Galgentod
Mathilde Graufuchs.«
Sie stiegen in den Dienstwagen und fuhren durch das Dorf, bis sie das Wohngebiet »Auf der Delt« erreichten. Dort stiegen sie aus und hörten sofort das Bellen eines kleinen Hundes.
»Tatsächlich«, staunte Andrea. »Man hört den Hund bis auf die Straße.«
Sie steuerte die Haustür an und klingelte. Das Bellen des Hundes wurde aufgeregter. Aber anstelle dieser Haustür wurde eine andere geöffnet – und zwar die des Nachbarhauses.
Eine Frau trat hinaus und fragte: »Wer sind Sie?«
»Wir sind von der Polizei«, erklärte Schnur. »Sind Sie Frau Ganter, die uns gerufen hat?«
Die Frau nickte.
»Haben Sie inzwischen etwas von Frau Mathilde Graufuchs gehört?«
»Nein. Nur den Hund, der inzwischen ganz erbärmlich bellt.«
»Haben Sie eine Handynummer von Frau Graufuchs, die wir anrufen können?«
»Nein. Sie hat kein Handy. Sie hält nichts von diesem neumodischen Zeug.«
»Und ihr Haustelefon?«
»Dort habe ich schon hundertmal angerufen.«
Schnur blickte sich um und sah gerade, wie Erik versuchte, durch einen Spalt im Zaun zum Garten zu gelangen. »Was wird das, wenn es fertig ist?«, fragte er. »Willst du als Polizist vormachen, wie es nicht geht?«
Eriks Gesicht lief rot an. Sofort ließ er von seinem Vorhaben ab.
»Haben Sie Ihre Nachbarin als vermisst gemeldet?«, fragte Schnur weiter.
»Heute Morgen.«
»Sie wissen, dass wir beim Verschwinden von Erwachsenen nicht sofort die Fahndung auslösen, weil mündigen Erwachsenen das Eigenbestimmungsrecht vorbehalten ist. Es sei denn, es gibt Gründe für eine besondere Dringlichkeit.«
»Und was sind für Sie solche Gründe?«, fragte Frau Ganter schnippisch. »Reicht Ihnen der bellende Hund nicht?«
»Nein. Hunde bellen«, erwiderte Schnur. »Hunde bellen auch, wenn der Besitzer in der Nähe ist. Wir können nicht ausschließen, dass Frau Graufuchs sich im Haus aufhält und keinen sehen will.«
»So ein Quatsch.«
»Wie gut kennen Sie ihre Nachbarin?«
Nun zögerte Else Ganter, bevor sie antwortete: »Nicht so gut. Sie ist zurückhaltend. Aber sie ist immer sehr besorgt um ihren Hund.«
»Na gut«, meinte Schnur. »Wir haben noch in der Gegend zu tun. Bevor wir nach Saarbrücken zurückfahren, schauen wir noch mal vorbei. Vermutlich hat sich bis dahin alles als Missverständnis aufgeklärt.«
Else Ganter nickte und kehrte in ihr Haus zurück.
»Und was haben wir noch in dieser Gegend zu tun?«, frage Erik überrascht.
»Zuerst einmal gehen wir essen«, antwortete Schnur auf seinen knurrenden Magen hin. »Und dann will ich zur Teufelsburg fahren. Wenn ich schon mal hier bin, kann ich mir auch ansehen, was sich dort in den letzten Jahren verändert hat.«
Kapitel 40
Langsam ließ Schnur den Dienstwagen auf den Schotterparkplatz rollen. Nur wenige Autos standen dort, was ihm das sichere Gefühl vermittelte, im Restaurant »Zur Linde« auch ohne Vorbestellung einen Platz zu bekommen. Das Gebäude direkt an der Kreuzung Metzer Straße und Überherrner Straße war mit Efeu umrankt, was ihm einen robusten Eindruck verlieh. Doch kaum hatten sie die Tür zu den Gasträumen betreten, wurden sie von unaufdringlichem und behaglichem Komfort eingefangen. Die Temperaturen sanken von der Sommerhitze in angenehme Kühle. Die Wirtin zeigte ihnen einen Tisch in der Ecke, der auf zwei Seiten von großen Fenstern flankiert wurde. Hier fühlten sich die drei Polizeibeamten auf Anhieb wohl.
Die Karte wurde gereicht.
Bei der Auswahl stand für Jürgen Schnur schnell fest, dass er sich etwas gönnen wollte.
Nur Andrea legte ihre Stirn in Falten und grübelte.
»Sag nur, es ist nichts für dich dabei?«, fragte Schnur.
»Doch.« Andrea lachte. »Viel zu viel. Aber ich will abnehmen. Denn meine Speckrollen machen sich im Bikini nicht so toll.«
»Ach Quatsch. Du hast doch keine Speckrollen«, wehrte Schnur ab und taxierte Andreas Figur genau. »Bei dir ist alles am richtigen Platz.«
Andrea errötete, was Erik vom Kopfende des Tisches aus amüsiert beobachtete.
Nachdem sie aus der Karte ihre Wahl getroffen hatten, saßen sie sich stumm gegenüber. Eine Weile schauten sich Erik und Schnur vielsagend an, bis Schnur endlich damit herausrückte, was ihn beschäftigte: »Ein feudales Essen ohne Kullmann – das vermittelt mir schon fast ein schlechtes Gewissen.«
Erik stimmte lachend zu: »Das ist wie Fremdgehen.«
Andrea schaute die beiden Männer überrascht an.
»Ich glaube, ich habe schon Kullmanns Einstellung übernommen,
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