicht«, widersprach Erik. »Heute ist dort Ruhetag. Er arbeitet erst morgen wieder.«
    »Dann besuchen wir ihn zu Hause.«
    Sie verließen das Büro.
    Im Flur stellte sich ihnen Andrea in den Weg und sagte: »Eine Frau Else Ganter hat hier angerufen. Sie meldet, dass Mathilde Graufuchs’ Hund schon die ganze Nacht und den ganzen Morgen bellt. Das sei nicht normal.«
    »Und warum ruft sie uns dafür an?«, fragte Schnur.
    »Sie hat die Kollegen in Saarlouis angerufen. Die haben die Meldung weitergegeben, weil wir an dem Lehrermord arbeiten.«
    »Ein bellender Hund ist aber kein Indiz dafür, dass Mathilde Graufuchs ermordet wurde.«
    »Nein. Aber die Nachbarin ist besorgt. Sie sagt, dass es unüblich für Mathilde Graufuchs sei, ihren Hund so lange allein zurückzulassen.«
    »Okay. Begleite uns nach Picard«, schlug Schnur vor. »Dann wollen wir uns das mal genauer anschauen.«

Kapitel 38
    Mirna ließ ihren Blick über den braunen Plattenbau des Max-Planck-Gymnasiums wandern und stellte fest, wie fantasielos der Bau aussah. Während sie diese Schule tagtäglich besucht hatte, war ihr das nicht aufgefallen. Viel zu beschäftigt war sie mit den Themen aus dem Unterricht gewesen. Doch in diesem Augenblick fühlte sie sich als Außenstehende, als Beobachterin – ein Gefühl, das ihr nicht behagte, denn sie hatte ihr Ziel nicht erreicht.
    Sie betrat das Gebäude und suchte die Aula auf. Die Stille in dem großen Lichthof wurde nur durch leises Murmeln untermalt, das aus den Klassenzimmern drang. Eine Weile ging Mirna auf und ab, schaute ständig nach oben, als hinge der Deutschlehrer immer noch dort.
    Des einen Freud, des anderen Leid, dachte sie.
    Bertram Andernachs Tod hatte sie dazu bewogen, einen

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